JOBCENTER EN: ÄNDERUNGEN BEIM BÜRGERGELD

Dirk Farchmin, Abteilungsleitung Zentrale Steuerung, Anke Engelkamp, Abteilungsleitung Eingliederung und Fachbereichsleiter Heiner Dürwald (Foto: EN-Kreis)

Ennepe-Ruhr-Kreis- Am 1. Juli 2023 treten weitere Regelungen zum Bürgergeld-Gesetz in Kraft. Mit dem Bürgergeld wurde zu Jahresbeginn das bisherige Arbeitslosengeld II, besser bekannt als Hartz IV, abgelöst. Das Jobcenter EN informiert über die wichtigsten Änderungen.

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Was ändert sich ab dem 1. Juli?

Heiner Dürwald, Fachbereichsleiter Jobcenter EN: „Nachdem im Januar die Regelsätze erhöht und Karenzzeiten eingeführt wurden, kommt jetzt das eigentliche Bürgergeld-Paket. Zum einen betrifft es Formen des Miteinanders zwischen den Jobcentern und den Bürgerinnen und Bürgern. Dahinter steht eine neue Philosophie, die auf Freiwilligkeit, positive Anreize und Gespräche auf Augenhöhe setzt und deutlich weniger auf Sanktionen ausgerichtet ist. Zum anderen gibt es erhebliche finanzielle Entlastungen.“

Wie sieht das neue Miteinander in der Praxis aus?

Anke Engelkamp, Abteilungsleitung Eingliederung: „Ein partnerschaftlicher und kooperativer Umgang mit den Bürgerinnen und Bürgern war uns schon immer wichtig, daher kommen uns die Änderungen im Bürgergeld-Gesetz entgegen.

Neu ist der so genannte Kooperationsplan, er bildet künftig das Herzstück in der Beratung. Die Integrationscoaches und Leistungsberechtigen legen gemeinsam fest, welches Eingliederungsziel es gibt, welche Schritte notwendig sind und wie das Jobcenter unterstützen kann. Es ist ein einvernehmliches Planungsdokument, ohne das Androhen von Leistungsminderungen. Können sich die Beteiligten nicht auf einen Kooperationsplan einigen, hilft eine Schlichtungsstelle.“

Gibt es also gar keine Sanktionen mehr?

Engelkamp: „Leistungsminderungen sind weiterhin möglich, etwa, wenn jemand nicht zu Terminen erscheint, einen neuen Job nicht antritt oder eine Maßnahme abbricht. Die Kürzungen sind aber geringer als vorher, zudem stärker gestaffelt. Vor allem sind sie nicht mehr das Mittel der Wahl. Ziel ist es, die Menschen zu fördern und über eine intensive Beziehungsarbeit und gute Beratung langfristig in den Arbeitsmarkt zu integrieren.“

Welche finanziellen Entlastungen treten im Juli in Kraft?

Dirk Farchmin, Abteilungsleitung Zentrale Steuerung: „Es gibt eine neue Freibetragsstufe für Menschen, die im Bürgergeldbezug sozialversicherungspflichtig arbeiten und zwischen 520 und 1.000 Euro verdienen. Der Freibetrag beträgt hier 30 Prozent, Erwerbstätige können dadurch bis zu 48 Euro mehr von ihrem Einkommen behalten. Bei Einkommen zwischen 100 und 519 Euro beträgt der Freibetrag weiterhin 20 Prozent, bei Einkommen über 1.000 Euro weiterhin 10 Prozent.

Die neue Freibetragsstufe soll einen Anreiz für Beschäftigung oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze schaffen. Für Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende mit Erwerbseinkommen erhöht sich der Freibetrag auf 520 Euro, analog zum BAföG. Damit möchte der Gesetzgeber zeigen, dass sich Arbeit, Ausbildung und Studium finanziell lohnen.

Weitere Änderungen: Mutterschaftsgeld wird künftig nicht mehr als Einkommen angerechnet. Wer im Bürgergeldbezug ehrenamtlich tätig ist, kann jährlich bis zu 3.000 Euro an Aufwandsentschädigungen behalten.“

Engelkamp: „Neu im Gesetz sind zudem Anreizprämien für Weiterbildungen und Umschulungen. Bei abschlussbezogenen Weiterbildungen, die in der Regel eine Dauer von zwei bis drei Jahren haben, werden monatlich 150 Euro Weiterbildungsgeld gezahlt. Bei qualifizierenden Angeboten, die nicht zu einem beruflichen Abschluss führen, beträgt der Bürgergeldbonus monatlich 75 Euro. Die Prämien werden zusätzlich zum Bürgergeld gezahlt. Hintergrund ist der Fokus auf eine nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt; der Gesetzgeber möchte die Betroffenen qualifizieren, um sie dauerhaft in Arbeit zu bringen und so auch dem Fachkräftemangel zu begegnen.“

Geld (Symbolbild: RuhrkanalNEWS)

Bürgergeld seit Januar

Zum 1. Januar 2023 haben sich die Regelsätze mit dem neuen Bürgergeld deutlich erhöht: Alleinstehende erhalten 502 Euro, Paare pro Person 451 Euro. Für Kinder bis 6 Jahren beträgt der Regelbedarf 318 Euro, für Kinder bis 14 Jahren 348 Euro und für Jugendliche bis 18 Jahren 420 Euro. Für nicht erwerbstätige Erwachsene unter 25 Jahren im Haushalt der Eltern liegt der Betrag bei 402 Euro.

Für Personen, die erstmals einen Leistungsantrag stellen, gilt im ersten Jahr die sogenannte Karenzzeit, in der die Kosten der Unterkunft in voller Höhe und Heizkosten in angemessener Höhe übernommen werden. Das Vermögen bleibt im ersten Jahr des Leistungsbezugs unberücksichtigt, wenn es die Summe von 40.000 Euro für die erste Person in der Bedarfsgemeinschaft und 15.000 Euro pro weitere Person in der Bedarfsgemeinschaft nicht übersteigt.

Bei Pflichtverletzungen werden die Leistungen gestaffelt gemindert: Bei einer ersten Pflichtverletzung mindert sich das Bürgergeld für einen Monat um 10 Prozent, bei einer zweiten für zwei Monate um 20 Prozent bei einer dritten für drei Monate um 30 Prozent. Bei Meldeversäumnissen erfolgt eine Leistungsminderung um 10 Prozent des jeweiligen Regelbedarfs.