HATTINGER HANDY-SHOP INHABER BETROG KUNDEN

Amtsgericht Hattingen: Sitzordnung im großen Sitzungssaal. (Foto: Höffken)

Hattingen – Ein 32-Jähriger, der längere Zeit einen Handy-Shop in Hattingen auf der Heggerstraße betrieben hatte, gestand heute (21. Februar 2023) vor dem Schöffengericht, in 19 Fällen, denn die hatte die Staatsanwaltschaft aufgrund der Strafanzeigen ermittelt, Kunden betrogen zu haben. „Besonders schwere Fälle des Betruges – nannte das die Staatsanwaltschaft.

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Angeklagter legt Geständnis ab

„Der Inhalt der Anklage wird vollumfänglich eingeräumt“, sagte Strafverteidiger Henner Sentner direkt, nachdem Staatsanwalt Kocherscheidt die Anklageschrift verlesen hatte. Dadurch brauchten 25 Zeugen nicht mehr gehört und die vorgesehenen drei Hauptverhandlungstermine wurden auf einen Verhandlungstag reduziert.

Danach hatte der Angeklagte, der inzwischen nicht mehr selbstständig sein will, im Zeitraum von Juli 2018 bis März 2020 immer wieder Kunden betrogen. Er soll Interessenten in seinem damaligen Geschäft auf der Heggerstraße neue Mobilfunk-Verträge verkauft haben mit der gleichzeitigen Zusage, der Altvertrag könne gekündigt werden.

Wie sich dann in einzelnen Fällen herausstellte, war die Kündigung des Altvertrages aufgrund der Bindungsfrist nicht möglich und als Folge zahlten Kunden für den alten und für den neuen Vertrag.

Einige Kunden wollen die neue SIM-Karte nicht erhalten haben, andere Kunden beklagen, dass das ihnen versprochene neue Handy nicht geliefert wurde.

In vielen Fällen kassierte der Angeklagte vom Mobilfunkbetreiber aufgrund der neuen abgeschlossenen Verträge entsprechende Provisionen. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, dass der Schaden bei den 19 Kunden:innen, die Anzeige erstattet hatten, mit rund 4.500 Euro beziffert wurde.

Die Provisionen, die der Angeklagte erhalten haben soll, wurden mit rund 9.500 Euro von der Staatsanwaltschaft angegeben, allerdings wurden bei erfolgreichen Stornierungen auch die Provisionszahlungen an den Angeklagten zurückgebucht.

Aufgrund des Geständnisses des 32-Jährigen brauchten auch die zehn für den ersten Verhandlungstag geladenen Zeugen:innen nicht mehr auszusagen.

Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Kimmeskamp, ob der Angeklagte inzwischen Kontakt mit den betrogenen Kunden wegen Wiedergutmachung aufgenommen habe oder bereits Zahlungen geleistet habe, verneinte dieses Strafverteidiger Sentner mit der Aussage: „Wo will man da anfangen“.

Staatsanwalt: 2 Jahre Freiheitsstrafe zur Bewährung

In seinem Plädoyer am Ende der Beweisaufnahme bewertete Staatsanwalt Kocherscheidt das vollumfängliche Geständnis des Angeklagten und den Zustand, dass er bisher mit dem Gesetz noch nicht in Konflikt gekommen war.

Er sah allerdings die rechtliche Grundlage des gewerbsmäßigen Betruges als gegeben an und beantragte bei den Richter:innen des Schöffengerichtes, gegen den Angeklagten eine Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren zu verhängen und diese für drei Jahre zur Bewährung auszusetzen. Darüber hinaus solle der Angeklagte 50 gemeinnützige Sozialstunden ableisten und drei Jahre lang mindestens 100 Euro monatlich als Schadenswiedergutmachung an die Geschädigten zahlen.

Strafverteidiger: 1 Jahr und 6 Monate Freiheitsstrafe zur Bewährung

Strafverteidiger Rechtsanwalt Sentner beantragte ein deutlich geringeres Strafmaß, nämlich 1 Jahr und 6 Monate, die zur Bewährung auszusetzen seien. Die geständige Einlassung seines bisher nicht vorbestraften Mandanten sei hoch anzusetzen und die Vorfälle wären ja auch schon einige Jahre her.

Nach Beratung der Richterinnen und Richter des Schöffengerichtes verkündete der Vorsitzende Richter Kimmeskamp dann das Urteil des Schöffengerichtes und verurteilte den 32-jährigen Angeklagten wegen Betruges in 19 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten. Die Richter:innen setzten diese Strafe für drei Jahre zur Bewährung aus, in denen sich der Angeklagte straffrei führen und jeden Wohnsitzwechsel dem Gericht anzeigen muss.

Außerdem muss der Angeklagte unentgeltlich 50 Stunden Sozialarbeit ableisten und 100 Euro monatlich drei Jahre lang (= insgesamt 3.600 Euro) als Schadenswiedergutmachung an die Geschädigten zahlen.

Gegen das Urteil sind noch Rechtsmittel möglich.

Kommentar: Bei gewerbsmäßigem Betrug (§ 263 STGB) beträgt die Einzelstrafe pro Tat mindestens 6 Monate. Für den Laien schwer nachzuvollziehen ist dann bei über 15 Taten gewerbsmäßigen Betruges, bei denen sich nach normaler Berechnung eine Gesamtstrafe von (15 Taten x 6 Monaten) 90 Monaten ergeben würde, eine deutlich geringere Gesamtstrafe. Die Annahme, je mehr Taten man begeht, je günstiger wird es für den Täter, stimmt aber so auch nicht.

Innerhalb des durch §§ 54, 55 StGB vorgegebenen Rahmens (Bildung der Gesamtstrafe) ist nicht die Anzahl der Taten und die Summe der Einzelstrafen in den Vordergrund zu stellen, sondern die Gesamtwürdigung der Person des Täters und seiner Taten. Und das haben die Richter:innen heute auch so gemacht.