EIN WOHNZIMMER MITTEN IN DER STADT

"Livingroom" am Untermarkt (Foto: Holger Greosz)

Hattingen- Der Untermarkt war am Samstagnachmittag (3. Mai 2025) nicht nur Kulisse, sondern Hauptdarsteller: Mitten im historischen Herzen der Altstadt verwandelte sich der Platz durch die Skulptur „Livingroom“ der Bochumer Bildhauerin Dorothee Bielfeld in einen offenen Ort der Begegnung. Das Auftakt-Event des Projekts „Stadtbesetzung“ begann trotz Nieselregen mit einem starken Zeichen: Kunst gehört nicht hinter Museumsmauern – sie darf mitten ins Leben treten. Und genau das geschah.

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Hattingen liegt am Übergang zwischen urbaner und ländlicher Welt – mit der Ruhr als verbindendem Element. Genau hier setzt die „Stadtbesetzung 2025“ an: ein landesgefördertes Kunstprojekt, das Räume öffnet, Fragen stellt und Perspektiven verschiebt. Die wandelbare Skulptur „Livingroom“ ist dabei nicht nur Kunstobjekt, sondern auch Bühne, Ort des Austauschs und Anlass zur Bewegung – im wörtlichen wie übertragenen Sinn.

Slideshow „Livingroom“ © RuhrkanalNEWS Holger Grosz

Drei symbolische Orte in Hattingen werden in den kommenden Wochen Schauplatz dieser Kunstaktion: Nach dem Untermarkt zieht das Objekt weiter nach Blankenstein und später auf die Ruhrwiese. Überall dort wird nicht nur die Skulptur selbst wirken – sondern auch begleitende künstlerische Veranstaltungen neue Impulse geben.

Am Samstag um 17 Uhr eröffnete Bürgermeister Dirk Glaser offiziell die Aktion. Die Zahl der Gäste war wetterbedingt überschaubar, doch genau das verlieh der Veranstaltung einen intimen, fast familiären Charakter. Der „harte Kern“ war da – jene, die sich von feuchtem Wetter nicht abschrecken lassen, sondern die Neugier siegt.

Im Mittelpunkt: Tänzerin Marcela Ruiz Quintero. Noch während Helfer das Kunstwerk mit Tüchern vom Regenwasser befreiten, um eine Rutschpartie zu vermeiden, betrat sie die Szene. Sie tanzte mit, auf und um die Skulptur herum, verband Körper und Raum, Kunst und Bewegung – ein intensives Wechselspiel zwischen Nähe und Distanz. Ihre Performance war leise und eindrucksvoll zugleich: ein Dialog zwischen Mensch, Objekt und Umgebung.

Kunst und Aktion (Foto: Holger Grosz)

Dann geschah das, was dieses Kunstwerk besonders macht: Es wurde bewegt. Gemeinsam mit dem Publikum wurde das Objekt auf eine Seite gedreht – es veränderte seine Form, seinen Ausdruck, seinen Raum. Plötzlich war da ein neuer „Livingroom“ – ein anderer, offener, experimenteller. Marcela Ruiz Quintero reagierte darauf, passte sich an, ließ neue Bewegungen entstehen.

Dieser Vorgang wiederholte sich mehrmals – und jedes Mal war es, als würde ein neues Kapitel aufgeschlagen. Mit jedem Dreh entstand ein neuer Spielraum. Doch nie verlor die Tänzerin den Kontakt zum Publikum. Im Gegenteil: Am Ende lud sie alle zum Mittanzen ein. Und viele machten mit – ob zögerlich oder voller Elan. Vor allem Kinder zeigten, wie einfach es sein kann, sich auf Kunst einzulassen.

Nach der Performance verlagerte sich die Aktion ganz organisch ins Krämersdorf – genauer gesagt in die Spinnerei. Hier wurden kalte Getränke serviert, aber auch Ideen, Gedanken und Eindrücke geteilt. Ein gelungener Übergang vom Kunstmoment zur Begegnung. Und ein weiterer Beleg dafür, wie gut die Spinnerei als kreativer Treffpunkt in der Hattinger Altstadt funktioniert: charmant, zentral, offen für alle.

Künstlerin Dorothea Bielefeld (Foto: Holger Grosz)

Noch bis zum 22. Mai bleibt die Skulptur auf dem Untermarkt. Danach wird sie auf dem Marktplatz in Blankenstein aufgebaut – inklusive eines Walkacts am 6. Juni, passend zum Butterbrotmarkt. Weiter geht’s zur Ruhrwiese, wo am 4. Juli eine After-Work-Party mit Kunstcharakter geplant ist. So zieht das Wohnzimmer weiter durch Hattingen – und mit ihm die Idee, dass Kunst nicht stillsteht, sondern mit uns geht.

Das Kunstprojekt „Stadtbesetzung“ zeigt, wie viel entstehen kann, wenn man sich auf Neues einlässt. Wer am Samstag vor Ort war, wurde Zeuge eines stillen Wunders: wie sich ein regennasser Marktplatz in ein Spielfeld verwandelte, wie Kunst nicht belehrt, sondern einlädt – und wie aus einem Kunstobjekt ein Erlebnis wurde, das man nicht so schnell vergisst.