AKTIONSWOCHE FÜR TOLERANZ UND DEMOKRATIE STARTETE

Thomas Weiß spricht über das jüdische Leben in Hattingen (Foto: Holger Grosz)

Hattingen- Mit einer bewegenden Auftaktveranstaltung begann am Donnerstag (7. November 2024) die Gedenk- und Aktionswoche für Toleranz und Demokratie gegen das Vergessen. Veranstaltet wurde Veranstaltung vom Heimatverein Blankenstein in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Hattingen. Der Stadtarchivar Thomas Weiß eröffnete den Abend mit packenden Erzählungen und akkuratem Detailwissen und zog damit das fachkundige Publikum in seinen Bann.

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Jüdisches Leben in Blankenstein

Die jüdische Geschichte Blankensteins reicht bis in das Jahr 1818 zurück. Nach Jahrhunderten ohne jüdisches Leben siedelte sich ein jüdischer Schlachter an, der bald auf Ablehnung und Vorurteile stieß. Damals verbreitete Behörden Warnungen vor angeblichen jüdischen Diebesbanden und Wucherern, die man als „fehlende Integration“ einstufte – eine besorgniserregende Parallele zu Vorurteilen heutiger Zeit. Das Gesetz von 1826 zwang jüdische Familien zu festen Vor- und Nachnamen. So entstanden die Namen Blume, Goldstein und Rosenberg. Die Familie Blume, die sich später voll integrieren sollte, war die erste jüdische Familie in Blankenstein. 

Fotos © RuhrkanalNEWS Holger Grosz

Bürgerlicher Held und Opfer der Verfolgung

Max Blume, ein Mitglied der jüdischen Familie, prägte Blankenstein mit seinem Engagement. Er gründete die Freiwillige Feuerwehr und kämpfte als Kriegsheld im Ersten Weltkrieg. Seine lokale Bekanntheit und das hohe Ansehen seiner Familie erlangten neue Bedeutung, als 1923 französische Besatzungstruppen ins Ruhrgebiet einmarschierten und gezielt Führungspersönlichkeiten festnahmen. Blume, zusammen mit Heinrich Puth und dem Blankensteiner Amtmann Thiel, wurde als prominenter Bürger von Blankenstein für zwei Wochen in Geiselhaft genommen. Dieser Vorfall unterstreicht, wie tief die Familie Blume im gesellschaftlichen Leben verankert war. Doch trotz ihres Ansehens war die Familie den Grausamkeiten des nationalsozialistischen Regimes ausgeliefert.

Verfolgung der Familie Blume

Die Nationalsozialisten galten in den 1930er Jahren vielen als vorübergehendes Phänomen. Doch das erwies sich als trügerisch: 1938 wurde der Laden der Familie Blume verwüstet, und SS-Soldaten postierten sich vor dem Geschäft. Wer den Mut aufbrachte, dort einzukaufen, sah seinen Namen wenig später im NS-Hetzblatt „Der Stürmer“. Selbst Egon Strathmann, ein Blankensteiner, wurde dort namentlich erwähnt. Max Blume und sein Sohn Günter wurden verhaftet und zur „Arisierung“ gezwungen, das Geschäft und ihr Haus unter Druck zu verkaufen. Max Blume starb 1939 an einer Lungenentzündung, während sein Sohn Günter nach Argentinien fliehen konnte. Meta Blume, Max‘ Ehefrau, wurde 1942 in das Durchgangsghetto Samosc deportiert und ermordet. 

Egon Stratmann und die Stolperstein-Initiative

2004 setzte der Blankensteiner Künstler Egon Stratmann ein Zeichen des Gedenkens. Stratmann, der Sohn jenes Egon Strathmann, der einst bei Max Blume eingekauft hatte, initiierte die Stolperstein-Aktion für Hattingen, die seither unzählige Biografien jüdischer Opfer in das Gedächtnis der Stadt eingraviert. Der Stolperstein von Max Blume erinnert bis heute an die Geschichte und das Schicksal der Familie Blume, unterstützt vom Förderverein des Stadtmuseums Hattingen.

Mahnung zur Erinnerung

Die Auftaktveranstaltung „Jüdisches Leben in Blankenstein“ hat eindrucksvoll gezeigt, wie tief jüdische Mitbürger das Leben in Hattingen mitgestaltet und welche tragischen Verluste die nationalsozialistische Verfolgung bewirkt hat. Die Geschichte der Familie Blume ist nur eine von vielen, und diese neue Veranstaltungsreihe will sicherstellen, dass die Erinnerung an das jüdische Leben in Blankenstein wachgehalten wird – als Mahnung und Auftrag an kommende Generationen, Haltung zu zeigen.

2 Kommentare zu "AKTIONSWOCHE FÜR TOLERANZ UND DEMOKRATIE STARTETE"

  1. Hans Hartung | 8. November 2024 um 15:33 |

    Sehr gute Zusammenfassung des Berichtes von Thomas Weiß und den Geschehnissen in Blankenstein. Dank an den Heimatverein, der dieses Thema nach früheren Irritationen wieder aufgriff.

  2. Robin Hood | 8. November 2024 um 19:38 |

    Immer wieder der banne Blick in die Vergangenheit, aber im Hier und Jetzt sehe ich Euch nicht, wenn es um das Leben von Juden geht, die gerade von propalästinensischen Brüdern und Schwestern drangsaliert und schikaniert werden. Es ist ja auch so bequem und man steht trotzdem gut da, begibt sich nicht in Gefahr und kann so sagen, dass man gegen Antisemitismus „aufgestanden ist“. Lippenbekenntnisse….

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