POLIZEIBEAMTE MIT HELM UND SCHUTZKLEIDUNG ÜBERWÄLTIGEN RUHESTÖRERIN

Amtsgericht Hattingen (Foto: Höffken)

Hattingen – Eine 38-jährige Hattingerin wurde heute (23. Januar 2023) zu einer 6-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Sie hatte Polizeibeamte bedroht, tätlich angegriffen, Widerstand geleistet und eine Beamtin dabei verletzt.

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Es war eine öffentliche Hauptverhandlung am heutigen Montag, wie man sie im Amtsgericht nicht alle Tage erlebt. Sieben Zeugen waren für die zweistündige Hauptverhandlung geladen, die von Richter Kimmeskamp als Vorsitzenden Richter souverän geführt wurde. Auch den beiden jugendlichen Schülern des Gymnasiums, die im Amtsgericht aktuell ein Praktikum ableisten, war ihr Erstaunen über die Einlassungen und abstrusen Vorwürfe der Angeklagten und die anderslautenden Aussagen der Zeugen anzumerken.   

Albtraum für Vermieter – Polizeieinsatz eskaliert

Das einjährige Mietverhältnis mit der arbeitssuchenden Angeklagten muss ein Albtraum für die Vermieter gewesen sein, nachdem diese in Bredenscheid eine Wohnung an eine junge Frau vermietet hatten. Ihre Hoffnung auf ein angenehmes Mietverhältnis erfüllte sich nicht, schon kurz nach dem Einzug soll es häufiger Beschwerden wegen nächtlicher Ruhestörung gegeben haben.

Dabei scheinen die ganz normalen Vorstellungen der Vermieter bei ihrer Mieterin, der Angeklagten, die Nachtruhe einzuhalten, nicht auf offene Ohren gestoßen zu sein. Die Polizei musste mehrmals benachrichtigt und gebeten werden, die nächtliche Ruhestörung zu beenden.

Ende Juni 2022 eskalierte dann ein Polizeieinsatz zur Herstellung der Nachtruhe. Als Polizeikräfte gegen 23:30 Uhr vor der Wohnungstür der Angeklagten in Bredenscheid erschienen und diese baten, die Türe zu öffnen, weigerte sie sich, den Aufforderungen der Polizeikräfte Folge zu leisten.

Die gut gemeinte Kontaktaufnahme der Beamten zur Deeskalation der Situation war erfolglos, selbst als die Polizeikräfte eine Ingewahrsamnahme und die Tätigkeiten eines Schlüsseldienstes zum Öffnen der Wohnungseingangstür erwähnten. Auch ein kurzfristiger Rückzug der Beamten brachte keinen Erfolg, die nächtliche Ruhestörung durch die Angeklagte soll sofort weitergegangen sein.

SEK war nicht verfügbar – Angeklagte will Angst gehabt haben

„Wir wurden angeschrien und uns wurde damit gedroht, uns abzustechen, wenn wir in die Wohnung kommen würden“, sagte ein Polizeibeamter als Zeuge aus. Um eine Eigengefährdung auszuschließen, wurden weitere vier Polizeikräfte angefordert, die schon kurze Zeit später eintrafen. Da ein Sondereinsatzkommando nicht verfügbar war, entschlossen sich dann die Polizeikräfte, entsprechend geschützt selber in die Wohnung einzudringen.

„Ich hatte keinen Türspion und Angst, da schon drei Tage vorher „schwarz gekleidete und mit Sturmmasken versehene große Personen meine Wohnungstür eingetreten hatten, mich in einen Krankenwagen verschleppt und dort misshandelt haben“, erklärte die 38-jährige Angeklagte ihre erstaunlichen Beweggründe, die Wohnungstüre für die Polizeibeamten nicht zu öffnen. Wie sich dann herausstellte, erhielt die Angeklagte wenige Tage vor der angeklagten Tat schon „Besuch“ vom Ordnungsamt, von Kräften der Feuerwehr, des Rettungsdienstes und von Notärzten, die sie kurzfristig in ein Fachkrankenhaus transportierten.

Selbst ihr mehrmaliges Telefonieren mit der Polizei-Leitstelle in der entsprechenden Nacht Ende Juni 2022, man solle Polizeibeamte schicken und die Erklärung der Leitstellen-Mitarbeiter, die ständen doch schon vor der Tür, überzeugte die 38-Jährige nicht, von ihren lautstarken Bedrohungen und angekündigten Widerstandshandlungen Abstand zu nehmen und die Beamten in ihre Wohnung zu lassen.

Zugriff mit Schutzhelm und Schutzweste

Als Folge betrat dann ein Beamter, ausgerüstet mit ballistischem Schutzhelm und High-Tech-Schutzweste die Wohnung, nachdem ein Mitarbeiter des Schlüsseldienstes die Wohnungstür entriegelt hatte. Er wurde von einem weiteren Polizeibeamten begleitet und beiden gelang es dann, die sich weiterhin sträubende Angeklagte „zu Boden zu bringen“ und dieser unter Einschaltung einer weiteren Beamtin Handfesseln anzulegen.

„Sie wehrte sich weiterhin und musste, nachdem sie vom Boden aufgerichtet wurde, im Treppenhaus wegen weiterer Widerstandshandlungen noch einmal zu Boden gebracht werden, dabei verletzte sie eine Beamtin leicht am Unterarm“, sagte ein Polizeibeamte als Zeuge aus.

Die Blutentnahme bei der Angeklagten im Krankenhaus Niederwenigern ergab einen Blutalkoholwert von 1,69 Promille. Etwaige diesbezügliche Ausfallerscheinungen bei der Angeklagten stellte keiner der als Zeugen geladenen Polizeibeamten fest.

Polizei kümmerte sich noch um die Katze

Nachdem die alleinlebende Angeklagte in das Polizeifahrzeug „verbracht“ wurde, gingen zwei Beamtinnen noch einmal in die Wohnung zurück und stellten sicher, dass die dort befindliche Katze der Angeklagten gut versorgt war.

Schon am nächsten Tag, für alle im Gericht Anwesende kaum nachvollziehbar, wurde die Angeklagte dann aus dem Krankenhaus Niederwenigern entlassen und bereits am Abend des Folgetages soll es zu einem weiteren Polizeieinsatz bei der 38-Jährigen gekommen sein.

Inzwischen hat die Angeklagte eine neue Wohnung gefunden, nachdem das frühere Mietverhältnis fristlos gekündigt wurde.

Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt

Die Einträge der Angeklagten im Bundeszentralregister sind vielfältig, da wurden u.a. Beleidigung, Betrug, Beihilfe zur Untreue und Bedrohung aufgeführt, die bisher mit Geldstrafen geahndet wurden. In ihrem „letzten Wort“ vor der Urteilsverkündung bedauerte die Angeklagte, keinen Strafverteidiger beauftragt zu haben und äußerte dann, sie möchte nicht ins Gefängnis und eine Bewährungsstrafe fände sie auch nicht gut, schließlich täte es ihr leid, sie hätte sich entschuldigt und alles hätte sie „aus den Socken gehauen“.

Mit einer weiteren Geldstrafe kam die Angeklagte jedoch heute nicht mehr davon. Während der Vertreter der Staatsanwaltschaft eine Gesamt-Freiheitsstrafe von acht Monaten beantragte, verurteilte Richter Kimmeskamp die 38-Jährige wegen Bedrohung, tätlichem Angriff auf Polizeibeamte,  Widerstandes und wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Gesamtstrafe von 6 Monaten, die er für zwei Jahre zur Bewährung aussetzte. In dieser Zeit muss sich die Angeklagte straffrei führen und jeden Wohnsitzwechsel dem Gericht anzeigen. Außerdem trägt sie die Kosten des Verfahrens.

„Das Maß ist irgendwann voll“, sagte Richter Kimmeskamp mit Hinweis auf die hohe Rückfallgeschwindigkeit der Angeklagten nach ihrer letzten Verurteilung und ergänzte, „Suchen und finden sie einen Job und machen sie so etwas nicht wieder“.

Gegen das heutige Urteil können noch Rechtsmittel eingelegt werden.