JOBCENTER-BESCHÄFTIGTE ATTACKIERT – BEWÄHRUNGSSTRAFE

Das Gebäude des Amtsgerichtes Hattingen. (Foto: Höffken)

Hattingen – Ein 42-Jähriger in Hattingen wohnhaft und beschäftigt, wurde heute (10. August 2022) von den drei Richtern:innen des Hattinger Schöffengerichtes wegen mehrfacher Bedrohung, Beleidigung, wegen Erpressung und Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Staatsanwältin Klima hatte vorher am Ende der Beweisaufnahme in ihrem Plädoyer für die angeklagten Taten ein Strafmaß von 2 Jahren und drei Monaten ohne Bewährung beantragt.

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Der 42-jährige Angeklagte stammt aus Syrien und wurde neben seinem Pflichtverteidiger, Rechtsanwalt Steffen, durch einen arabisch simultan übersetzenden Dolmetscher vor Gericht unterstützt. Über ein Jahr Einzelhaft in einem syrischen Gefängnis mit den „dortigen Haftbedingungen“ sollen beim Angeklagten „gesundheitliche Spuren“ hinterlassen haben. Diesbezüglich wurde der 42-Jährige auch in einem Hattinger Fachkrankenhaus schon behandelt.

Die heutige Gerichtsverhandlung dauerte über vier Stunden, da im Rahmen der Beweisaufnahme für die sechs angeklagten Taten zahlreiche Zeugen befragt wurden.

Im August und im September des letzten Jahres vermisste der Angeklagte ausstehende Gelder vom Jobcenter. Das Ausbleiben der Gutschriften wiederum wurde mit der verzögerten Einreichung erforderlicher Unterlagen durch den Angeklagten begründet. Bei dem Versuch des Angeklagten, die ausstehenden Gelder von den Beschäftigten des Jobcenters zu erhalten, kam es dann bei Telefongesprächen zu Beleidigungen und teils zu massiven Bedrohungen.

Die persönliche Vorsprache des 42-Jährigen beim Hattinger Jobcenter eskalierte dann durch übelste Beleidigungen und Bedrohungen der dortigen Beschäftigten. Es wurde Hausverbot erteilt. „Im Regelfall sind die Jobcenter-Kunden sehr dankbar, wenn ich aus dem Arabischen für sie übersetze“, sagte der Dolmetscher des Jobcenters vor Gericht aus, bezeichnete das bedrohliche Verhalten des Angeklagten als Ausnahme.

Jobcenter-Beschäftigte bedroht und auf PKW eingeschlagen

Mitte August 2021 eskalierte dann das Verhalten des Angeklagten auf dem Parkplatz des Jobcenters. Nachdem ihm bei Vorsprache erklärt wurde, dass das Jobcenter geschlossen habe, forderte dieser von einer Mitarbeiterin des dortigen Sicherheitsdienstes auf dem Parkplatz und von einer Mitarbeiterin des Jobcenters je 50 Euro, da er vom Jobcenter seit Wochen kein Geld erhalten hätte.

Er holte dann einen Ast aus einem Gebüsch und schlug damit auf die beiden PKW der Beschäftigten ein. Der dadurch entstandene Sachschaden betrug 1.000 Euro beim ersten PKW, rund 1.800 Euro beim zweiten beschädigten Wagen.

Bei der Aussage der Beschäftigten des Jobcenters war diesen auch nach einem Jahr noch deutlich anzumerken, welche emotionalen Folgen solche Bedrohungshandlungen und Übergriffe bei Beschäftigten solcher Einrichtungen verursachen, zumal auch mit dem Tode gedroht wurde.

Eine Eskalation mit Bedrohung und Abgabe von zwei Schüssen aus einer „nichtscharfen“ Pistole durch den Angeklagten vor einem Warenhaus auf der Großen Weilstraße im Streit mit anderen Personen ahndete das Schöffengericht mit einer Einzelfreiheitsstrafe von fünf Monaten.

Pflichtverteidiger Peter Steffen plädierte für seinen Mandanten an das Gericht, unter Berücksichtigung aller für und gegen diesen sprechenden Fakten eine milde Gesamtstrafe zu verhängen, die unter zwei Jahren liegen sollte und zur Bewährung ausgesetzt werden könne.

„Im Namen des Volkes“ verkündete dann der Vorsitzende Richter Kimmeskamp für alle angeklagten Taten eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Seit den Vorfällen im August und im September des letzten Jahres wurde der Angeklagte nicht mehr „auffällig“. Im Rahmen der Bewährungsauflage wurde er den Weisungen eines Bewährungshelfers unterstellt und muss 150 unentgeltliche Stunden gemeinnütziger Arbeit ableisten. Privatrechtliche Ansprüche aus den Sachbeschädigungen waren nicht Gegenstand des heutigen Strafverfahrens.

„Ihre Probleme bei der Erwartungshaltung der rechtzeitigen Überweisung der Jobcenter-Gelder rechtfertigen in keinster Weise ihr Vorgehen“, sagte der Vorsitzende Richter Kimmeskamp am Schluss seiner Urteilsbegründung.

Gegen das heutige Urteil können sowohl die Staatsanwaltschaft und auch der Angeklagte noch Rechtsmittel einlegen.