ÜBER 5 JAHRE GEFÄNGNIS FÜR BETRÜGER AUS SPROCKHÖVEL

Der 50-jährige Angeklagte aus Sprockhövel (Mi.) neben seinen Verteidigern, Rechtsanwalt Henner Sentner (li.) und Rechtsanwalt Dr. Uwe Klingenberger (re.). (Foto: Höffken)

Essen – Ein 50-jähriger aus Sprockhövel hatte sich heute (24. Oktober 2022) vor dem Landgericht in Essen zu verantworten. Die Staatsanwaltschaft beschuldigte ihn, unberechtigt Corona-Soforthilfen beantragt und erhalten zu haben. Die 5 Richter:innen der I. Großen Wirtschaftsstrafkammer verurteilten dann am Ende der heutigen öffentlichen Hauptverhandlung den geständigen und bereits vorbestraften Sprockhöveler zu Gesamtfreiheitsstrafen von 5 Jahren und 3 Monaten. Der Haftbefehl wurde aufrechterhalten, darüber schien der Verurteilte mehr als geschockt.

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Die Verhandlung sollte bereits am 16.08.2022 vor dem Landgericht beginnen, zu dieser war der Angeklagte jedoch nicht erschienen. Daraufhin wurde ein Haftbefehl erlassen und der Sprockhövel wurde festgenommen. Zu der heutigen Verhandlung wurde er aus der Vorführhaft in den Gerichtssaal gebracht.

Der in Sprockhövel wohnende Angeklagte ist erheblich wegen Betruges vorbestraft. Sein Vorstrafenregister und die Anzahl der einzelnen begangenen Betrugstaten waren so lang, dass sich drei Richter beim Vorlesen der einzelnen Betrugstaten und Vorverurteilungen abwechselten. Von den Amtsgerichten in Essen und Dorsten war der Angeklagte schon in den Vorjahren verurteilt worden. Zu den Hauptverhandlungen war der Sprockhöveler dort auch nicht immer erschienen, ein 20-tägiger Untersuchungshaftbefehl im März 2020 war die Folge.

Bereits drei Tage nach seiner letzten Verurteilung wegen Betruges beantragte dann der 50-Jährige aus Sprockhövel Ende März 2020 Corona-Soforthilfen und in der Folge nicht nur eine, sondern insgesamt 10 Mal. In den Anträgen versicherte er jeweils wahrheitswidrig, dass er ein wirtschaftlich und damit dauerhaft am Markt teilnehmendes Unternehmen betreiben würde. Tatsächlich arbeitete der Angeklagte in nichtselbstständiger Tätigkeit. Seine in den Anträgen angegebenen Vorjahresumsätze waren frei erfunden. In den Vorjahren hatte der Sprockhöveler ein diverses Firmengeflecht im IT-Bereich angemeldet und für kurze Zeit betrieben, allerdings nicht mit Erfolg, denn daraus waren noch erhebliche Verbindlichkeiten zu begleichen.

Notlage des Landes schamlos ausgenutztCorona-Hilfen unberechtigt beantragt

„Sie nutzten schamlos die Notlage in unserem Land aus, als sie unberechtigt diese Corona-Soforthilfen beantragten und schließlich auch erhielten“, sagte der Vorsitzende Richter Wissel zu dem Angeklagten, der unberechtigterweise insgesamt 27.000 Euro Corona-Soforthilfen in drei Zahlungen erhielt. Einen Tag nach Geldeingang der Soforthilfen verfügte der Angeklagte direkt bar darüber und kaufte sich einen Audi.

„Hätte das Kontrollgefüge der Bezirksregierungen in Arnsberg und in Münster nicht so gut funktioniert, wären dem Angeklagten weitere Zahlungen nach seinen Anträgen zugeflossen und der Schaden hätte über 45.000 Euro betragen“, führte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft aus.

„Ich war krank, hatte Schulden, litt unter Depressionen und hoffte, mit dem Erwerb des PKW aufgrund der Corona-Zahlungen meine selbstständige Tätigkeit im IT-Bereich wieder aufnehmen zu können“, begündete der Sprockhöveler sein Vorgehen. Ansonsten will er sich aufgrund seiner depressiven Erkrankung nach eigener Aussage vollkommen abgekapselt haben. Er hatte um gesetzliche Betreuung beim Amtsgericht in Hattingen gebeten, auch da er in letzter Zeit bei ihm eingehenden Schriftverkehr weder geöffnet oder gelesen, sondern einfach direkt geschreddert haben will. „Ich hatte die Übersicht komplett verloren“, so der Angeklagte.

Staatsanwältin und Verteidiger wollen Haftbefehl aufheben lassen – Richter urteilen anders

„Das war 10-facher Subventionsbetrug in besonders schwerem Fall“, fasste es die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer zusammen, berücksichtigte das umfassende Geständnis des Angeklagten und beantragte, diesen unter Aufhebung bzw. Einbeziehung früherer Urteile zu einer Gesamtstrafe von 5 Jahren und 4 Monaten zu verurteilen.

Strafverteidiger Henner Senter aus Hattingen appellierte in seinem Plädoyer an die Richter:innen, das vollumfängliche Geständnis seines Mandanten, dessen psychische Erkrankung und seine Haftempfindlichkeit zu berücksichtigen und für die eingestandenen Taten unter Einbeziehung früherer Urteile Gesamtstrafen von 3 Jahren und 6 Monaten zu verhängen, gleichzeitig den Haftbefehl aufzuheben.

Nach einstündiger Beratung wurde dann das Urteil verkündet. Unter Aufhebung und Einbeziehung früherer Urteile verschiedener Gerichte wurde der 50-jährige Sprockhöveler zu Gesamtstrafen von 5 Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Er bleibt in Haft – der Haftbefehl wurde wegen Fluchtgefahr aufrechterhalten. Wird dieses Urteil rechtskräftig, droht dem Angeklagten zusätzlich ein weiteres Jahr Gefängnis aus einer früheren Bewährungsstrafe, die dann widerrufen werden könnte.

Gegen das heutige Urteil der I. Großen Wirtschaftsstrafkammer ist noch das Rechtsmittel der Revision möglich. Gleichfalls kann Haftbeschwerde eingelegt werden.