Hattingen – Nach zwei Verhandlungstagen mit insgesamt elf Stunden Dauer und nach Anhörung von zehn Zeugen wurde heute (24. November 2021) ein 21-jähriger aus Sprockhövel von den Richtern*innen des Hattinger Jugendschöffengerichtes vom Vorwurf, strafbare sexuelle Handlungen gegen eine 20-Jährige begangen zu haben, freigesprochen.
„Der Angeklagte wird aus tatsächlichen Gründen freigesprochen“, begann der Vorsitzende Richter, Amtsgerichtsdirektor Dr. Amann seine Urteilsbegründung. Der Geschehensablauf aus der Anklageschrift hatte sich für das Schöffengericht am Ende der umfangreichen Beweisaufnahme nicht bestätigt.
Anfang Juni des letzten Jahres soll es bei einem Chill-Abend mit sechs Heranwachsenden, bei denen teils auch reichlich Alkohol konsumiert wurde, zu der angeklagten Tat gekommen sein. Als vier der sechs Personen in der kleinen Wohnung, in der die Zusammenkunft stattfand, wegen des Alkoholkonsums dort übernachten wollten, benutzten dazu ein junger Mann und eine Frau das Schlafzimmer und die andere Frau und der Angeklagte teilten sich die Auszieh-Couch im Wohnzimmer.
Auf dieser Couch soll dann der Angeklagte während der Nacht strafbare sexuelle Handlungen an der neben ihm schlafenden 20-Jährigen begangen haben. Auf die Schilderung von Details wird hier verzichtet.
Für das Schöffengericht stand heute jedoch fest, dass sich das „Kerngeschehen“ aus der Anklageschrift nach Anhörung aller Zeugen nicht bestätigt hat. Die Zeugenaussagen wichen teils erheblich voneinander ab. „Die Gemengelage“, so Amtsgerichtsdirektor Dr. Amann, „konnte auch nach zwei Gerichtstagen nicht endgültig aufgeklärt werden“, zumal auch der Angeklagte umfassend seine Version des Geschehens ausgesagt hatte und es gilt immer noch “in dubio pro reo“ (Im Zweifel für den Angeklagten).
Der Staatsanwalt hatte vorher in seinem Plädoyer für den bisher nicht vorbestraften Angeklagten wegen des nach Auffassung der Staatsanwaltschaft vorgefallenen sexuellen Übergriffs eine Jugendstrafe von acht Monaten gefordert, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Zusätzlich sollte der Angeklagte aus Sprockhövel 150 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten.
Das sah Strafverteidiger Rechtsanwalt Odebralski in seinem Plädoyer vollkommen anders. Bei der sexuellen Handlung seines Mandanten am Tattag bei der eng neben ihm liegenden schlafenden 20-Jährigen sei der vom Gesetz erforderliche „entgegenstehende Wille“ der Frau nicht zu erkennen gewesen. „Mein Mandant hat nicht gegen den erkennbaren Willen der jungen Frau gehandelt“, führte der Strafverteidiger aus. Vielmehr sei das Ganze ein großes Missverständnis gewesen, zumal es auch schon am Abend einen einvernehmlichen Kuss zwischen dem Angeklagten und der 20-Jährigen gegeben habe. Seinem Antrag auf Freispruch für seinen Mandanten folgten dann die Richter*innen des Jugendschöffengerichtes nach längerer Beratung. Sie sahen es als nicht bewiesen an, dass die Handlungen des Angeklagten vorsätzlich gegen den erkennbaren Willen der jungen Frau erfolgten, bzw. dass die strafrechtlichen Voraussetzungen für eine Verurteilung erfüllt seien.