WIRTSCHAFT IM RUHRGEBIET STAGNIERT – KOSTEN STEIGEN

Hauptgeschäftsführer Michael Bergmann, Heinz-Herbert Dustmann, Präsident der IHK zu Dortmund, und Stefan Schreiber, Hauptgeschäftsführer der IHK zu Dortmund (v. l.) (Foto: Stephan Schütze/IHK zu Dortmund)

Nach einem kurzfristigen Zwischenhoch im Herbst stehen die Unternehmen derzeit wieder
vor enormen Herausforderungen. Schuld an dieser ‚Delle‘ seien die anhaltenden Einschränkungen im stationären Handel, die steigenden Energie- und Rohstoffpreise sowie – gerade im Gastgewerbe – das eingeschränkte Weihnachts- und Silvestergeschäft.

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Aktuelle Geschäftslage

Nach dem Aufwärtstrend im Herbst bekommt die Konjunktur eine ‚Delle‘. Erhebliche Lieferprobleme (43 Prozent der Unternehmen rechnen auch in Zukunft nicht mit einer Verbesserung der Versorgung mit Rohstoffen), steigende Energie- und Rohstoffpreise, der Fachkräftemangel sowie Corona belasten die Wirtschaft: Knapp 78 Prozent der Firmen, die sich an der Umfrage beteiligt haben, bewerten ihre aktuelle Geschäftslage mit gut und befriedigend. Das entspricht im Vergleich zur Herbstumfrage 2021 einer Minderung von 4 Prozent. Jedes fünfte Unternehmen beklagt eine schlechte Geschäftslage.

Geschäftserwartungen

Die Geschäftserwartungen der Unternehmen sind nach dem Winter eher verhalten. Hoffte im Herbst noch knapp ein Drittel auf bessere Geschäfte, so sind die Erwartungen aktuell sehr gemindert (24 Prozent gehen von einer Verbesserung aus). Von einer Verschlechterung gehen 19 Prozent der Unternehmen aus (im Herbst noch 13 Prozent).

Beschäftigung

Fast 70 Prozent der Unternehmen sehen eine gleichbleibende Beschäftigung. Es herrscht eine abwartende Stimmung. 21 Prozent geben an, mehr Fachkräfte einstellen zu wollen, die Hälfte aller Unternehmen sieht aber nach wie vor große Schwierigkeiten im Fachkräftemangel. Die Einschätzung ist verhalten optimistisch, geeignete Mitarbeiter:innen zu finden. 55 Prozent befürchten sogar wirtschaftliche Auswirkungen auf die Unternehmensentwicklung. 9 Prozent der Unternehmen erwarten einen Rückgang ihrer Mitarbeiterzahl.

Inlandsinvestitionen

Das Mittel der Wahl zur Verbesserung der Geschäftssituation sehen die Unternehmen wieder mehr im Bereich Inlandsinvestition. 27 Prozent geben an, höhere Ausgaben dafür einzuplanen (im Herbst 19 Prozent). Neben den Ersatzbeschaffungen setzen 35 Prozent auf Produktinnovationen. Die vorwiegend mittelständischen Unternehmen im mittleren Ruhrgebiet halten sich durch konstant hohe Entwicklungsausgaben international wettbewerbsfähig. Das gibt Grund zur Hoffnung.

Exporte

Verhaltener Optimismus auch in Bezug auf den Export: Zwar rechnen 63 Prozent mit einem gleichbleibenden Exportgeschäft (das sind 3 Prozent mehr als im Herbst). Allerdings erwarten nur noch 19 Prozent einen höheren Exportanteil – im Vergleich zum Herbst ein Minus von knapp 11 Prozent.

Das insgesamt durchwachsene Gesamtbild dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass einzelne Branchen nach wie vor schwer zu kämpfen haben, mahnt Michael Bergmann, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittleres Ruhrgebiet. „Der Einzelhandel war nie Infektionstreiber. Deshalb verstehe ich nicht, warum die 2G-Zugangsbeschränkung für den Nicht-Lebensmitteleinzelhandel in NRW aufrechterhalten wird. Je länger diese Zugangsbarriere beibehalten wird, umso gravierender sind die negativen wirtschaftlichen Folgen für die Betriebe in den Innenstädten und Stadtteilzentren.“ In Bayern, Baden- Württemberg und Niedersachen seien die Regeln schließlich bereits gelockert worden. „Wir müssen aufpassen, dass sich hier kein Gewöhnungsprozess einstellt“, so Bergmann weiter.


„Wenn die Leute jedes Mal ihre Personalia et cetera vorzeigen müssen, werden viele den einfachen Weg gehen und online einkaufen. Damit hatten wir schon vor der Pandemie zu kämpfen.“ Der Blick in die Branchen: Vor allem die Industrie hat in den letzten Monaten zu einer Stabilisierung der gesamten konjunkturellen Lage beigetragen. Knapp 85 Prozent der Industrieunternehmen bewerten ihre gegenwärtige Geschäftslage als gut bis befriedigend – deutlich positiver als andere Wirtschaftsbranchen. Die zukünftige Geschäftslage wird von knapp 87 Prozent der Betriebe besser oder gleichbleibend eingeschätzt. Mit 88 Prozent vermeldet die Industrie außerdem steigende oder zumindest unveränderte Auftragseingänge im In- sowie Ausland. Entgegen dieser positiven Entwicklung sei jedoch festzuhalten, dass die Wirtschaft unter anhaltenden Problemen bei der Beschaffung von Vorprodukten sowie Rohstoffen leide und somit vor enorme logistische Herausforderungen gestellt sei. Der Mangel an Vorleistungen – insbesondere Halbleiter, elektronische Bauteile, Baumaterialien, Metalle, Chemikalien und Papier – habe sich seit dem wirtschaftlichen Tiefpunkt der Corona-Krise im Frühjahr 2020 zu einer wesentlichen Bremse für den Aufschwung entwickelt.

Im Handel klagen 24 Prozent der Unternehmen, die sich an der Umfrage beteiligt haben, über eine schlechte Geschäftslage. Besonders betroffen ist der Einzelhandel. Die Gründe dafür seien auf die aktuell steigenden Inzidenzzahlen sowie auf die verschärften Restriktionen im Umgang mit der Corona-Situation zurückzuführen. Stark betroffen zeige sich der Handel aktuell von Preisanstiegen und Lieferschwierigkeiten. Im Dienstleistungssektor ist die Wirtschaftslage durchwachsen: Zwar bezeichnen knapp 75 Prozent aller Befragten ihre aktuelle Geschäftslage als gut oder befriedigend. Dieser positive Wert täuscht jedoch darüber hinweg, dass in Bezug auf das Gastgewerbe mehr als zwei Drittel der Unternehmen von einer schlechten Geschäftslage berichten. Vor einem halben Jahr war es noch ein Drittel. Insgesamt erwarten 19 Prozent in den kommenden Monaten eine schlechtere Geschäftslage – das sind fünf Prozent mehr als noch im Herbst.

Die negative Stimmung sei nicht zuletzt auf das eingeschränkte Weihnachts- und Silvestergeschäft zurückzuführen. Dazu haben die zu Beginn des Jahres verschärften Corona-Regeln (2G+) für Restaurants, Bars, Cafés und Fitnessstudios maßgeblich beigetragen. Nach den Herausforderungen der letzten zwei Jahre haben sich zudem viele Mitarbeiter:innen umorientiert. Der daraus resultierende Personalmangel führt dazu, dass viele Gastronomen ihre Öffnungszeiten deutlich einschränken müssen. Zu allem Überfluss
kommen noch Liquiditätsengpässe dazu, sodass einige von Insolvenz bedroht sind.

Mit stabilen Energiepreisen, einer abgestimmten Sanierung der Verkehrsinfrastruktur und gelockerten Coronaschutzmaßnahmen den Unternehmen wieder zu Wachstum verhelfen.

„Die Herausforderungen, die sich aus den hohen – und immer weiter steigenden – Energie- und Rohstoffpreisen, der Verfügbarkeit von Fachkräften und der künftigen Entwicklung der Inlandsnachfrage ergeben, belasten die Unternehmen im mittleren Ruhrgebiet,“ resümiert Michael Bergmann. „Erschwerend kommt hinzu, dass die Preise für zahlreiche Vorprodukte und Güter aller Art deutlich gestiegen sind. Die Unternehmen müssen teils Wochen oder Monate auf bestellte Materialien warten und versuchen, ihre Lieferketten an die herausfordernden Gegebenheiten anzupassen. Das hängt nicht zuletzt mit der maroden Verkehrslage zusammen, zu der wir Anfang Februar eine Pressemitteilung veröffentlicht haben. Statt der häppchenweise vonstattengehenden Sanierung brauchen wir eine abgestimmte Vorgehensweise, welche die wirtschaftlichen Interessen berücksichtigt.“

Grund zur Hoffnung gebe – der aktuellen ‚Konjunktur-Delle‘ zum Trotz – die Tatsache, dass zwei Drittel der Unternehmen ihre aktuelle Finanzlage als unproblematisch bezeichnen – im Vorjahresvergleich ein Aufwärtstrend. „Damit dieser Trend sich hält, ist es jedoch nötig, die Engpässe bei der Versorgung mit relevanten Rohstoffen deutlich zu mindern“, betont Michael Bergmann. „Und gerade im stationären Einzelhandel sowie im Gastgewerbe brauchen wir dringend Lockerungen der Coronaschutzmaßnahmen, damit sich diese Branchen, die schon viel zu lange unter der Coronapolitik leiden, endlich erholen und stabilisieren.“

Den 108. Konjunkturbericht der IHKs im Ruhrgebiet finden Sie – in voller Länge – auf der Homepage der IHK .
Interessierte oder jene, die in den Konjunkturverteiler aufgenommen werden möchten,
richten ihre Mail an die IHK.