Ennepe-Ruhr-Kreis- Bessere Sprachqualität, höhere Kapazitäten und künftig auch multimedial: Der digitale Notruf bringt einige Vorteile mit sich. Seit Kurzem wird er auch in der Leitstelle des Ennepe-Ruhr-Kreises eingesetzt.
“Die 112 bleibt die 112, daran ändert sich für die Anrufer nichts”, erklärt Markus Goebel, Leitstellenleiter im Schwelmer Kreishaus. Bereits seit 31. Mai 2021 gehen alle Notrufe digital ein. Der Übergang hat problemlos geklappt.
Den ersten Anrufern dürfte höchstens die verbesserte Sprachqualität aufgefallen sein. Genau die macht für die Leitstelle allerdings einen großen Unterschied. Wenn beide Gesprächspartner digital – also über das Internet – telefonieren, ist der Ton klar und deutlich. Das erleichtert das Verständigen mit den meist sehr aufgeregten Anrufern. “Wenn jede Sekunde zählt, ist eben auch jedes akustische Missverständnis eins zu viel”, macht Goebel deutlich.
Um dies zu verhindern und die richtige Rettung schnell auf den Weg bringen zu können, haben Mario Noklies und David Nockemann, die Systemadministratoren der Leitstelle, viel Arbeit investiert und viel getestet. Ihr erstes Fazit: Der digitale Notruf ist äußert robust. Bei simulierten Ausfällen von einzelnen Bauteilen sowie eines ganzen Leitungsweges ging kein einziger Anruf verloren.
Ebenfalls beruhigend: “Selbst, wenn ein Bagger eine komplette Leitung lahmlegen würde, ist die 112 noch erreichbar. Mit unserer doppelten Glasfaseranbindung erreichen wir nicht nur eine Ausfallsicherheit von 99,9 Prozent – wir sind auch für die nächste Generation der Notrufe gerüstet”, erklärt Goebel.
So ist die Kreisleitstelle bereits darauf vorbereitet, dass die Anrufer künftig automatisch ihren Standort übermitteln. Über “Advanced Mobile Location” kann die Leitstelle zwar heute schon Mobiltelefone auf drei Meter genau orten, muss die Daten aber in jedem Einzelfall manuell anfordern. Bereits in Kürze wird das Geschichte sein und helfen, weitere, wertvolle Sekunden zu sparen.
Und auch die technischen Voraussetzungen für multimediale Notrufe sind jetzt gegeben. Perspektivisch können mit dem Notruf Bilder und Videos der Einsatzsituation übertragen werden. Die Rettungskräfte von morgen werden also vorab wissen, welche Situation sie vor Ort erwartet – und welche Vorerkrankungen ihr Patient hat. Letzteres soll mit der Anbindung von Apps erreicht werden, die entsprechende Gesundheitsdaten übermitteln.
Expertengruppe Leitstellen und Notruf
Markus Goebel vertritt den deutschen Landkreistag in der Expertengruppe Leitstellen und Notruf. Zwischen 2014 und 2018 hat die Gruppe die technische Richtlinie Notruf 2.0 entwickelt und sich dazu mit den Bundesländern, den Telekommunikationsanbietern sowie dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie abgestimmt. Die Expertengruppe ist unter dem Arbeitskreis Innere Sicherheit der Innenministerkonferenz der Länder angesiedelt. Die nächste Generation des Notrufs ist bereits in Planung.
Die Kreisleitstelle hat den digitalen Notruf in Zusammenarbeit mit der Deutschen Telekom AG und Frequentis, Anbieter von Informations- und Kommunikationslösungen für sicherheitskritische Anwendungsfelder, umgesetzt.