POLIZEIHUND BEISST PASSANTIN IN KOPF, ARM UND FINGER – VERWARNUNG MIT STRAFVORBEHALT FÜR DEN HUNDEFÜHRER

Die durch die Attacken eines Polizeihundes schwer verletzte Hattingerin (re.) beim Betreten des Amtsgerichtes mit ihrem Bruder. (Foto: Höffken)

Hattingen – Vor dem Strafrichter des Amtsgerichtes hatte sich am heutigen Mittwoch (18. September 2024) unter großem überregionalen Medieninteresse, ein 45jähriger früherer Hundeführer der Polizei zu verantworten. Die Staatsanwaltschaft hatte ihn wegen fahrlässiger Körperverletzung und Verletzung seiner Sorgfaltspflicht angeklagt.

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Nach der schweren Verletzung einer Hattingerin durch einen Polizeihund gab es heute im Amtsgericht eine starke Präsenz von überregionaler Presse von Funk und Fernsehen. (Foto: Höffken)

Nach bisherigen Erkenntnissen wurde eine damals 73-jährige Hattingerin, die am 30. September 2023 gegen 17:30 Uhr im Bereich eines Parkplatzes im Rauendahl aus ihrem Auto ausstieg, von einem nicht im Dienst befindlichen Polizeihund angegriffen, gebissen und dabei erheblich verletzt.

Durch die Hundebisse erlitt die Hattingerin schwere Verletzungen im Bereich des Kopfes, des Armes und der Finger und musste in einer Bochumer Spezialklinik mehrmals operiert werden.

Die 73-jährige Hattingerin erlitt schwerste Verletzungen. (Foto: Privat-G.B))

Diensthunde der Polizei sind sehr gut ausgebildet – die Ausbildung dauert zwischen 18 und 24 Monaten und schließt mit der Polizeidiensthund-Prüfung ab. Auch als Hundeführer bzw. Hundeführerin der Polizei erhält man eine spezielle Ausbildung. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass zwischen Diensthund und dessen Hundeführer:in ein spezielles Vertrauensverhältnis besteht.

Bemerkenswert war auch zu hören, dass der Polizeihund etwa zwei Wochen vor der Tat im Rauendahl nach dem Arm seines Hundeführers, statt nach dem Hundespielzeug, geschnappt hatte.  

Polizeihunde entscheiden manchmal selber – auch ohne Kommando

Am Ende der heutigen Beweisaufnahme stand nach fast 5 Stunden Verhandlungsdauer fest, dass der Polizeihund an einer Flexleine von 2 bis 3 Metern Länge von seinem Hundeführer ausgeführt wurde. Erstaunlich war in der Gerichtsverhandlung zu erfahren, dass Polizeihunde „in Bildern“ denken und auch manchmal selber entscheiden einzugreifen, ohne ein Kommando oder ohne einen Befehl des Hundeführers zu erhalten.

Skalpierte Frau schrie vor Schmerzen

Da die Hattingerin an diesem Tage einfach nur aus dem Handschuhfach ihres geparkten Autos einen Brief herausholen wollte, soll der Polizeihund die Frau noch vor Wahrnehmung durch den Hundeführer entdeckt und dabei vermutlich entschieden haben, die Frau „anzugreifen“, was er dann auch tat mit dramatischen Folgen für die dadurch schwer verletzte Hattingerin.

Der Strafverteidiger des angeklagten Polizeibeamten bewertete die Situation als dynamisch und betonte, dass man den gut ausgebildeten Polizeihunden „Leben und Raum“ auch bei Spaziergängen in der Freizeit geben müsse, und wenn so etwas passiert, „damit müsse man einfach leben“. Im Übrigen sei der Hundeführer des Polizeihundes seit Jahren ein guter Hundehalter gewesen.

Es kam in der Gerichtsverhandlung mehrfach zu Rededuellen zwischen dem Strafverteidiger des Angeklagten, der Vertreterin der Staatsanwaltschaft und dem Rechtsanwalt der geschädigten Hattingerin.

Am Ende der Beweisaufnahme plädierte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, den angeklagten Polizisten wegen Sorgfaltspflichtverletzung und fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 50 Euro, insgesamt zu 2.500 Euro zu verurteilen, wobei diese Strafe vom Gericht auch unter Strafvorbehalt erteilt werden könnte. Zusätzlich solle der Angeklagte 2.000 Euro an die geschädigte Hattingerin zahlen.

Der Rechtsanwalt der verletzten Frau schloss sich als Nebenklagevertreter der Forderung der Staatsanwaltschaft an, stellte eine Bewährungsstrafe von 6 Monaten in das Ermessen des Gerichtes und beantragte 5.000 Euro Schmerzensgeld für seine Mandantin.

Sitzordnung im großen Sitzungssaal. (Foto: Höffken)

Verteidiger plädierte auf Freispruch

Der Strafverteidiger des Angeklagten sah das alles ganz anders. „Hier wird eine Pflichtwidrigkeit mit der Lupe gesucht und das Strafrecht wird inflationär verwendet“, so der Rechtsanwalt in seinem Plädoyer.

Er beantragte Freispruch für seinen Mandanten und stellte gleichzeitig einen Beweisantrag, falls das Gericht zu einem Urteilsspruch kommen sollte. In diesem Fall sollte ein Gutachter hinzugezogen werden, das Führen des Polizeihundes an der Flexleine zu bewerten.

Verwarnung mit Strafvorbehalt

Richter Kimmeskamp verkündete dann nach fünf Stunden Hauptverhandlung das Urteil „Im Namen des Volkes“ und wies den vom Strafverteidiger gestellten Beweisantrag zurück. Der angeklagte Polizist wurde der fahrlässigen Körperverletzung für schuldig befunden und verwarnt.

In einer einjährigen Bewährungszeit muss er sich straffrei führen, andernfalls muss er 2.000 Euro Geldstrafe zahlen. Der durch den Hundebiss schwer verletzten Frau muss er innerhalb von 6 Monaten 2.000 Euro Schmerzensgeld überweisen.

Das Land NRW als Eigentümer des Polizeihundes hatte erst kurz vor dem heutigen Prozess der Schmerzensgeldforderung des Rechtsanwaltes der verletzten Hattingerin zugestimmt und eine Überweisung angekündigt.

Gegen das heutige Urteil kann die Staatsanwaltschaft noch Rechtsmittel einlegen.

Kommentar des Berichterstellers: Polizeihunde dürfen an Flexleinen ausgeführt werden, so war heute zu erfahren. Wenn dann noch diese Hunde “in Bildern denken” und angeblich auch eigenständig ohne Kommando des Hundeführers entscheiden, ob sie auch ggfs. völlig unschuldige Passanten ggfs. Kinder angreifen und dabei schwer verletzen können, stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Regelung. Polizeihunde sind gefährlich und machen ihren Job, es darf aber niemals soweit gehen, dass man in Kauf nehmen muss, zufällig als Unbeteiligter von einem Polizeihund angegriffen und schwerstens verletzt zu werden. Und das muss in jedem Fall auch jede Hundeführerin und jeder Hundeführer unterbinden.

2 Kommentare zu "POLIZEIHUND BEISST PASSANTIN IN KOPF, ARM UND FINGER – VERWARNUNG MIT STRAFVORBEHALT FÜR DEN HUNDEFÜHRER"

  1. Schlief

    Die echte Person!

    Der Autor Schlief handelt als echte Person und ist nachweislich kein Bot.
    Alle Tests gegen Spam-Bots bestanden. Anti-Spam von CleanTalk.

    Die echte Person!

    Der Autor Schlief handelt als echte Person und ist nachweislich kein Bot.
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    | 19. September 2024 um 11:00 |

    Na ich hoffe,das gegen diese Urteil Einspruch erhoben wird.Denkt eigentlich mal jemand vetnünftig über die Verletzungen der Frau nach,es ist ja nicht nur das Körperliche ( wobei diese arme Frau ihr lebenlang damit zu tun haben wird) es geht ja wohl auch um die psychische Verletzung. DENKT DA ÜBERHAUPT MAL JEMAND DRAN? Ich finde das dieses Urteil nicht in Ordnung ist viel zu lasch. DER HUND HÄTTE 1.AN EINER KURZEN LEINE GEFÜHRT WERDEN MÜSSEN UND AUSSERDEM IM WOHNGEBIET NUR MIT MAULKORB. Jeder andere Hundebesitzer wäre schwerer bestraft worden.

  2. Martina Janßen-Schönfelder

    Die echte Person!

    Der Autor Martina Janßen-Schönfelder handelt als echte Person und ist nachweislich kein Bot.
    Alle Tests gegen Spam-Bots bestanden. Anti-Spam von CleanTalk.

    Die echte Person!

    Der Autor Martina Janßen-Schönfelder handelt als echte Person und ist nachweislich kein Bot.
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    | 26. September 2024 um 14:51 |

    Eine in der Tat schreckliche Verletzung und ein Urteil, dass man sicher auch anders kritisieren kann: Ist es nicht so, dass man immer davon ausgehen muss, dass ein Tier sich im Grunde immer anders verhandeln kann, obwohl es dressiert wurde? Und ist es dann nicht falsch, diesen Umstand einem Hundeführer zuzuschreiben, der bis dahin einwandfrei mit seinen Hunden zurecht kam? In Deutschland herrscht vor Allem eine Sache: Die Suche nach Schuldigen, wenn ein Unglück/Unfall geschieht!!!
    Die arme Frau hat mein Mitgefühl, aber das hat auch der Hundeführer!!!
    Andererseits lässt man Schuldige frei, weil die Gefängnisse überlastet sind und fällt gerade bei Vergewaltigungen milde Strafen, die durch den Ermessensspielraum gedeckt werden. Traurig!

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