VERZEHRHINWEISE BLEIBEN – NEUE GRÜNKOHLUNTERSUCHUNG

Kreishaus in Schwelm (Foto: Strohdiek)

Ennepetal- Im unmittelbaren Umfeld der Ennepetaler Firma biw angebautes Blattgemüse soll nicht gegessen werden. Menschen im Wohngebiet Büttenberg sollten dort angebautes Blattgemüse nicht öfter als ein- oder zweimal pro Woche verzehren. Für alles andere Gemüse und Obst gelten dort bei Beachtung entsprechender Vorgaben – beispielsweise Schälen – keine Einschränkungen, so lauten die Empfehlungen des Ennepe-Ruhr-Kreises. (Hinweis der Redaktion: Ralf Stoffels, Geschäftsführer der Firma biw, fordert eine neue Grünkohl-Untersuchung)

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Diese Verzehrhinweise für Obst und Gemüse gelten seit Januar letzten Jahres, nach Gesprächen zwischen der Kreisverwaltung und dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANVU) steht jetzt fest: Sie werden bis auf weiteres gelten. Die Grundlage für diese Einschätzung liefern die Untersuchungsergebnisse der Grünkohlproben, die zwischen August und November aufgewachsen waren und anschließend analysiert worden sind.

biw widerspricht der Darstellung des Kreises

„Aus Sicht der Experten des LANUV hätten es die Ergebnisse des aktuellen Grünkohlberichts möglich gemacht, die bestehenden Verzehrhinweise für Obst und Gemüse räumlich und inhaltlich großzügiger zu gestalten. Voraussetzung hierfür wäre aber gewesen, dass biw den Einsatz des chlorhaltigen Vernetzers, der die PCB-Emissionen verursacht, weiter reduziert oder PCB wirksam herausfiltert“, berichtet Landrat Olaf Schade.

Da dies angesichts der derzeitigen Rechtslage aber nicht angeordnet werden könne und seitens des Unternehmens biw freiwillig erfolgen müsste, bleibe es vorsorglich bei der bestehenden Verzehrempfehlung. Denn: Bei gleichbleibendem Einsatz des chlorhaltigen Vernetzers und langanhaltenden südlichen Windrichtungen seien auch künftig höhere Werte im Wohngebiet Büttenberg nicht auszuschließen.

Die Firma biw verweist darauf, dass in den untersuchten Proben auch PCB-Varianten gefunden wurden, die nachweislich nicht aus dem Unternehmen stammen können. Bei der Produktion von Schläuchen für Beatmungsgeräte entsteht demnach ausschließlich PCB47. Alle anderen Produkte sind nach Unternehmensangaben auf chlorfreie Vernetzer umgestellt. Nach Firmenangaben wurde die PCB47 Emission auf maximal ein Prozent des Wertes von 2019 gesenkt

Gestützt wird diese Annahme, nach Bewertung des Kreises, durch die inzwischen vorliegenden Werte der Außenluftmessungen für Januar. Der Bericht des LANUV zeige: An den Messstellen werden weiterhin die bei der Silikonverarbeitung typischen PCB-Kongenere gefunden, so der Standpunkt des Kreises.

Mitarbeiter des Kreises sammeln Grünkohlproben um PCB-Werte zu ermitteln (Archivbild: Ennepe-Ruhr-Kreis)

„Das von biw gegebene Versprechen, ab 2021 keine PCB-Kongenere 47, 51 und 68 mehr zu emittieren, ist damit nicht eingelöst worden. Dies sowie die sehr späte Information der Öffentlichkeit über den vertraglich offenbar vorgegebenen Einsatz des chlorhaltigen Vernetzers bedauern wir. Aus unserer Sicht ist biw mehr denn je gefordert, verbindliche Aussagen und nachvollziehbare Pläne vorzulegen, wie und wann der Ausstoß von PCB minimiert werden soll“, sieht Schade das Unternehmen eindeutig in der Bringschuld.

Es gibt keinen Grenzwert für PCB

Gleichzeitig betont er erneut: „Das Unternehmen hält sich an Recht und Gesetz. Wir können daher nicht, wie vielfach gefordert, die Produktion stilllegen.  Fakt ist aber eben auch, PCB hat nichts in unserer Umgebung zu suchen und jeder Verursacher muss nachhaltig für Verbesserungen sorgen.“

Wie bereits bekannt, zeigen die Grünkohluntersuchungen an zwei von neun Messpunkten Überschreitungen des Orientierungswertes für den maximalen Hintergrundgehalt (OmH) in Nordrhein-Westfalen. Da PCB-Belastungen in der Umwelt generell nachweisbar sind, wird dieser Wert als Grundlage herangezogen, um Ergebnisse beurteilen zu können.

Die beiden Messpunkte liegen im Gewerbegebiet Oelkinghausen (Regenrückhaltebecken in der Pregelstraße) und im südlichen Büttenberg (Regenrückhaltebecken in der Ambrosius-Brand-Straße). Am erstgenannten wurde eine rund 3,8-fache, am zweiten eine ca. 1,3 fache Überschreitung des Orientierungswertes festgestellt. Zwar wurden hier die Werte aus der ersten Untersuchung 2019 nicht erreicht, im Vergleich zu den Ergebnissen aus Sommer 2020, als an keinem Messpunkt der OmH überschritten worden war, sind aber Anstiege zu verzeichnen. Die biw erklärt das mit Auftragsschwankungen im Jahresverlauf.

In Zahlen: Aktuell weisen die Ergebnisse 12 Mikrogramm PCB pro Kilogramm beziehungsweise 4,3 Mikrogramm pro Kilogramm aus, 2019 waren es 44 beziehungsweise 11, im Sommer 1,4 beziehungsweise 0,61 gewesen. Der Orientierungswert für den maximalen Hintergrundgehalt (OmH) liegt in Nordrhein-Westfalen bei 3,2.

Aufgrund der Untersuchungsergebnisse in der Außenluft und im Grünkohl werden die Messungen und Analysen fortgeführt. Details dazu wird die Kreisverwaltung in Abstimmungsgesprächen mit dem LANUV klären. Ralf Stoffels, Geschäftsführer der Firma biw, hatte zeitgleich ebenfalls neue Grünkohl-Untersuchungen gefordert.