KOMMENTAR: VON FINGERSPITZENGEFÜHL UND RECHTSSTAAT BEI DEMOS

Der RuhrkanalNEWS-Kommentar (Grafik: RuhrkanalNEWS)

Die „Montagstrommler“ nerven Woche für Woche viele Menschen in Hattingen. Trotzdem kommen die meisten von ihnen immer wieder aus anderen Städten hierhin, um ihre befremdlichen, oft unverständlichen Forderungen zu postulieren. Ein Kommentar von RuhrkanalNEWS-Redakteur Frank Strohdiek

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Mal wieder fallen Mitarbeitende des Hattinger Ordnungsamtes dadurch auf, dass sie das nötige Augenmaß vermissen lassen. Das ist ein Verhalten, das sich über die Jahre immer wieder zeigt. Sei es im Umgang mit jungen Menschen am Skate-Park, sei es bei Presseterminen der Stadt, zu denen der Bürgermeister eingeladen hat oder eben jetzt bei der Demo gegen die „Montagstrommler“ in Welper. Natürlich, die Mitarbeitenden müssen die Ortssatzung durchsetzen und ein Auge auf den ruhenden Verkehr haben. Damit machen sie sich in den seltensten Fällen Freunde. Aber eine Ordnungsstrafe gegen jemanden zu verhängen, der symbolträchtig eine Mülltonne als Demonstrationsmittel verwendet und bei dem klar ist, dass es nach der Demo wieder mitgenommen wird, zeugt von einer gewissen Borniertheit. Die Sache hätte sich in einem kurzen Gespräch sicher klären lassen, ohne gleich die große Keule des Ortsrechts auszupacken. Immerhin: Die Stadt hat zeitnah deutlich gemacht, dass sie keine Ordnungswidrigkeit in einer leeren (!) Mülltonne bei einer Demo sieht und die angedrohte Strafe nicht eintreiben wird.

Nichts desto trotz: Wir müssen darüber reden, wie Behörden mit Bürgerinnen und Bürgern umgehen. Das Verhalten vom 8. April 2024 in Welper erinnert an wilhelminische Behördentraditionen, nach denen Bürger:innen als „Untertanen“ und nicht auf Augenhöhe behandelt werden. Eine Haltung, die heutzutage glücklicherweise passé sein sollte. Möglicherweise würde es helfen, wenn innerhalb der Stadtverwaltung geklärt wird, wie die Mitarbeitenden nach außen auftreten und sich gegenüber Mitmenschen verhalten. Dass das nicht in einer öffentlichen Veranstaltung geschieht und die betreffenden Menschen nicht an den „Pranger gestellt“ werden, sollte selbstverständlich sein.

„Montagstrommler“ in Welper (Archivbild: RuhrkanalNEWS)

Der Anlass für den Mülltonnen-Protest ist etwas, was viele Bürger:innen in Hattingen seit inzwischen mehreren Jahren größtenteils nervt. Zunächst die Bewohnenden der Südstadt, seit dem 8. April 2024 auch in die in Welper. Aber die Einschätzung „die nerven!“ ist keine Grundlage, nach der in Deutschland rechtsstaatliche Entscheidungen getroffen werden. Die „Montagstrommler“ dürfen jederzeit ihre Demos anmelden. Selbst wenn den wenigsten ersichtlich wird, was sie eigentlich wollen und wenn sie dadurch wöchentlich Polizeikräfte binden. Damit sind aber auch Gegendemos zulässig. Sie müssen unter den gleichen rechtlichen Rahmenbedingungen durchgeführt werden können. Nach meiner Einschätzung geschieht das in Hattingen bisher auch. Kleinigkeiten, die mal auf der einen, mal auf der anderen Seite beanstandet werden, zeugen für mich nicht von der systematischen Benachteiligung einer Gruppe. Aber, auch das sei an dieser Stelle deutlich gesagt, ich bin kein Jurist.

Was bei den „Montagstrommlern“ allerdings immer offensichtlicher zutage tritt, ist, dass es gar nicht mehr um Inhalte geht. Schlagworte der Demos wechseln im Wochentakt, die Forderungen pendeln meistens zwischen absurd und hanebüchen. Dass es vorrangig um Provokation geht, zeigt sich auch an Demorouten und -standorten. Kaum hat das Bürgerzentrum Holschentor einen „Ruheraum“ für Menschen aus der Südstadt eingerichtet, die unter dem wöchentlichen Lärm leiden, melden die „Montagstrommler“ erstmalig eine Route an, die am Holschentor vorbeiführt. Um die Provokation auf die Spitze zu treiben, legen sie mit ihrem Zug vor dem Bürgerzentrum eine Marschpause ein.

In Welper lärmen sie mit ihren Forderungen direkt vor einem Seniorenheim. Auch hier hat es den Eindruck, als sei der Platz so gewählt, dass er einen möglichst großen Nerv-Faktor hat. Sowohl die geänderte Demoroute am Holschentor vorbei als auch der Standort in Welper sind rechtlich wahrscheinlich nicht zu beanstanden. Selbst wenn einige sich über beides ärgern, ich sehe es positiv: Die „Montagstrommler“ entlarven sich selbst. Aber hier gehört es ebenfalls zur Ehrlichkeit, dass ich gut Reden habe: Ich wohne da nicht.

6 Kommentare zu "KOMMENTAR: VON FINGERSPITZENGEFÜHL UND RECHTSSTAAT BEI DEMOS"

  1. Bernd Loewe | 14. April 2024 um 18:49 |

    MitarbeiterInnen des Ordnungsamtes sollten sich stets respektvoll und professionell verhalten. Bei der Aufklärung von BürgerInnen über Regeln und Vorschriften sollte grundsätzlich Geduld und Verständnis an den Tag gelegt werden. Sie sollten klar und sachlich erklären, warum bestimmte Maßnahmen notwendig sind und welche Konsequenzen bei Nichteinhaltung drohen. In dem Fall der „missbräuchlichen Nutzung einer Mülltonne“ wäre aus meiner Sicht eine Aufklärung angemessen und ausreichend gewesen.

  2. Immanuel Kant | 14. April 2024 um 21:19 |

    Bewundernswert wie sich die Stadtspitze öffentlichkeitswirksam vor ihre Mitarbeiter stellt.

  3. Der Observer | 14. April 2024 um 22:32 |

    Die Doppelmoral in dem Beitrag ist buchstäblich greifbar und auch der Kommentar zeigt deutlich, dass hier mal wieder mit zweierlei Maß gemessen wird.
    Sowohl Polizei als auch Ordnungsamtmitarbeiter haben die Gegendemonstranten auf ihr Felverhalten hingewiesen, nur waren diese dermaßen überzeugt von dem Recht sich über Rechte und Vorschriften hinwegsetzen zu können, dass eine Anzeige erfolgte.
    Nun wird mit allen Mittel versucht das Ganze so zu drehen, als wären es die Mitarbeiter des Oednungsamtes, die sich falsch verhalten haben, weil sie keinen Kotau vor diesen Wichtigtuern um Harms und Co. gemacht haben und diese so behandelt haben wie jeden anderen Bürger auch! Erbärmlich und ich hoffe, dass auch der Bürgermeister für seine politische Einflußnahme einen „Einlauf“ bekommt, wie man bei uns Handwerkern so sagt!

  4. Bernd Loewe | 14. April 2024 um 23:37 |

    Lieber Handwerker Observer, ihre Probleme möchte ich nicht haben. Tagtäglich werden „richtige“ Ordnungswidrigkeiten begangen, die nicht geahndet werden. Wenn ich alleine an unsere Fußgängerzone denke, E-Scooter, Regeln für Radfahrer, Transporter außerhalb der zugelassenen Anlieferungszeiten und so weiter. Da ist das mitführen einer Mülltonne als Gag geradezu ein Vogelschiß.

  5. Zu den Routen der Montagsdemos: „Dass es vorrangig um Provokation geht, zeigt sich auch an Demorouten und -standorten. Kaum hat das Bürgerzentrum Holschentor einen „Ruheraum“ für Menschen aus der Südstadt eingerichtet, die unter dem wöchentlichen Lärm leiden, melden die „Montagstrommler“ erstmalig eine Route an, die am Holschentor vorbeiführt. Um die Provokation auf die Spitze zu treiben, legen sie mit ihrem Zug vor dem Bürgerzentrum eine Marschpause ein.“ Danke für die Erwähnung dieser dubiosen Strategien. Die wären meiner Meinung nach eine Anzeige wert.

  6. Montagstrommler*innen !

    Bitte dann auch richtig:
    Montagstrommler:innen oder Montagstrommelnde 🙂
    Die Redaktion

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