SPRACHE ALS BEREICHERUNG – NICHT ALS BEDROHUNG

vlnr: Fatih Çevikkollu, Christiane Freynick, Gülay Gürbüz, Tayfun Kelteh, Erkan Cöloglu © RuhrkanalNEWS Holger Grosz

Hattingen – Der große Sitzungssaal war gestern (3. Juli 2025) im Rathaus bis auf den letzten Platz besetzt – und darüber hinaus. Stühle mussten aus anderen Räumen herbeigeschafft werden, so groß war der Andrang bei der Veranstaltung „Mehr als Du siehst – Potenziale sichtbar machen“. Eingeladen hatte der Hattinger Integrationsrat gemeinsam mit dem Landesintegrationsrat NRW. Auf dem Programm stand eine Podiumsdiskussion über Sprache, Vielfalt und Integration – ergänzt durch einen Auftritt von Schauspieler und Kabarettist Fatih Çevikkollu.

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Infotainment-Abend mit Tiefgang, Humor und Haltung

„Sprache ist der zentrale Kernpunkt, wenn es um Integration geht“, stellte Tayfun Keltek vom Landesintegrationsrat gleich zu Beginn klar. Die deutsche Sprache zu lernen – das sei wichtig, selbstverständlich sogar. Aber, so betonte er, es gehe nicht nur darum, Deutsch zu lernen, sondern auch darum, andere Sprachen nicht abzuwerten: „Wir verschenken Potenzial, wenn wir die Mehrsprachigkeit vieler Menschen ignorieren.“ Türkisch, Arabisch, Ukrainisch – das seien keine Defizite, sondern Ressourcen. Gerade im Bildungssystem. Studien zeigen, dass Kinder besser Deutsch lernen, wenn der Unterricht zumindest phasenweise zweisprachig ist. Doch dieses Wissen findet kaum Eingang in die Praxis.

40 Nationen – ein Hattingen

Thomas Weiß, der charmant und pointiert durch den Abend führte, verdeutlichte die Vielschichtigkeit der Debatte anhand eines Gedankenspiels: Eine erste Klasse mit 24 Kindern, darunter 8 mit internationaler Familiengeschichte aus 6 verschiedenen Ländern – wie soll da ein zweisprachiger Unterricht aussehen? „Aber genau solche Fragen müssen wir uns stellen“, so Weiß. Die Realität sei multikulturell. In Hattingen leben derzeit 6.901 Menschen ohne deutschen Pass – aus über 40 Nationen. Und die Zahl derer mit internationaler Familiengeschichte ist vermutlich doppelt so hoch.

Eine Veranstaltung mit Haltung, Herz und Humor. ©RuhrkanalNEWS Holger Grosz

Fatih Çevikkollu: Humor trifft Realität

Ein echtes Highlight des Abends war der Auftritt von Fatih Çevikkollu, bekannt aus Theater, Fernsehen und zahlreichen Kabarettprogrammen. Mit Witz, Charme und Tiefgang sprach er über Vorurteile, Sprachbarrieren – und absurde Alltagssituationen. Etwa, wenn beim Besuch auf dem Amt automatisch langsam, laut und mit Gesten gesprochen wird, nur weil der Nachname „nicht deutsch klingt“. Çevikkollu schaffte es, humorvoll und ohne billige Klischees gesellschaftliche Missstände aufzuzeigen – und das Publikum gleichzeitig zum Lachen und zum Nachdenken zu bringen.

Ein Abend mit Wirkung

Die Stimmung war offen, interessiert und respektvoll. Viele bekannte Gesichter aus der Hattinger Stadtgesellschaft waren anwesend – Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Bildung, Vereinen und ehrenamtlichem Engagement. Der Austausch nach der Veranstaltung war rege – auch mit Kandidatinnen und Kandidaten für die kommende Integrationsratswahl am 14. September.

Fazit

Eine Veranstaltung mit Haltung, Herz und Humor. Sie machte deutlich, dass Sprache weit mehr ist als Grammatik und Vokabeln. Sie ist Brücke, Identität – und ein unterschätzter Schatz, wenn wir sie als gemeinsames Werkzeug begreifen, statt als Trennlinie. In Hattingen wurde an diesem Abend ein wichtiger Impuls gesetzt – zum Weiterdenken, zum Miteinanderreden und zum Wertschätzen unserer Vielfalt.

1 Kommentar zu "SPRACHE ALS BEREICHERUNG – NICHT ALS BEDROHUNG"

  1. Sprache ist ein Schatz, das sieht man auch an diesem gut formulierten Artikel von Holger Groß. Die Veranstaltung war aber leider keine wirkliche Diskussion mit repressionsfreiem Hin- und Her zwischen Publikum und Podium. Etwas zu gewollt und durchsichtig erschien die Vorstellung zweier türkischer junger Damen, die mittlerweile studieren. Glückwunsch an sie, aber sie repräsentieren nicht die durchschnittliche Problemlage. 5.000 Stellen sind im Bildungsministerium NRW für Integrationsfragen geschaffen worden – ein Erfolg ist nicht groß zu bemerken. Der Kita-Besuch ist immer noch nicht kostenlos und verpflichtend, stattdessen wird die Angst von Migrationsfamilien erwähnt, Erziehung an „Fremde“ abgeben zu sollen. Wir haben da, glaube ich, noch viel zu verbessern.

Hinterlasse einen Kommentar

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*