HATTINGER GEBRAUCHTWAGENHÄNDLER GESTEHT BETRÜGEREIEN – RUND 81.000 EURO SCHADEN – 2 JAHRE UND 10 MONATE GEFÄNGNIS

Das Gebäude des Amtsgerichtes Hattingen. (Foto: Höffken)

Hattingen – Ein 32-jähriger früherer Gebrauchtwagenhändler aus Hattingen wurde heute von den Richter:innen des Hattinger Schöffengerichtes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 10 Monaten verurteilt. Das Urteil wurde noch im Gerichtssaal rechtskräftig. Obwohl der Verurteilte bereits am kommenden Montag die Freiheitsstrafe antreten will/muss, erzeugte die heutige Gerichtsverhandlung manche Zweifel am rechtsstaatlichen System der Gerichtsbarkeit.

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Aber von vorn: Nach vier Verhandlungstagen verurteilten die Richter:innen des Hattinger Schöffengerichtes bereits am 12. Januar 2022 den früheren Hattinger Autohändler wegen gewerbsmäßigen Betruges, Beleidigung und versuchter Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten.

Nach Anhörung zahlreicher Zeugen und nach Anhörung eines KFZ-Sachverständigen waren der Vertreter der Staatsanwaltschaft und die Richter im Januar 2022 am Ende der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Angeklagte, der in Hattingen ein Gewerbe unterhielt, Gebrauchtwagen mit manipulierten Kilometerständen verkauft und damit seine Kunden betrogen hatte.

Neben dem Strafmaß sollte auch ein Betrag von 14.415 Euro beim Angeklagten zur Schadenswiedergutmachung eingezogen werden. Der erstaunte Angeklagte wurde im Januar 2022 noch im Gerichtssaal verhaftet und der Arrestzelle zugeführt.

Zusage der Staatsanwaltschaft und Rechtskraft des früheren Urteils

Die Berufungskammer beim Landgericht in Essen hatte dann aber über den Einspruch des Verurteilten gegen das erstinstanzliche Urteil des Hattinger Schöffengerichtes zu entscheiden. Und bei diesem Termin kam es zu einer „Verständigung“. Der Verteidiger des verurteilten Gebrauchtwagenhändlers zog seinen Einspruch gegen das erstinstanzliche Urteil 2 Jahre und 9 Monate zurück, der Gebrauchtwagenhändler wurde aus der U-Haft entlassen. Gleichzeitig wurde das Urteil, 2 Jahre und 9 Monate Haft, rechtskräftig.

Im Gegenzug sagte die Staatsanwaltschaft zu, die weiteren bei der Staatsanwaltschaft noch bekannten bzw. anhängigen Verfahren gegen den Hattinger Autohändler nicht weiter zu verfolgen, sondern einzustellen.

Bevor die öffentliche Hauptverhandlung heute (05. Oktober 2022) begann, erfolgte ein längeres „nichtöffentliches Informationsgespräch“ zwischen den Richtern, dem Staatsanwalt und dem Verteidiger.

8 weitere Taten des Hattinger Autohändlers

Danach begann die heutige Verhandlung im Schöffengericht, in der über 8 weitere Taten des früheren Hattinger Gebrauchtwagenhändlers verhandelt wurde. Das Verfahren gegen einen weiteren Angeklagten wurde abgetrennt, weil dieser unauffindbar ist, nach Aussage des angeklagten Hattingers sich in Polen versteckt aufhalten und sogar von Interpol gesucht werden soll.

Rechtsanwalt Pindur als Strafverteidiger des Angeklagten erinnerte zwar an die frühere Verständigung mit der Berufungskammer des Landgerichtes, über keine weiteren Taten zu verhandeln, der 32-jährige Hattinger gestand dann aber, 6 weitere heute angeklagte Betrugstaten beim Verkauf von Volvo-Gebrauchtwagen begangen zu haben, bei denen die Autokäufer von ihm um über 67.000 Euro betrogen wurden. Kilometerangaben waren manipuliert, ein Wagen wurden trotz Anzahlung nicht ausgeliefert.

Neues Urteil erlangte Rechtskraft

Unter Berücksichtigung der früheren Zusagen eines Oberstaatsanwaltes in dem ersten Berufungsverfahren plädierte Staatsanwalt Kocherscheidt zwar für jede der heute (05. Oktober) angeklagten neuen Betrugstaten auf je ein Jahr Freiheitsentzug, fasste diese 6 Jahre Einzelstrafen dann aber nur zu einer Gesamtstrafe von einem Monat zusammen.

Das rechtskräftige Strafmaß aus April 2022 von 2 Jahren und 9 Monaten Haft wurde dann in das aktuelle Urteil einbezogen und somit lautete das neue Urteil und die neue Gesamtstrafe wegen aller angeklagten gewerbsmäßigen Betrugstaten auf 2 Jahre und 10 Monaten Freiheitsentzug. Dieses Urteil erlangte noch im Gerichtssaal Rechtskraft.

Der Angeklagte erklärte, dass er sich noch in dieser Woche in Polen einem weiteren Gerichtsverfahren stellen will und rechtzeitig nach Hattingen zurückkehren werde, da er seine Gefängnisstrafe am kommenden Montag, 10. Oktober 2022, antreten muss.

81.000 Euro Wertersatz für die Geschädigten

Der heute Verurteilte muss aber außerdem als „Bewährungsversager“ mit der Vollstreckung einer weiteren zusätzlichen Freiheitsstrafe von einigen Monaten rechnen, die aus einer Verurteilung des Amtsgerichtes Bochum noch ansteht.

Rechtskräftig wurde auch, dass seitens der Staatsanwaltschaft versucht wird, rund 81.000 Euro Wertersatz beim Angeklagten zur Wiedergutmachung für die Geschädigten einzuziehen. Ob dieses gelingt, bleibt abzuwarten.

Kommentar:

Das Strafmaß aus der heutigen Hauptverhandlung des Schöffengerichtes hinterlässt einen bitteren Beigeschmack. Zahlreiche Geschädigte wurden vom Angeklagten betrogen, der Schaden ist enorm. Ob eine Wiedergutmachung gelingt, bleibt vorerst fraglich.

Staatsanwaltschaft, Gericht und Berufungskammern haben immer alle für und gegen die Angeklagten aufgeführten Fakten zu bewerten. Darunter fallen sicherlich auch Wirtschaftlichkeitsüberlegungen, Verfahren nicht über Gebühr auszudehnen und die Aufwände dafür „angemessen“ zu betreiben. Die Fairness eines Verfahrens gebührt allen Gerichtsparteien.

Einen „Persilschein“ für bereits vorliegende und bekannte zusätzliche Anklagen vorab auszustellen und über diese erst gar nicht verhandeln zu lassen oder eine extrem milde Strafe auszusprechen, wenn der Verurteilte im Gegenzug seinen Einspruch gegen ein bereits früher verkündetes Urteil zurückzieht, mag höchstinstanzlich abgesichert und möglich sein, der/die Bürger:in versteht es aber nicht, gemäß dem Motto, je mehr er anstellt, je geringer die Strafe und nur keine zusätzlichen Aufwände für Ermittlungsbehörden und Gerichte. Schade eigentlich.