Hattingen – Vor dem Strafrichter des Amtsgerichtes hatte sich heute (12. Februar 2025) ein 58-Jähriger zu verantworten. Wiederholt soll der Angeklagte städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedroht und beleidigt haben. Auch der mehrmalige Missbrauch von Notrufeinrichtungen war angeklagt.
Auch der dritte angesetzte Termin in dieser Strafsache verlief heute zuerst nicht reibungslos. Der Angeklagte war dieses Mal zwar erschienen, dafür fehlte an diesem Mittwochmorgen bei Beginn um 9 Uhr der Vertreter der Staatsanwaltschaft (STA). Der Staatsanwaltschaft schien nicht bekannt gewesen zu sein, dass sich der für den heutigen Termin eingesetzte und dem Amtsgericht benannte Vertreter der STA derzeit in Elternzeit befindet. Nach einigen Telefongesprächen des Vorsitzenden Richters wurde dann ein sich heute im homeoffice befindlicher Staatsanwalt aus einer Nachbarstadt in das Hattinger Amtsgericht beordert, sodass die Hauptverhandlung mit 45 Minuten Verspätung beginnen konnte.
Bereits 27 Jahre in Gefängnissen verbracht
8 Handlungen wurden dann dem 58-jährigen wohnungslosen Angeklagten zur Last gelegt, die er im Jahre 2023 begangen haben soll. Der Justiz ist der Angeklagte kein Unbekannter. Wie dieser vor Gericht selbst schilderte, hat der 58-Jährige ohne festen Wohnsitz bisher in seinem Leben 27 Jahre in Strafanstalten verbracht. Nachdem der Angeklagte beim letzten Gerichtstermin am Ende August 2024 nicht erschienen war, wurde ein Haftbefehl gegen ihn erlassen und dem 58-Jährigen nach seiner Festnahme am 07. November 2024 verkündet. Nach 35 Tagen Freiheitsentzug wurde er dann Mitte Dezember 2024 aus der Untersuchungshaft entlassen.
Nach Ableistung einer früheren Freiheitsstrafe, kam der wohnungslose Angeklagte 2023 nach Hattingen und wurde in einer Unterkunft auf der Werksstraße untergebracht. Nach eigener Einschätzung des Angeklagten vermisste dieser eine entsprechende Unterstützung zu seiner Resozialisierung nach erfolgter Verbüßung der Haft. „Ich stehe unter Führungsaufsicht, die machen aber viel zu wenig bei der Bewährungshilfe“, so der 58-Jährige wortgewandt gegenüber dem Strafrichter.
Nach RuhrkanalNEWS vorliegenden Informationen soll der wohnungslose Angeklagte in der Vergangenheit mit der ihm durch die Stadt Hattingen verschafften Wohnmöglichkeit auf der Werksstraße 40 nicht einverstanden gewesen sein. Ein diesbezüglich von ihm gegen die Stadtverwaltung gerichtlich angestrengtes Verfahren beim Verwaltungsgericht Arnsberg ergab beim Ortstermin keine Beanstandung durch die extra angereiste Richterin, die die Unterbringungsmöglichkeit zwar nicht als luxuriös, aber als annehmbar bewertet haben soll.
Städtische Bedienstete bedroht und beleidigt – Böswillige Alarmierungen der Feuerwehr
Und dann gab es zwischen Juni und September 2023 immer wieder persönliche und telefonische Bedrohungen städtischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, so die Vorwürfe aus der Anklageschrift. Die geäußerten Beleidigungen waren teilweise dabei „weit unter der Gürtellinie“. Auf die Nennung von Details wird aus Anstandsgründen verzichtet. Einige der acht angeklagten Handlungen räumte der Angeklagte über seinen Verteidiger ein, ließ aber keine Rückfragen in der Sache vom Gericht zu.
Feuerwehreinsatz Am Stahlwerk / Jobcenter (Foto: RuhrkanalNEWS)
Und dann waren da auch noch der Missbrauch von Notrufen. Am 18. Juni 2023 wurde der Feuerwehr Hattingen ein angeblicher Dachstuhlbrand im Sozialamt auf der Hüttenstraße 43 gemeldet, bei dem sich noch Personen im Gebäude befinden sollten. Der ausgerückte Löschzug der Feuerwehr konnte dann keine diesbezüglichen Feststellungen machen.
Am 04. August 2023 erhielt die Feuerwehr gegen Mitternacht einen Anruf, dass es im Hause von Hattingens Bürgermeister brennen sollte. Auch hier gab es von den ausgerückten Kräften vor Ort keine Feststellungen zu einem Einsatzgeschehen.
Die Recherchen der Polizei ergaben später, dass das Handy, von dem die Feuerwehr angerufen wurde, dem Angeklagten zuzuordnen war. Dieser wiederum erklärte dazu, in der Gemeinschaftsunterkunft auf der Werksstraße hätte sich auch jeder andere der dort Untergebrachten sein Handy nehmen und entsprechend damit anrufen können, er wäre es jedenfalls nicht gewesen.
Weitere Vorwürfe gegen den Angeklagten, die unserer Redaktion bekannt sind, waren heute nicht Gegenstand des Verfahrens. Laut Mitteilung der Staatsanwaltschaft Essen gibt es allerdings beim Amtsgericht in Essen noch ein weiteres Verfahren gegen den Angeklagten wegen Betrugs.
Am Ende der heutigen Beweisaufnahme plädierte der Staatsanwalt an den Strafrichter, gegen den teils geständigen und mehrfach vorbestraften Angeklagten wegen Beleidigung und Bedrohung sowie wegen des Missbrauchs von Notrufen eine Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Monaten zu verhängen, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Auf Antrag des Staatsanwaltes wurde der Anklagevorwurf wegen des Missbrauchs von Notrufeinrichtungen hinsichtlich des gemeldeten Brandes im Wohnhauses des Bürgermeisters im Hinblick auf die sonstige Straferwartung vorläufig eingestellt.
„Im Namen des Volkes: Bewährungsstrafe verkündet“
Der Strafverteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Klisch, beantragte wegen des angeklagten Missbrauchs von Notrufen einen Freispruch für seinen Mandanten, da auch andere Bewohner der städtischen Gemeinschaftsunterkunft das Handy seines Mandanten benutzt haben könnten. Er plädierte auf Verhängung einer Geldstrafe wegen der eingeräumten Beleidigungen.
Richter Kimmeskamp verurteilte dann den 58-jährigen wohnungslosen Angeklagten wegen Beleidigung und Bedrohung sowie wegen Missbrauchs von Notrufen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Monaten, die er für zwei Jahre zur Bewährung aussetzte. In dieser Zeit muss sich der Angeklagte straffrei führen und jeden Wohnsitzwechsel dem Gericht anzeigen.
Gegen das Urteil kann der Angeklagte noch Rechtsmittel einlegen.