HATTINGER BESTREITET JUGENDLICHE VERGEWALTIGT ZU HABEN   

Strafverteidiger Rechtsanwalt Henner Sentner mit seinem Mandanten. (Foto: Höffken)

Essen/Hattingen – Beim Landgericht in Essen begann heute (08. März 2023) ein Prozess vor der XXIV. Großen Strafkammer. Ein 22-Jähriger aus Hattingen ist angeklagt, Anfang April 2021 in dem Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses in Hattingen eine Jugendliche vergewaltigt zu haben. Die Verhandlung begann jetzt zum zweiten Mal, da der Angeklagte bei der ersten Verhandlung Ende Juli 2021 der Strafkammer per Mail mitgeteilte hatte, dass er weder zum ersten noch zu den weiteren Hauptverhandlungstagen erscheinen würde. Im Übrigen sei er auch unschuldig.

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Als Folge des Nichterscheinens zum ersten Hauptverhandlungstermin hatte der Vorsitzende Richter auf Antrag der Staatsanwältin Ende Juli 2022 einen sofort vollstreckbaren Haftbefehl erlassen, der auch vollzogen wurde. Der 22-jährige Hattinger war danach gegen regelmäßige Meldeauflagen bei der Polizei in Freiheit geblieben.

Landgericht Essen (Foto: Höffken)

Die Anklagevorwürfe der Staatsanwaltschaft wiegen schwer. Zwischen August 2020 und ca. Februar/März 2021 soll der in Hattingen wohnende 22-jährige Angeklagte mit einer deutlich jüngeren minderjährigen Jugendlichen eine Beziehung geführt haben, die beide gegenüber ihren Familien geheim hielten, um Turbulenzen wegen des deutlichen Altersunterschiedes zu verhindern. Die junge Frau beendete dann die Beziehung mit dem Angeklagten.

„Sie hat Schluss gemacht, weil sie einfach keine Lust mehr auf mich hatte und eifersüchtig war“, sagte der Angeklagte, der unter der Trennung von der jungen Frau sehr gelitten haben will.

Als Mitte April 2021 ein Familienangehöriger der Jugendlichen verstorben war, fand der Angeklagte die junge Frau, seine frühere Freundin, abends aufgewühlt und weinend im Treppenhaus des von ihnen beiden bewohnten Mehrfamilienhauses.

Der Angeklagte bestätigte heute in seiner umfassenden Aussage, am Tage der Tat zunächst die Jugendliche tröstend umarmt zu haben. Seine Frage an die junge Frau, ob sie „Lust“ habe, soll diese mit den Worten „ich weiß nicht“ beantwortet haben. Nach einigen Küsschen und ein wenig „Hin- und Her“ habe er dann mit der Jugendlichen im Treppenhaus des Mehrfamilienhauses einvernehmlich den ungeschützten Geschlechtsverkehr ausgeführt, und das dort nicht zum ersten Mal. Es sei auch früher so gelaufen, wenn einer der beiden nicht so richtig Lust hatte. „Nach dem Sex wären dann beide immer wieder gut gelaunt gewesen“, sagte der Angeklagte und ergänzte: „Vergewaltigt wurde keiner“.

Im Laufe der Hauptverhandlung kam es zwischen dem 22-Jährigen und dem Staatsanwalt zu einem lautstarken Redebeitrag, der dann von Strafverteidiger Henner Sentner mit den Worten „Wir beantworten jetzt keine Fragen mehr der Staatsanwaltschaft“ beendet wurde.

Nein heißt Nein

Die Jugendliche, die heute unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Beisein ihrer Rechtsanwältin Heike Tahden-Farhat vom „Weißen Ring“ fast zwei Stunden lang vom Vorsitzenden Richter der Großen Strafkammer Dr. Hempel befragt wurde, konnte dann dem Gericht ihre Erlebnisse und die Folgen des Erlebten im Detail schildern. Die Staatsanwaltschaft ist nach den bisherigen Aussagen der jungen Frau der Ansicht, dass der 22-Jährige das „NEIN“ der Jugendlichen vor Ausführung des sexuellen Übergriffes nicht akzeptiert hat. „Nein“ ist eine relativ einfach klare Aussage“, sagte der Vorsitzende Richter Dr. Hempel.

Rechtsanwalt Sentner legte dann zur Entlastung seines Mandanten einen umfangreichen Chatverlauf dem Gericht vor. Daraus ergab sich, dass die junge Frau noch nach dem angeklagten Übergriff mehrmals mit dem Angeklagten per Chat und Sprachnachricht kommunizierte, was bei einer erlittenen Gewalttat in der Regel nicht verständlich ist.

Das veränderte und sehr zurückgezogene Verhalten der jungen Frau veranlasste dann sieben Wochen später ihre Mutter, mit ihr einmal „Klartext“ zu reden. Die Jugendliche erzählte dann erst ihrer Mutter, dass ihr NEIN von dem Angeklagten am Tage der Tat nicht beachtet worden sei und sie gegen ihren Willen zum Geschlechtsverkehr gezwungen worden sein will.

Direkt nach dem Gespräch begab sich die aufgebrachte Mutter der jungen Frau zum Angeklagten, der im gleichen Mehrfamilienhaus wohnte und stellte ihn zur Rede. Sie fragte diesen, ob er kein NEIN verstehen würde und erstattete dann Strafanzeige gegen den 22-Jährigen.  

Zwei weitere Hauptverhandlungstage hat die Kammer des Landgerichtes für die Beweisaufnahme bis zum Urteil „Im Namen des Volkes“ angesetzt.

Ruhrkanal.NEWS berichtet weiterhin aus dem Landgericht Essen über diesen Strafprozess.

Erklärung: § 177 STGB Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.