Hattingen – Am 18. Dezember 1987 wurden in Hattingen die Hochöfen ausgeblasen. 30 Jahre später ist die Henrichshütte mit jährlich 100.000 Besuchern einer der beliebtesten Standorte des LWL-Industriemuseums. Den Weg vom stillgelegten Hüttenwerk zum Forum für kulturelles und gesellschaftliches Leben hat Berthold Socha mit seiner Leica-Kamera begleitet. Eine Auswahl von 100 Schwarz-Weiß-Fotografien präsentiert der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) ab dem 24. November unter dem Titel „Motiv Hochofen 1987-2017“ in seinem Hattinger Industriemuseum.
LWL-Industriemuseum zeigt Fotografien von Berthold Socha
Seit 1977 war Berthold Socha beim LWL in der Kulturabteilung tätig. Als Referent für das damalige Westfälische Industriemuseum hatte er seine Kamera stets dabei. Der Hütte und seiner Leica blieb Socha auch nach seiner Pensionierung 2004 treu. So entstand ein Schatz, den Socha zum Jahrestag der Hochofen-Stilllegung für die Ausstellung gehoben hat. Die Schau ermöglicht die Begegnung mit dem Denkmal, das Entdecken von Hochofen 3 als Skulptur, das Erspüren von Verfall und Wandel, aber auch das Wiedersehen mit Menschen, die den Weg von der Industriebrache zum Museum geebnet haben. „Wahrnehmung ist ein subjektiver Prozess und so ist auch die Fotografie Berthold Sochas höchst subjektiv, spiegelt seine ganz eigene Aneignung der Motive wider und zeigt uns dabei Dinge, die wir ohne ihn vielleicht nie gesehen hätten. Museum als Schule des Sehens“, erklärte Dirk Zache, Direktor des LWL-Industriemuseums, am Montag (20.11.) bei der Vorstellung der Ausstellung in Hattingen.
Sie zeigt fast dokumentarisch anmutende Aufnahmen des Geländes neben solchen, die Sochas Interesse an Oberflächen und grafischen Strukturen zeigen, sowie teilweise morbide fotografische Eindrücke und verbindet alles zu einer Rückschau auf 30 Jahre Geschichte des Industriemuseums Henrichshütte. „Ich habe nie fotografiert, um zu dokumentieren. Die Aufnahmen zeigen vielmehr meine ganz persönliche Erinnerung, die Aneignung des Industriegeländes durch die Augen Berthold Sochas“, betont der 77-jährige Fotograf.
Im Fokus der Ausstellung steht der titelgebende Hochofen 3, der als monumentales Relikt der Industriegeschichte einen Ankerpunkt des Museums darstellt. Berthold Socha porträtiert ihn und seine Geschichte über die Jahre hinweg. Die Aufnahmen zeigen Entwicklungen und Veränderungen der Industrieanlage: Gebäudeteile verschwinden, die Vegetation verändert sich, Objekte werden marode und verfallen. „Socha erkennt die skulpturalen Qualitäten der Industriekulisse und macht diese in seinen Bildern auch für den Betrachter sichtbar. Er dokumentiert den Aufbau des Denkmals und hält auch die Bedeutung der Henrichshütte als Ort der kulturellen Begegnung fotografisch fest“, so LWL-Museumsleiter Robert Laube.
Berthold Socha und die Fotografie
Berthold Socha, 1940 im oberschlesischen Ratibor geboren, lebt seit 1955 in Münster. Beide Elternteile waren begeisterte Amateurfotografen, so machte er bereits im Kindesalter seine ersten Erfahrungen mit der Arbeit in der Dunkelkammer. Von 1977 bis 2004 war Socha als Referent in der Kulturabteilung des LWL tätig. 1965 gründete er die „fotogruppe oculus“ und 1991 die Friedrich-Hundt-Gesellschaft. 2002 wurde Socha in die „Deutsche Gesellschaft für Photographie“ berufen. Sein fotografisches Werk ist geprägt von der in den 1950er Jahren begründeten „Subjektiven Fotografie“. Er fotografiert bis heute konsequent analog, spielt mit der Wirkung von Licht und Schatten und sucht ungewöhnliche Perspektiven, die es dem Betrachter ermöglichen, durch das Auge des Fotografen skulpturale Qualitäten in scheinbar gewöhnlichen Objekten zu erkennen.
Die Ausstellung im LWL-Industriemuseum Henrichshütte ist noch bis zum 2. April 2018 im Foyer zu sehen.