KOMMENTAR: VOM VERSAGEN DER SOLIDARITÄT

Der WDR-Kinderchor singt das Satire-Lied ein (Screenshot: RuhrkanalNEWS)

Der WDR produziert ein Video, in dem ein Kinderchor einen umgetexteten Gassenhauer singt. Dort wird aus „Oma ist ne ganz patente Frau“ „Oma ist ne Umweltsau“. Der Film wird bei Facebook ausgespielt und deutlich als Satire gekennzeichnet. Mal abgesehen davon, dass es Bände für unser Land spricht, dass diese Kennzeichnung nötig ist, ist das Liedchen harmlos und unlustig. Aber über Humor kann man bekanntlich nicht streiten, da glücklicherweise jeder Mensch über andere Dinge lachen kann.

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Wie zu erwarten, springen vor allem rechte Kreise schnell auf den Film an. Gut organisiert treten sie eine Empörungswelle los, die sie auch schon bei anderen Themen ausgelöst haben. So weit, so schlecht, so erwartbar. Doch erst dann beginnt das Versagen der etablierten Medien. Allen Voran, die Führungsetage des Westdeutschen Rundfunks.

Diese ordnet an, dass das Video vom eigenen Account gelöscht wird. Was erstens natürlich gar nichts nützt, da der Film bei Youtube mehrfach kopiert und geteilt selbstverständlich weiterhin abrufbar ist und zweitens dem rechten Mob zeigt, dass er auch die größte Rundfunkanstalt Europas in die Knie zwingen kann. (Bevor jetzt was (bewusst) missverstanden wird: Ich habe nie behauptet, dass jeder der das Lied schlecht oder unlustig findet oder aus anderen Gründen ablehnt, rechts oder gar Nazi ist!) Und als sei das nicht genug, gibt es zu dem kurzen Clip eine Sondersendung in der sich ein WDR2-Wellenchef ebenso wie der Intendant für die Satire aus eigenem Haus entschuldigt.

Die Redaktion der WDR Aktuellen Stunde auf Twitter (Screenshot: RuhrkanalNEWS)

Da stellt sich die Frage, warum Herr Nuhr beispielsweise mehrfach unwidersprochen und ohne Reaktion durch Tom Buhrow eine 16-jährige Frau diffamieren und mit nachprüfbar falschen Aussagen beleidigen darf. Eine imaginäre Oma, also keine konkrete Person, wird jedoch geschützt. Heißt das, dass zukünftig niemand mehr im WDR Witze über beispielsweise Lehrer-Klischees machen darf, da das eine ganze Bevölkerungsgruppe beleidigen könnte? („Meine Mutter hat zwar morgens immer recht, aber nachmittags nie frei1!11!“)

Doch damit ist es nicht getan. In einer sicher fragwürdigen Argumentationskette, bringt ein Mitarbeiter des WDR den Hashtag #Nazisau ins Spiel. Eine unkluge Aktion, die zusätzlich Öl ins Feuer gießt und dazu führt, dass polizeibekannte Rechtsextemisten, Reichsbürger und Identitäre „Mahnwachen“ vor dem Haus des Journalisten veranstalten, ihn selbst, seine Frau und Kinder massiv bedrohen. Es ist u.a. von schriftlichen Morddrohungen per Mail und verbalen Drohungen vor dem Haus die Rede. Das gleiche geschieht vor dem WDR-Funkhaus in Köln. Auch da berichten mehrere Mitarbeiter von verbalen und körperlichen Bedrohungen.

Und was ist die Reaktion der WDR-Social-Media-Redaktion auf Twitter? Anstatt sich gegen diese Bedrohungen zu positionieren und dem Mitarbeiter solidarisch zur Seite zu stehen, wird darauf verwiesen, dass es sich ja um einen freien Mitarbeiter und keinen festangestellten Redakteur handele. Mir fällt gerade wenig ein, wie man sich als Arbeit- und Auftraggeber noch mieser positionieren kann.

Die Funke Mediengruppe betreibt Opfer-Täter-Umkehr (Screenshot: RuhrkanalNEWS)

Da ist es fast eine Petitesse, dass Andreas Böhme von der Westfalenpost (Funke-Mediengruppe) das Satire Video dazu nutzt, um im Sinne seines Arbeitgebers subtil gegen die Rundfunkgebühr zu agitieren. Gleichzeitig schafft er es, den Kollegen als „völlig aus dem Ruder gelaufen“ zu diffamieren. Nochmal: Es geht hier um ein letztendlich harmloses Video, das man nicht lustig finden muss. Völlig aus dem Ruder gelaufen sind Menschen, die deswegen andere mit Mord bedrohen. Nur um das mal ganz deutlich zu sagen. Ist ja offensichtlich nötig.

Armin Laschet spricht sich dagegen aus, dass Kinder für politische Zwecke instrumentalisiert werden (Foto: RuhrkanalNEWS)

Ach ja, Armin Laschet hat sich auch zu Wort gemeldet und darauf verwiesen, dass es nicht in Ordnung sei, ein politisches oder satirisches Video mit Kindern zu produzieren, denn die würden dadurch instrumentalisiert. Wäre ihm das schon früher aufgefallen, hätte es einige Wahlplakate von ihm sicher nicht gegeben. Aber schön, dass sich ein deutscher Ministerpräsident nicht zur grundgesetzlich garantierten Pressefreiheit äußert, um deutlich zu machen, dass Journalisten (genau wie alle anderen Menschen) in einem Rechtsstaat selbstverständlich nicht bedroht werden dürfen und dass Satire unter die ebenfalls grundgesetzlich garantierte Freiheit der Kunst fällt.

Aber um nicht ganz schwarz zu sehen: Die Kollegen von Spiegel online, Zeit online und Tagesspiegel zeigen Solidarität, die der WDR und die Funke Mediengruppe vermissen lassen. Und ich hoffe, RuhrkanalNEWS hat sie mit diesem Kommentar auch gezeigt.

In eigener Sache: Kommentator und RuhrkanalNEWS-Redakteur Frank Strohdiek ist auch als freier Mitarbeiter für den WDR tätig.

1 Kommentar zu "KOMMENTAR: VOM VERSAGEN DER SOLIDARITÄT"

  1. Hallo Herr Strohdiek,
    ihr Artikel“ vom Versagen der Solidarität „spricht mir aus dem Herzen. Diese gelenkten Bürgerwehraktivitäten nehmen zu und sind sehr bedenklich. Auch in Facebookforen in denen ich „verkehrte“verwandelte sich die Kritik in Stunden in „Empörismus“ und dann in Hassattacken . Halten wir öffentlich dagegen, wo es geht! Ich fand das Liedchen- das wir als Kinder noch unbedarft sangen und mit unzähligen eigenen Strophen verschärften nicht super, aber in der Sache berechtigte Satire. Ich bin selber „Oppa“ und entscheide in welcher Hinsicht ich mich angesprochen fühlen will oder nicht selber. Machen Sie weiter so…
    LG Klaus Volkmann

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