Hattingen- Das Altstadtfest 2025 hat einmal mehr gezeigt, wie vielfältig und lebendig die lokale Kulturszene sein kann. Während einige Acts das Publikum restlos begeisterten und neue Lieblingsplätze geschaffen wurden, gab es doch auch Momente, in denen das Potenzial nicht ganz ausgeschöpft wurde. Ein Rückblick auf ein Wochenende voller Musik, Tanz und Begegnungen.
Tanzen bis zum Morgengrauen und Meisterhafte Kurse
Ein unumstrittenes Highlight war „Let’s Dance“, ein Programmpunkt, der bei den Besuchern für große Begeisterung sorgte. Besonders die Meisterklassen wurden vielfach gelobt und zeigten, welch hoher Standard hier geboten wurde. Es ist deutlich spürbar, dass der Wunsch nach aktiver Teilnahme und qualifizierten Angeboten groß ist.
Vom Stillstand zur Faszination: Die musikalischen Kontraste
Der musikalische Auftakt durch Mathis Kloss nach der Tanzschule hinterließ ein gemischtes Gefühl. Trotz seiner Position als Opener schien sein Auftritt die Erwartungen nicht ganz zu erfüllen. „Es war nichts zum Stehen bleiben“, hieß es. Die Präsentation seiner Lieder wirkte eher wie ein simples Vorsingen als eine Performance, die zum Verweilen einlädt. Wenn ein Künstler für seinen Auftritt Geld verlangt, erwartet das Publikum zurecht mehr als eine Schülerband-Darbietung. Hier wurde eine Chance vergeben, die Energie des Festes von Beginn an auf ein höheres Niveau zu heben.
Mrs. Hippie im Kleines Café © RuhrkanalNEWS Holger Grosz
Das krasse Gegenteil dazu bot „Mrs. Hippie“, im „Kleines Café – bei Fiete“. Ihre Darbietung war „grandios, fesselnd, faszinierend“, so die Aussage eines Besuchers. Mit eigenen Songs, die Tiefgang bewiesen, aber auch geschickt ausgewählten Coverversionen von Klassikern, die wirklich zu ihr passten und nicht nur „Gassenhauer“ waren, zog die Künstlerin das Publikum in ihren Bann. Begleitet von einer Zwölfsaiter-Gitarre, die „was wegschafft“, und einem kleinen Keyboard, war es jedoch ihre Stimme, die am meisten beeindruckte. Sie zu beschreiben als einfach nur „gut singen könnend“, wäre eine Untertreibung – Mrs. Hippie setzte ihre Stimme bewusst und gezielt ein. Die anfänglich überschaubare Zuschauerzahl stieg schnell, was die Qualität ihrer Performance unterstrich. Schade nur, dass die Luft bei den Besuchern am dritten Altstadtfesttag spürbar raus war; an den zwei Tagen zuvor war es deutlich voller.
„Nici & The Juicybillies“ bewiesen einmal mehr, dass Rockabilly immer geht. Mit Akustikbass, Gretsch Halbakustik und dem obligatorischen roten Petticoat erwartete man vielleicht die typischen 50er-Jahre-Hits – wurde aber positiv überrascht. Die „schon überall mehrfach gehörten Top 40“ erklangen in einem erfrischend anderen Rockabilly-Stil. Selbst an einem Sonntag war der Platz vor der Bühne gut gefüllt und bot aber noch genügend Raum für einen Line Dance zu Johnny Cash. Auch Billy Idols „White Wedding“ fand im Rockabilly-Gewand seinen Platz. Der Gitarrist beherrschte sämtliche Rockabilly-Sounds perfekt und sorgte für sichtlich begeistertes Sonntagspublikum.
Vielfältig und bunt so war das Altstadtfest © RuhrkanalNEWS Holger Grosz
Die Macht des Basses: DJs im Krämersdorf
Die Verlegung der DJs ins Krämersdorf wurde anfangs mit Skepsis betrachtet, erwies sich jedoch als ausgezeichnete Idee. Das Aufdrehen der Anlage von DJ Quicksilver mit ihrem „Doppelwums“ – 2×4000 Watt – war beeindruckend. Gegen 17:30 Uhr füllte sich das Krämersdorf, und die Basssalven aus den Subwoofern wirkten wie ein Theatereinläuten. Kurz nach 18 Uhr übernahm DJ Quicksilver das Ruder, und der Platz bebte. Es ging ordentlich die Post ab, und Orhan hatte seine Fans fest im Griff, als wären sie ferngesteuert von seinen Turntables. Auch wenn das Programm primär für die Jugend gedacht war, tanzten selbst die Ü60-Besucher ausgelassen auf Tischen und Bänken.
Allerdings birgt die Verlagerung ins Krämersdorf, einem fast rundum abgeschlossenen Hof, auch eine Kehrseite: Der Schall kann kaum entweichen. Während die Idee bei den Besuchern Begeisterung hervorrief, haben einige Anwohner die Intensität als Belastung empfunden. Am Freitag endete die Beschallung um 23 Uhr, am Samstag um 23:30 Uhr. Am Sonntagabend legte DJ Quicksilver bei der Lautstärke noch eine Schippe drauf. Hier ist in Zukunft möglicherweise eine bessere Abwägung zwischen Besucherbegeisterung und Anwohnerschutz nötig. Das Gefühl einiger Besucher im Kämersdorf, die Bässe verhielten sich wie „Kugelblitze“, verdeutlicht die immense Energie, die hier freigesetzt wurde.
Neue Räume und alte Probleme
Der geschaffene Platz auf dem Untermarkt wurde von den Gastronomen hervorragend für zusätzliche Außenplätze genutzt und war – bis auf Samstag – stets belebt. Er entwickelte sich zu einem zentralen Treffpunkt, von dem aus die Bühnen schnell erreichbar waren. Auch das Bermudadreieck blieb teilweise erhalten und wurde als Treffpunkt gut angenommen, eine weitere Verweilfläche, die jahrelang nur am Donnerstag genutzt wurde.
Am Bunker hingegen fehlte die zündende musikalische Attraktion. Die Forderung aus den sozialen Medien, die DJs an den Bunker zu verlegen, ist nachvollziehbar. Hierfür wäre jedoch eine angemessene DJ-Bühne mit Lichtfeuerwerk für die Tanzfläche wünschenswert, anstelle eines „Hamsterkäfigs“ wie im Krämersdorf, der oft als Missachtung der Künstler wahrgenommen wurde.
Slideshow mit allen Fotos vom Sonntag © RuhrkanalNEWS Holger Grosz
Die charmanten Nebenplätze und ein echter Geheimtipp
Positiv hervorzuheben sind die vielen Nebenschauplätze, die entstanden sind. Das „Nette Hattingen“ in der kleinen Weilstraße präsentierte sich mit allem, was das Herz begehrt. Wer einmal dort war und einen der Liegestühle ergattert hatte, wollte kaum wieder weg – ein Ort zum Verweilen, Unterhalten, Essen, Trinken und Kennenlernen gutgelaunter Menschen.
Auch das „Afrikanische Dorf“ im St. Georgsviertel war eine Bereicherung. Es wurde sogar von Afrikanern gesucht, die von der Straßenbahnhaltestelle durch die Musik am Bunker angelockt wurden. In deren Community war es als „Afrikanisches Dorf“ kommuniziert worden. Dieser Ort bot die Möglichkeit, Fremdes zu entdecken, afrikanische Küche zu genießen und die ganz besondere, gelassene Atmosphäre auf sich wirken zu lassen. Für die „Schnitzelfraktion“ war es vielleicht gewöhnungsbedürftig, aber wer sich darauf einlassen konnte, erlebte etwas Großartiges.
Ein persönlicher Geheimtipp war das Programm vor dem „Kleines Café – bei Fiete“. Die drei Bands oder Musik-Acts, egal welcher Schublade, waren einfach großes Kino. Hier fand das „echte Altstadtfestfeeling“ statt, das viele Ältere so oft vermissen.
Fazit: Das Potenzial für die Zukunft
Der geschaffene Platz auf dem Untermarkt wurde von den Gastronomen hervorragend für zusätzliche Außenplätze genutzt und war – mit Ausnahme des Samstags – durchweg belebt. Hier trafen sich die Menschen und waren schnell an den Bühnen, wenn es losging. Auch das Bermudadreieck blieb teilweise erhalten und wurde zu einem beliebten Treffpunkt, einem Ort, der jahrelang nur am Donnerstag genutzt wurde.
Am Bunker fehlte allerdings das musikalische Highlight. Ob es wieder eine Band aus dem Umfeld der MIHA wird oder nicht – die Finanzierung ist hier der Knackpunkt. Um ein hochwertiges Programm auch künftig stemmen zu können, muss der Stadtmarketingverein seine Anstrengungen verstärken, Sponsoren zu gewinnen. Ziel muss es sein, dass zu jedem Euro des Stadtmarketings mindestens vier oder fünf Euro an Sponsorengeldern hinzukommen. Nur so lässt sich die gewünschte Qualität nachhaltig sichern und das Altstadtfest weiterhin zu einem attraktiven Erlebnis auch für Besucherinnen und Besucher aus anderen Städten machen. Andernfalls ist es über kurz oder lang Geschichte oder eben nur noch ein kleines, unbedeutendes Fest, wie so viele andere auch.
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