NEUE SONDERAUSSTELLUNG IM LWL-MUSEUM HENRICHSHÜTTE

"Nicht für China" (Foto: RuhrkanalNEWS)

Hattingen Am Freitag (19. Juli 2024) eröffnet der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in seinem Hattinger Museum Henrichshütte die Ausstellung “Nach China? Das Fotoalbum des Hugo von Königslöw”. Die Schau vereint historische Fotografien eines preußischen Beamten aus der Kolonialzeit mit zeitgenössischen Aufnahmen aus der Millionenmetropole Qingdao, wo viele der kolonialen Gebäude des ehemaligen Tsingtau erhalten sind.

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“Nach China? Das Fotoalbum des Hugo von Königslöw”

Hugo von Königslöw gehörte 1898 zu den ersten Kolonialisten, die es nach Tsingtau zog. Im Auftrag der Schantung-Bergbau-Gesellschaft sollte er die dortigen Steinkohlenvorkommen untersuchen, die unter deutscher Leitung ausgebeutet und über den Hafen des Fischerdorfs verschifft werden sollten. Nur wenige Monate zuvor hatten deutsche Truppen die Bucht von Kiautschou im Osten Chinas besetzt und die chinesische Regierung zu einem Pachtvertrag gezwungen. Tsingtau wurde nach deutschem Vorbild zum Marinestützpunkt und Verwaltungssitz ausgebaut. 

Das China-Album 

Von seiner Reise brachte von Königslöw ein Album mit, das in der Familie von Generation zu Generation weitergereicht wurde. Durch glückliche Umstände blieb es erhalten und konnte vom Deutschen Bergbau-Museum Bochum gesichert werden. Für die Ausstellung wurden die Motive aufwändig reproduziert und werden nun erstmals öffentlich präsentiert. 

“Die Fotografien vermitteln nicht nur ein spannungsreiches Bild der aufstrebenden Kolonie, sie sind gleichzeitig auch ein wichtiges Dokument der Fotografie-Geschichte und spiegeln den Weg der Fotografie zum Massenmedium wider”, erklärt Stephan Sagurna vom LWL-Medienzentrum für Westfalen, Kurator und Ideengeber der Ausstellung. Mit Einführung der industriell hergestellten Trockenplatte wurde die Fotografie in den 1880er Jahren auch für Amateure beherrschbar, auch wenn das Fotografieren zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch das Hantieren mit hölzernen Plattenkameras, die Arbeit mit Stativ und schwarzem Einstelltuch sowie eine aufwändige Laborverarbeitung der einzelnen Glasplatten-Negative bedeutete.

Nachdem Hugo von Königslöw in Tsingtau eine Fotoausrüstung gekauft hatte, galt sein fotografisches Interesse Landschaften, Menschen und besonderen geologischen Formationen. Seinen Fotografien ist die “Handschrift” eines Amateurs anzusehen – immer wieder schreiben sich Fehler, die sich während der Aufnahme und der folgenden Laborverarbeitung ereigneten, in seine Bilder ein. Ergänzt wurden seine Bilder von gekauften Stadtansichten aus Tsingtau, die sich in ihrer fototechnischen Qualität deutlich unterscheiden. Aus den USA fanden ausschließlich gekaufte Fotografien den Weg in das Reise-Album.

LWL-Museum Henrichshütte (Foto: RuhrkanalNEWS)

Amerika

Auf seiner Rückreise durch die USA ergänzte von Königslöw sein Reisealbum mit gekauften Fotografien. Neben touristischen Motiven, die entlang der Eisenbahntrassen als Souvenirs verkauft wurden, finden sich Motive von spektakulären Felsformationen und Bergbaulandschaften des Gold Belt in Colorado. Ihre Auswahl spiegelt das Interesse des Bergbaufachmanns.

Von besonderer fotohistorischer Bedeutung sind die Fotografien des US-amerikanischen Landschaftsfotografen George Fiske (1835 – 1918) mit Motiven aus dem Yosemite-Nationalpark in Kalifornien. Durch zwei verheerende Brände ist das Fotoarchiv des bedeutenden Fotografen fast vollständig vernichtet worden. Die Fotografien des Albums zählen daher zu den wenigen weltweit heute noch erhaltenen Originalen.

Qingdao heute

2023 ging die in Berlin lebende Journalistin Charlotte Ming in ihrer Heimatstadt Qingdao auf eine fotografische Spurensuche. In der Millionenmetropole sind heute noch viele der kolonialen Gebäude des ehemaligen Tsingtau aus der Zeit um 1900 erhalten. Mit ihrer Kamera suchte Charlotte Ming Schauplätze des historischen Fotoalbums auf und fotografierte das moderne Qingdao in Farbe und mit einem feinen Gespür für die Bildwelten Hugo von Königslöws.

“Für die Henrichshütte schließt sich mit der postkolonialen Sicht auf das China-Album des Hugo von Königslöw ein Kreis. Nachdem in den 1980er Jahren, knapp 100 Jahre später, der Hochofen 2 in Hattingen ausgeblasen wurde, zerlegten ihn chinesische Ingenieure, um ihn anschließend in China wieder für die Produktion von Roheisen in Betrieb zu nehmen”, erklärt Dr. Olaf Schmidt-Rutsch, wissenschaftlicher Referent im LWL-Museum Henrichshütte.

Ein ausstellungsbegleitender Katalog ist zum Preis von 22 Euro im Museumsshop und im Buchhandel erhältlich.

Ausstellungseröffnung

Bei der Ausstellungseröffnung am Freitag (19.7.) um 19 Uhr begrüßt der Vorsitzende der Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe, Klaus Baumann, die Gäste. Eine Einführung in die Bildwelten Hugo von Königslöw gibt Stephan Sagurna. Dr. Michael Farrenkopf vom Deutschen Bergbau-Museum in Bochum berichtet von der Kooperation zwischen dem LWL-Museum Henrichshütte und dem Deutschen Bergbau-Museum. Der Eintritt zur Eröffnung ist frei.

Virtueller Rundgang durch das LWL-Museum Henrichshütte