WEGEN VERSUCHTEN MORDES ANGEKLAGTER SCHWEIGT

Landgericht: Der wegen versuchten Mordes an seiner Frau angeklagte Hattinger (li.) neben Strafverteidiger Rechtsanwalt Salewski. (Foto: Höffken)

Essen/Hattingen – Vor den fünf Richterinnen und Richtern des Schwurgerichtes beim Landgericht in Essen begann heute (23. August 2023) der Prozess gegen einen 43-jährigen Hattinger, der des versuchten Mordes an seiner Ehefrau angeklagt ist.

Mit 30-minütiger Verspätung begann heute morgen der Prozess. Der in Untersuchungshaft befindliche Angeklagte aus Hattingen wurde über einen gesicherten Zugang von zwei Justizwachtmeistern in den Sitzungssaal gebracht. Vorher wurden im Gerichtssaal des dritten Obergeschosses alle Fenster von einem Justizwachtmeister geschlossen.

Die Richterinnen und Richter der II. Großen Strafkammer als Schwurgericht beim Landgericht Essen. (Foto: Höffken)

Dolmetscherin übersetzte

Nach Klärung der persönlichen Daten des Angeklagten verlass dann Oberstaatsanwältin Rothe die umfangreiche Anklageschrift, deren Inhalt eine Dolmetscherin für den Angeklagten in seine Landessprache simultan übersetzte.

Die Staatsanwaltschaft beschuldigt den in Hattingen wohnenden 43-Jährigen des versuchten Mordes, der gefährlichen Körperverletzung, der versuchten Nötigung, der Beleidigung und eines Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz.

Mann schnitt seiner Frau das Gesicht auf

Am 20. Januar und am 23. Februar 2023 ereigneten sich die beiden angeklagten Taten in Hattingen.

Als die Ehefrau des Angeklagten am 20. Januar abends nach Hause kam, kam es laut Staatsanwaltschaft zu einem Streit zwischen den Eheleuten, nachdem die Ehefrau ihre Scheidung angedeutet hatte. Daraufhin soll der Angeklagte mit einem Zeitungsständer auf seine Ehefrau eingeschlagen und als dieser zerbrach, mit einem Holzstab auf den Kopf der Frau weiterhin eingeschlagen haben. Die durch die Schläge verletzte Frau sagte dann, das mit der Scheidung habe sie nicht ernst gemeint.

Der Angeklagte wurde der Wohnung verwiesen und erhielt ein 10-tägiges Rückkehrverbot. Durch den Beschluß des Familiengerichtes beim Amtsgericht Hattingen wurde dem Angeklagten dann bis Anfang Mai 2023 untersagt, sich seiner Frau weniger als 20 Metern zu nähern.

Laut Staatsanwaltschaft soll der angeklagte Hattinger dann beschlossen haben, seine Frau zu bestrafen. Er passte diese nach einer Busfahrt am 23. Februar 2023 im Bereich des Otto-Wohlgemuth-Weges ab, zeigte seiner Frau das in seiner Hand befindliche Messer und stach dann im Beisein des gemeinsamen Kindes auf Kopf und Gesicht der Frau ein. Dabei soll er laut Staatsanwaltschaft billigend den Tod der Frau in Kauf genommen haben.

Die Frau stürzte nach der ersten Messerattacke zu Boden, konnte vor Blut nichts mehr sehen und dann soll der Angeklagte ihr noch einen letzten Schnitt mit dem Messer am Hinterkopf versetzt haben.

„Wir hörten Hilfeschreie einer Frau und sahen dann sehr viel Blut“, sagte kurz nach der Tat eine Anwohnerin zu ruhrkanalNEWS. Zeugen dieser Tat kamen der Frau zur Hilfe, die später erstversorgt und schwer verletzt ins Krankenhaus transportiert wurde. Dort konnte ihr Leben durch eine Notoperation gerettet werden.

Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Schmitt, ob sich der Angeklagte zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft einlassen wolle, ließ dieser durch seinen Anwalt, Strafverteidiger Rechtsanwalt Salewski aus Hattingen, erklären, der Angeklagte wolle sich am ersten Prozesstag noch nicht zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft äußern.

Landgericht Essen (Foto: Höffken)

Gleichzeitig überreichte Strafverteidiger Salewski dem Vorsitzenden der Schwurgerichtskammer einen Brief des Angeklagten an das Hattinger Familiengericht und bat darum, dass der Vorsitzende diese Urkunde verlese. Dem widersprach dann Oberstaatsanwältin Rothe, sodass der Brief nicht verlesen wurde.

Nach Andeutungen aus dem Gericht, soll der Angeklagte in dem Brief die Übergriffe weitgehend eingeräumt, allerdings jedwede Tötungsabsicht bestritten haben.

Und dann gab es noch einen rechtlichen Hinweis des Vorsitzenden Richters, der beinhaltete, dass die Kammer des Schwurgerichtes die bisherigen Anklagevorwürfe der Staatsanwaltschaft möglicherweise noch um einen weiteren Punkt der schweren Körperverletzung ergänzen könnte, da das Strafgesetzbuch „eine dauernde Entstellung einer Geschädigten als Folge einer Straftat“ besonders bestraft.

Urteil Mitte November

Sieben Verhandlungstage hat das Schwurgericht des Landgerichtes in Essen für diesen Mordprozess eingeplant. Mit einem Urteil wird Mitte November gerechnet. RuhrkanalNEWS berichtet weiterhin über den Prozessverlauf.

Statistik: Im letzten Jahr gab es im Bereich der Kreispolizeibehörde Schwelm zwar keine Straftat gegen das Leben, aber 353 Straftaten der Gewaltkriminalität (=Steigerung um 13,5 Prozent gegenüber 2021).