PIRATEN ERKLÄREN BREITBANDAUSBAU FÜR GESCHEITERT

Serverschrank (Symbolfoto: Strohdiek)

Ennepe-Ruhr-Kreis- Die Piratenpartei erklärt den Breitbandausbau im Ennepe-Ruhr-Kreis für gescheitert. Vollmundig beschloss man 2014 im Kreistag sich zu kümmern. Eine eigene kommunale Betreibergesellschaft sollte den Ausbau vorantreiben. Aber schon Anfang 2015 blieb davon nur eine Stelle für einen Breitbandbeauftragten und die Absicht, sich um Fördermittel von Land und Bund zu bemühen. Statt auf Eigeninitiative setzte man jetzt auf den Eigenausbau privatwirtschaftlicher Telekommunikations-Anbieter. Statt nachhaltigen Glasfaserausbau wurde die klimaschädliche und technologisch unterlegene Vectoring-Technologie zugelassen, die weiter die Kupferleitungen aus dem vorletzten Jahrhundert verwendet. Und man hatte Glück. Netcologne machte der Telekom in Hattingen und Witten das Gebietsmonopol streitig und so sah sich die Telekom gezwungen wenigstens im restlichen Ennepe-Ruhr-Kreis mit Vectoring auszubauen, um eine weitere Ausbreitung der Konkurrenz zu verhindern. In den für den privatwirtschaftlichen Ausbau ökonomisch uninteressanten Außenbezirken brauchte man sich darüber keine Sorgen zu machen. Dort geschah jahrelang weiter nichts.

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Jörg Müller (Piraten) (Foto: Alexander Spanke)

Ab 2016 wurde dann viel gebuddelt und 2017 waren Landtags- und Bundestagswahlen. Eine tolle Gelegenheit sich als Kümmerer zu präsentieren, so hatte man es ja 2014 beschlossen. Die Baustellen waren prominent besucht und es wurden Infoveranstaltungen durchgeführt, bei denen die Menschen die frohe Botschaft empfangen sollten. Natürlich immer mit Fototermin. Ebenfalls 2017 trugen die Bemühungen des Breitbandbeauftragten Ulrich Schilling Früchte. Bund und Land bewilligten insgesamt 19 Mio. Euro Fördergelder. Auch die gab es nicht ohne Fototermine, diesmal in Berlin und Düsseldorf. Mit diesem Geld soll den Telekommunikations-Unternehmen die Infrastruktur dort finanziert werden, wo es sich wirtschaftlich nicht für sie lohnt. Den Zuschlag bekam die Telekom. Auch hier kommt immernoch nur bei der Hälfte die Glasfaser bis ins Haus (FTTB). In der Regel enden sie in einem grauen Kasten am Straßenrand. Für die restliche Strecke wird das Signal auf die alten Kupferleitungen umgesetzt.

Vectoring schadet mehr als dass es nutzt

Für geförderte Infrastruktur gilt eine Zweckbindungsfrist von sieben Jahren ab Fertigstellung. In Breckerfeld werden die letzten Anschlüsse 2023 fertiggestellt. Die Frist endet also erst 2030. Wird mit Vectoring ausgebaut, kann so erst 2030 damit begonnen werden, endlich Glasfaser bis ins Haus (FTTB) zu verlegen.

„Vectoring wird von allen inzwischen nur noch als Übergangstechnik betrachtet. Der geförderte Ausbau mit Vectoring bedeutet, den notwendigen Ausbau mit FTTB über Jahre zu blockieren“, meint Jörg Müller, Kreistagsmitglied der Piratenpartei.

Dennoch stellte sich der Landrat Olaf Schade mit Vertretern der neun Städte des Kreises u.a. Sonja Leidemann, Noch-Bürgermeisterin in Witten, und Frank Hasenberg, Bürgermeister in Wetter, am 20. Oktober an eine der mit 19 Mio. geförderten Baustellen in Witten-Stockum. Er betont, die Schaufel wäre nur fürs Foto, er habe nichts kaputt gemacht.

„Es ist bitter nach sechs Jahren angeblichen „sich Kümmerns“ festzustellen, dass nichts erreicht wurde, außer dass einem privaten TK-Unternehmen 19 Mio. Euro Steuergelder für die Schaffung von Infrastruktur gezahlt wird, mit dem es in Zukunft exklusiv Geld verdienen kann und die eigentlich der öffentlichen Hand gehören sollte. Dieser Fototermin ist Augenwischerei und Selbstbeweihräucherung. Statt um flächendeckendem Ausbau, geht es hier nur um gut 4.000 von etwa 170.000 Anschlüssen im Ennepe-Ruhr-Kreis, davon nur die Hälfte als FTTB. Die Ziele, die sich der Kreistag 2014 gesetzt hatte, sind nicht erreicht. Denn auf einen zukunftssicheren Ausbau müssen wir wohl nochmal 10 Jahre warten“, meint Jörg Müller.

Im Ranking der OECD liegt Deutschland mit 4 % Glasfaseranschlüssen auf dem fünftletzten Platz. Der OECD-Schnitt liegt bei 28 % FTTB-Anschlüssen. Der Anteil im Ennepe-Ruhr-Kreis liegt selbst nach dem so genannten „flächendeckenden Ausbau“ nur bei etwas mehr als einem Prozent.

„Aber wenigstens hat das Wetter mitgespielt und wir bekommen schöne Bilder“, ergänzt Jörg Müller.