Hattingen – Die Richter des Hattinger Schöffengerichtes verneinten am gestrigen Mittwoch (8. Januar 2025) die vom Vertreter der Staatsanwaltschaft beantragte Bewährungsstrafe. Sie verurteilten einen 32-Jährigen aus Velbert wegen grob verkehrswidrigem und rücksichtslosem Verhalten im Straßenverkehr bei seiner Fahrt im Wodantal zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Der Angeklagte ist mehrfach vorbestraft, steht noch unter Bewährung, hat keinen Führerschein und ist arbeitssuchend.
Die Ernsthaftigkeit seiner Lage wurde dem 32-Jährigen augenscheinlich erst am Ende der Urteilsbegründung bewusst, als er schimpfend aus dem Sitzungssaal stürmte.
Aber von vorn:
Am Montag, 25. September 2023 kam es kurz nach 17 Uhr zu einem folgenschweren Verkehrsunfall im Wodantal. Zwei Personen wurden dabei verletzt.
Nach damaliger Mitteilung der Polizei befuhr eine damals 28-jährige Bochumerin mit ihrem Pkw das Wodantal in Fahrtrichtung Velbert/Nierenhof. An der Schulenberger Straße beabsichtigte sie nach rechts abzubiegen. Nachdem sie jedoch feststellte, dass die Straße gesperrt war, betätigte sie den Blinker nach links, um in die Straße Raffenberg zu fahren.
Zu diesem Zeitpunkt führte der jetzt Angeklagte, der keinen Führerschein besitzt, mit einem Mietwagen-BMW, den ein Cousin angemietet hatte, ein Überholmanöver auf der Straße Wodantal durch. Auch er fuhr in Fahrtrichtung Nierenhof. Als die Bochumerin nach links abbog, kam es zur Kollision beider Fahrzeuge. Durch die Wucht des Aufpralls überschlug sich der BMW mehrfach und kam stark deformiert in der Nähe eines Flüssiggas-Tanks zum Stehen. „So ein großes Splitterfeld, wie bei diesem Unfall, sieht man auch als Polizeibeamter nicht alle Tage“, sagte ein als Zeuge geladener Polizeibeamter.
Nach Auswertung des BMW-Speichers hatte der Angeklagte 5 Sekunden vor dem Unfallereignis die Geschwindigkeit seines Wagens auf 135 km/h erhöht. Während der Hauptverhandlung wurde verdeutlicht, dass an der Unfallstelle eine Höchstgeschwindigkeit von zuerst 70, später dann 50 km/h und ein Überholverbot gelten.
Der angeklagte BMW-Fahrer aus Velbert wurde bei dem Unfall selbst schwer verletzt und mit einem Rettungshubschrauber in eine Essener Spezialklinik geflogen. Die Bochumerin erlitt einen Schock.
Im Rahmen der Unfallaufnahme erhärtete sich der Verdacht, dass der 31-jährige Velberter seinen BMW unter Drogeneinfluss geführt hat. Eine Blutprobe wurde ihm entnommen. In der Hauptverhandlung gab der Angeklagte zu, zum Zeitpunkt des Unfalls regelmäßig Cannabis konsumiert zu haben. Ansonsten könne er sich an das eigentliche Unfallereignis nicht erinnern. Aktuell würde er nur noch gelegentlich „kiffen“.
Die Polizei stellte aus dem BMW zwei Handys, 125 Gramm Marihuana, 380 Euro Bargeld sowie ein Einhandmesser sicher, welches unter das Waffengesetz fällt. Auf Antrag des Staatsanwaltes wurde dann das Verfahren wegen des verbotenen Mitführens des Einhandmessers vorläufig eingestellt. Von der Staatsanwaltschaft war im Rahmen der Anklageschrift erstaunlicherweise auch das Fahren ohne gültige Fahrerlaubnis nicht angeklagt worden.
Gleichfalls gab es keine Informationen darüber, ob der Inhalt der sichergestellten Mobiltelefone ausgewertet wurde, um ggfs. einen BTM-Handel nachweisen zu können.
Somit sah der Vertreter der Staatsanwaltschaft in seinem Plädoyer am Ende der Beweisaufnahme nicht bewiesen, dass der arbeitssuchende Angeklagte einen Handel mit Betäubungsmittel betrieben hatte.
Staatsanwalt: 16 Monate Gefängnis auf Bewährung
Unter Berücksichtigung der Einlassung des Angeklagten, seiner bei dem Unfall selbst erlittenen Verletzungen, aber auch unter Bewertung seiner zahlreichen Vorstrafen und der unter noch laufender Bewährung begangenen Tat, plädierte der Staatsanwalt auf Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe von 16 Monaten, die für 4 Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden könne. 200 gemeinnützige Arbeitsstunden sollten dem Angeklagten ebenfalls auferlegt werden sowie eine Sperre von einem Jahr, in der kein Führerschein ausgehändigt werden dürfe.
Strafverteidiger: Bitte um mildes Urteil
„Chapeau“, sagte Strafverteidiger Müller zum Staatsanwalt und bewertete damit das nach seiner Meinung ausgewogene Plädoyer des Vertreters der Staatsanwaltschaft am Ende der Beweisaufnahme. Der Strafverteidiger sah keine ausreichenden Beweismittel, um seinem Mandanten ein verkehrswidriges Verhalten nachzuweisen, beantragte dafür einen Freispruch, wegen des Mitführens einer nicht geringen Menge von Betäubungsmitteln plädierte der Rechtsanwalt, der zu Beginn des Prozesses als „Pflichtverteidiger“ für den Angeklagten bestellt wurde, für ein mildes Urteil.
Schöffengericht: 14 Monate Gefängnis ohne Bewährung
Nach längerer Beratung verkündete dann Richter Kimmeskamp, der Vorsitzende Richter des Hattinger Schöffengerichtes, das Urteil „Im Namen des Volkes“:
Wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, wegen Besitzes einer nicht geringen Menge von Betäubungsmitteln und wegen grob verkehrswidrigem Verhalten sowie Fahrens ohne Fahrerlaubnis wurde der einschlägig vorbestrafte 32-Jährige aus Velbert zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten ohne Bewährung verurteilt. „Der Angeklagte hat grob verkehrswidrig und rücksichtslos gehandelt“, so Richter Kimmeskamp in seiner ausführlichen Urteilsbegründung.
Wird das Urteil rechtskräftig, muss der Angeklagte mit der Verbüßung weiterer rund 20 Monaten Haft rechnen, die aus früheren Verfahren noch unter Bewährung „offen“ sind.
Das ist richtig. Im Grunde viel zu wenig.
Gott sei Dank ! Ich denke, dass hier jemand deutlich gezeigt hat, dass ihm Recht und Gesetz egal sind! Dass der Mann ins Gefängnis muss, ist mal eine gute Nachricht bei all den Fällen, wo solche Menschen nahezu straffrei ihrer Wege gehen und munter weiter den Mittelfinger in Richtung Gesellschaft zeigen. Bleibt zu hoffen, dass er nicht abtaucht!