LETZMALIG BEWÄHRUNG FÜR DEN ANGEKLAGTEN

Der große Sitzungssaal im Amtsgericht Hattingen (Foto: Höffken)

Hattingen – Ein 31-jähriger Hattinger hatte sich heute vor dem Strafrichter zu verantworten. Die Staatsanwaltschaft beschuldigte ihn der Körperverletzung, der Volksverhetzung und der Beleidigung. Die Taten beging der Hattinger unter noch laufender Bewährung.

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Anfang August 2022 besuchte der Angeklagte mit seiner Partnerin mittags eine Gaststätte in Hattingen. Nach einigen Stunden „gemütlichem Zusammenseins“, in denen auch Alkohol konsumiert wurde, soll dann die Stimmung beim Knobeln gegen 21 Uhr „gekippt sein“. Es kam zu verbalen Auseinandersetzungen, in der Folge soll der Angeklagte unter erheblichem Alkoholeinfluss unter anderem den Wirt zu Boden gestoßen haben. Ein Trümmerbruch der rechten Schulter und eine Operation am nächsten Tag waren die Folge für den Gastwirt. Körperverletzung heißt das für die Justiz.

„Ich stand seitlich, es war wie eine Reflexbewegung, als er sich zu mir drehte und mich zu Boden stieß“, sagte der Wirt der Hattinger Gaststätte vor Gericht aus.

Bei dem folgenden Polizeieinsatz soll der Angeklagte einen Beamten noch beleidigt haben, als er später in das Polizeigewahrsam kam.

Der Wirt der Gaststätte war durch diese Verletzung längere Zeit beeinträchtigt, musste vorübergehend sogar die Gaststätte geschlossen halten und leidet noch heute, fast neun Monate nach der Tat, unter Beeinträchtigungen in der Bewegungsfreiheit seines Armes. Diesbezüglich hatte er parallel zu dem Strafprozess einen Adhäsionsantrag gestellt, bei dem auch über ein Schmerzensgeld entschieden werden sollte.

Strafverteidiger Dr. Hanisch räumte direkt zu Beginn der Verhandlung im Namen seines Mandanten die Beleidigungen und die Vorwürfe der Volksverhetzung ein. Er bat zu berücksichtigen, dass sein Mandant am Tage des Vorfalls neben erheblichen Mengen von Alkohol auch Kokain und Ecstasy konsumiert hatte.

5.000 Euro Schmerzensgeld

Die Körperverletzung bestritt der Angeklagte, vielmehr will er nach seiner Erinnerung in der Gaststätte von hinten gepackt, zu Boden gezogen und getreten worden sein.

Nach ausführlicher Bewertung des Adhäsionsantrages einigten sich dann der Angeklagte und der Wirt der Gaststätte unter Vermittlung von Richter Kimmeskamp und Strafverteidiger Dr. Hanisch auf einen Vergleich und auf eine Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 5.000 Euro, die der Angeklagte jetzt in monatlichen Raten an den Wirt zahlen muss. Damit sind dann alle zivilrechtlichen Ansprüche des Wirtes gegen den Angeklagten abgegolten. Per Handschlag verabschiedete sich der Wirt von dem Angeklagten im Gerichtssaal.

Als nächste Tat warf die Staatsanwaltschaft dem 31-jährigen Hattinger Volksverhetzung vor. Er hatte sich stark alkoholisiert in zwei Fällen Anfang August und Ende Oktober 2022 lautstark negativ über Kriegsflüchtlinge bzw. Flüchtlinge geäußert. Zwei betroffene Zeugen sagten dann aus und verzichteten ausdrücklich auf die Stellung eines Strafantrages. „Jungs, tut mir leid, dass ich Euch beleidigt habe“, sagte der Angeklagte zu den beiden Zeugen, die die Entschuldigung annahmen.

Die Bewährungshelferin gab dann einen umfassenden Bericht über die Vergangenheit ihres auch schon hafterfahrenen Mandanten, über die gegenwärtige stationäre Behandlung des Angeklagten in einer Klinik und gab eine Beurteilung der Sozialprognose.

Diese fiel günstig aus, weil abzusehen ist, dass sich an die aktuelle stationäre Behandlung in einer Fachklinik auch noch eine 5-monatige Anschlussbehandlung anschließt.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft plädierte dann auch unter Berücksichtigung der noch offen zwei Bewährungsstrafen an den Richter, für die angeklagten Taten eine Gesamtstrafe von 12 Monaten zu verhängen und diese Strafe letztmalig zur Bewährung auszusetzen. Der noch im Gericht geschlossene Schmerzensgeldvergleich wurde dabei positiv berücksichtigt. Aufgrund des Alkoholkonsums zum Zeitpunkt der Taten wurde zugleich eine verminderte Schuldfähigkeit zuerkannt.

Strafverteidiger Dr. Hanisch plädierte auf milde Strafe

„Wenn ein so betrunkener Mensch dummes Zeug redet, ist der öffentliche Friede noch nicht gestört“, argumentierte Strafverteidiger Dr. Hanisch und erinnerte daran, dass die Betroffenen dieses auch nicht so empfunden hätten. Unter Berücksichtigung aller für und gegen seinen Mandanten sprechenden Fakten, unter Berücksichtigung seines Geständnisses, der verminderter Schuldfähigkeit und der zugesagten Schmerzensgeldzahlung plädierte er an den Richter, eine milde Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt, zu verhängen.

Den Plädoyers folgte dann Richter Kimmeskamp mit seinem Urteil. Wegen vorsätzlicher Körperverletzung, wegen Beleidigung und wegen Volksverhetzung in zwei Fällen verhängte er gegen den mehrfach vorbestraften Hattinger unter Berücksichtigung verminderter Schuldfähigkeit eine Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten, die er letztmalig für drei Jahre zur Bewährung aussetzte.

Als Bewährungsauflage wurde verkündet, dass der Hattinger die derzeit stationäre Behandlung und die vorgesehene Anschlussbehandlung nicht entgegen der Weisung der behandelnden Ärzte abbrechen darf, andernfalls drohen insgesamt über zwei Jahre Gefängnis.