JUSTIZBESCHÄFTIGTE ZU GEFÄNGNISSTRAFE VERURTEILT

Der große Sitzungssaal im Amtsgericht Hattingen (Foto: Höffken)

Hattingen – Eine Hattingerin hatte sich ab 26. April 2023 vor den drei Richterinnen und Richtern des Hattinger Schöffengerichtes wegen Geldwäsche zu verantworten. Am Ende des heutigen Verhandlungstages (21. Juni 2023) wurde sie zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten ohne Bewährung verurteilt.

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Die Vorwürfe gegen die Angeklagte, die seit über 20 Jahren bei der Justiz beschäftigt ist, wiegen schwer. 2016 zog der inzwischen von der Angeklagten geschiedene Ehemann, laut Einschätzung des Gerichtes ein Berufsverbrecher, bei ihr in Hattingen ein. Während die Angeklagte relativ schnell von den Vorstrafen ihres Ex-Mannes erfuhr, soll dieser ihr „hoch und heilig“ versprochen haben, keine weiteren Taten mehr zu begehen.

Inzwischen weiß die Hattingerin, dass ihr Ex-Mann diese Zusage nicht eingehalten hat. Bei einigen Raubdelikten zum Nachteil alter vermögender Menschen in Köln, Bochum und Gelsenkirchen soll ihr Mann zusammen mit anderen Komplizen beteiligt gewesen sein. Die Beteiligung an einer brutalen Raubtat zum Nachteil einer 86-jährigen vermögenden Dame in Köln mit einem Schaden von rund 239.000 Euro hat der Ex-Mann der Angeklagten eingeräumt. Sein Beuteanteil daraus betrug laut Staatsanwaltschaft 40.000 Euro.

Gegenüber der Angeklagten soll ihr Ex-Mann immer gesagt habe, er wäre für „Inkassoeintreibungen“ zuständig und sei deshalb öfter unterwegs.

Kurz vor einer weiteren geplanten Tat kam es dann Anfang Dezember 2019 zu einem Einsatz des Sondereinsatzkommandos (SEK), bei dem auch der Ex-Mann der Angeklagten festgenommen wurde. Inzwischen verbüßt dieser 13 Jahre Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung wegen bewaffneten Raubes.

Hohe Bargeldmengen zuhause aufbewahrt

Die angeklagte Hattingerin, die von Strafverteidiger Henner Sentner verteidigt wurde, schilderte ihre Version des Geschehens, von wem sie 30.000 Euro Bargeld erhalten hatte und warum sie diese 30.000 Euro Bargeld über Monate in ihrer Wohnung aufbewahrt hatte, selbst als sie 14 Tage in Urlaub weilte.

Kurios erschien der Staatsanwaltschaft, dass wenige Tag nach der Raubtat des Ex-Mannes der Angeklagten auf das Konto der Hattingerin 32.800 Euro in 4 Beträgen eingezahlt wurden.

Staatsanwalt Christian Bolik plädierte 45 Minuten lang und zeigte nacheinander die Ungereimtheiten auf, die die Staatsanwaltschaft am Ende der Beweisaufnahme zu der Einschätzung gelangen ließ, dass die angeklagte Hattingerin der Geldwäsche schuldig ist.

Dreimal gab es Hausdurchsuchungen bei der Angeklagten. Kriminalbeamte verschiedener Ermittlungsgruppen aus Köln beschlagnahmten Handys, werteten Chatverläufe aus und hörten Telefongespräche mit. Spezialisten der Polizei analysierten Zahlungsströme auf den Konten der Angeklagten und bewerteten ihr Zahlungsverhalten vor und nach den Taten.

Auch anhand des „speziellen“ Chatverlaufes zwischen der Angeklagten und ihrem Ex-Mann gelangte die Staatsanwaltschaft zu der Erkenntnis, dass die Angeklagte von den schweren Straftaten gewusst haben muß.

Laut Staatsanwalt keine günstige Sozialprognose

„Der Gesetzgeber sagt, eine Strafe ist zu vollstrecken“, sagte Staatsanwalt Bolik und verneinte bei der Angeklagten eine günstige Sozialprognose, die es ermöglichen würde, die Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. „Die Angeklagte hat keine Reue gezeigt, hat keine Wiedergutmachung vorgenommen und auch kein Geständnis abgelegt. Die brutale Vortat des Ex-Mannes der Angeklagten wurde ebenfalls negativ gewichtet“, so der Staatsanwalt, der dann an die drei Richter:innen des Schöffengerichtes plädierte, gegen die Hattingerin eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten ohne Bewährung zu verhängen.

Strafverteidiger plädiert auf Freispruch

Strafverteidiger Rechtsanwalt Henner Sentner zeigte dem Schöffengericht noch einmal detailliert auf, warum seiner Meinung nach seine Mandantin freizusprechen sei. Er sah keinen konkreten Beweis, sondern nur reine Indizien, die die Staatsanwaltschaft aufgeführt hätte. Die Schilderungen seiner Mandantin, woher das ganze Bargeld gekommen sei, warum sie dieses über Monate zuhause aufbewahrt hat und warum sie es dann wenige Tage nach der Tat hat einzahlen lassen, sei nach seiner Bewertung ein ungewöhnlicher Geschehensablauf, aber glaubhaft. Auch sah es der Strafverteidiger als bewiesen an, dass seine Mandantin keine Kenntnis von den erneuten Straftaten ihres Ex-Mannes gehabt hat.

Er plädierte an die Richter:innen des Schöffengerichtes, eine Gesamtbewertung vorzunehmen und seine Mandantin freizusprechen.

Beim letzten Wort der Angeklagten vor Beginn der Beratungen des Schöffengerichtes zur Urteilsfindung schilderte die Hattingerin noch einmal ihre Version des Geschehens und schloss mit dem Satz: Liebe macht manchmal blind“.

Freiheitsstrafe ohne Bewährung

Nach über einstündiger Beratung verkündete der Vorsitzende Richter Kimmeskamp dann das Urteil des Hattinger Schöffengerichtes. 18 Monate muss die Hattingerin wegen Geldwäsche ins Gefängnis.

Beim Strafmaß wurden am Rande sowohl die brutale Vortat gegen die Seniorin als auch der Berufsstand der Angeklagten als Justizbeschäftigte gewichtet.

Gegen das Urteil können noch Rechtsmittel eingelegt werden.