Am 9. November jährt sich die Reichspogromnacht von 1938 in der SA und SS die bis dahin mühsam aufrechterhaltene Fassade der Rechtsstaatlichkeit endgültig aufgaben und mit der systematischen Ermordung Menschen jüdischen Glaubens begannen. 86 Jahre später müssen jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger in Europa wieder um ihr Leben fürchten. Ein Kommentar von Frank Strohdiek
In den Niederlanden sorgt ein antisemitischer Mob(1) rund um ein Fußballspiel in Amsterdam für Angst und Schrecken. In einer offenbar länger vorbereiteten Aktion machen sie gestern (8. November 2024) gezielt Jagd auf Menschen die sie für Jüdinnen und Juden halten. Der vorgeschobene Grund ist die angebliche Unterstützung der palästinensischen Bevölkerung, die unter dem Krieg als Folge des Terroranschlags der Hamas leidet. Das ist die vorläufige Eskalation der Judenfeindlichkeit, doch angefangen hat sie schon viel früher.
Realistisch betrachtet, war der Antisemitismus in Europa nie verschwunden. Im Nahen Osten wird er von vielen Staaten und großen Teilen der Bevölkerung ausgelebt, oft zelebriert. Doch was in Deutschland und (West-)Europa früher eher verschämt im kleinen Kreis geäußert wurde, wird heute offen und ohne Anflug von Scham nach außen getragen. Bei denen die zum Erstarken rechter und rechtsextremer Parteien beigetragen haben, ist das kaum verwunderlich. Der Antisemitismus schließlich der Kristallisationspunkt dieser Einstellung, um den später Hetze gegen weitere Religionen und Andersdenkende aufgebaut wird.
Aber auch von Teilen der Linken wird Judenfeindlichkeit kultiviert. Hier geht es meistens um den angeblichen Befreiungskampf der Palästinenser, bei dem (berechtigte) Kritik an den Handlungen der israelischen Regierung dazu genutzt wird, gleich alle Menschen jüdischen Glaubens, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, in Sippenhaft zu nehmen.
Synagogen, jüdische Kulturzentren und oft auch Sportvereine müssen durch Polizei geschützt werden. Das ist in der Bundesrepublik seit Jahrzehnten traurige Normalität. Aber seit einigen Jahren muss man leider feststellen, dass das Gewaltpotenzial zunimmt. Jüdische Menschen trauen sich inzwischen nicht zu erzählen, welcher Religion sie angehören. Während Christen ohne Probleme ein Kreuz als Schmuckstück tragen können, Muslime ihren Glauben ebenfalls nicht verbergen müssen, tragen gläubige Jüdinnen und Juden den Davidstern als Schmuck bestenfalls nur noch versteckt, oft gar nicht mehr. Mit einer Kippa durch die Straßen zu gehen, ist inzwischen gefährlich für Leib und Leben.
Diese Entwicklung ist maßgeblich dem Erstarken der politischen Rechten zuzuschreiben. Sie verschiebt durch gezielte, häufig kleine Tabubrüche die Grenze des offen Sagbaren immer weiter. In den sogenannten sozialen Medien regiert oft genug Hass und Hetze. Die agierenden Personen und vermehrt Troll-Bots nutzen jede noch so kleine Gelegenheit, um ihre Hasskommentare und Falschinformationen in den Kommentaren unterzubringen. Mit der Plattform X haben sie inzwischen einen Verbreitungsweg gefunden, in dem sie das ohne Konsequenzen oder auch nur Angst vor Moderation machen können. Telegram ist für Demokraten schon längst verloren.
Oft genug werden alte, antisemitische Lügen in aktuelle Situationen transferiert. Bestes Beispiel ist die QAnon-Bewegung. Die Lüge, dass irgendwelche geheimen Eliten massenhaft Kinder in unterirdischen Verliesen gefangen halten um deren Blut zu trinken, wurde schon im Mittelalter verbreitet. Waren es damals Juden, die in dieser Lügenkonstruktion die angeblichen Täter waren, sind es heute (Finanz-)Eliten. Diese Bezeichnung ist für viele das Synonym für eine angeblich geheime, weltweit agierende jüdische Organisation die aus dem Hintergrund die Welt regiert oder regieren will.
Die vielen Gedenkfeiern zur Erinnerung an die Verbrechen in der Reichspogromnacht sind richtig und wichtig. Aber sie sind nur ein Feigenblatt, wenn Demokratinnen und Demokraten nicht auch im Alltag widersprechen. „Hattingen hat Haltung“ lautet das gute Motto der Veranstaltungen gegen Extremismus und Totalitarismus. Wir müssen uns ständig daran erinnern, dass wir diese Haltung auch im Gespräch mit Menschen aus der Nachbarschaft zeigen können. Natürlich, im Angesicht eines gewaltbereiten Mobs, so wie gestern in den Niederlanden, lohnt die Diskussion nicht, sie wäre eher lebensgefährlich. Aber wenn Demokratinnen und Demokraten immer schweigen, wenn Menschen ihre Hassbotschaften verbreiten, wird die Saat schneller aufgehen, als wir befürchten. Noch ist es nicht zu spät.
(1) In einer früheren Version des Kommentars war der Mob mit „Neonazis“ beschrieben worden. Entgegen erster Berichte ist inzwischen von der Amsterdamer Polizei von „propalästinensischen Gruppen“ die Rede. Der Kommentar wurde korrigiert.
Der aktuelle Antisemitismus hat einen Grund, und dass sind die vielen Zugereisten aus dem islamischen Einflußbereich. Der weite Bogen des Berichtes soll dies nur vernebeln, aber die Wahrheit (siehe Berlin Neukölln etc. pp) sieht anders aus. Darüber schweigt sich der Feigenblattarikel aus. Im Übrigen gab es hier kein Bekenntnis / keine Aktion der städtischen Zivilgesellschaft zu Israel am Jahrestag des Hamasterrors am 7. Okt. 2024.
In den Niederlanden sorgte gerade ein Mob gegen Israelis rund um ein Fußballspiel in Amsterdam für Aufsehen. Und in den ostdeutschen Bundesländern gab es schon unzählige Hetzjagden auf Menschen anderer Hautfarbe. Und wir feiern am St. Martinstag die Geste des fürsorglichen Teilens. Schon etwas absurd, oder?
Absurd ist hier nur die Art und Weise wie der Kommentar einen Geschichtsvergleich heranzieht, um die Ausschreitungen muslimischer Judenhasser zu relativieren. Bis vor einigen Jahren konnten Juden sich in Deutschland und Europa frei und ohne Angst bewegen und abgesehen von sicherlich noch bestehenden Ressentiments fieser Alt-Nazis und dämmlichen Neu-Nazis gab es weder Hetzjagden noch mussten jüdische Kinder Angst haben, dass sie in der Schule verprügelt oder gehänselt werden!
Jetzt aber haben Juden Angst und nein!!!, es sind nicht die üblichen Verdächtigen, es sind Muslime und Palästinenserfans aus dem links-grünen Politimillieu, die unverblümt gegen Israel und die Juden hetzen. Es sind auch Politiker aus dem sozialdemokratischem Kreis, die mit dummen Sprüchen gegen Juden alte Ressentiments schüren und dennoch im Amt bleiben.
Es sind ungebildete Studenten besonders an Berliner und Hamburger Universitäten, die dem linken und grünen Spektrum angehören und die wenig wissen, aber viel schreien und demonstrieren. Die Auswirkungen kann man dann auch hier sehen, denn es ist schon recht übel, wenn ein Tag, der an die schreckliche Nazizeit erinnert, dazu genutzt wird, die eigene politische Agenda zu verbreiten! Macht Euch mal ehrlich und nennt Ross und Reiter. Die Leute haben genug von dieser Form der Verharmlosung. Natürlich wird der bunte Kreis sich echauffieren, aber da hilft nur der Gedanke, dass am Ende immer deutlicher wird, vor wem wir uns in Deutschland wahrhaft fürchten müssen!
Was sagt uns das und diese verniedlichende Kommentar darüberhinaus?
Weltgeschichte bedeutet mehr, als der zu kurze Blick des Autors! Ich nehme an, dass nicht mal bekannt ist, wie sich die Türkei im zweiten Weltkrieg verhielt, welche Vorteile sie aus einem Deal mit Hitler zog und dass sie gegen Ende!!! des Krieges 200 Soldaten verlor, die noch dazu von den Franzosen versehentlich „versenkt“ wurden, weil man im Frühjahr 1945 dann doch noch Hitler und Japan den Krieg erklärte!!! Und unser Freund Erdogan hetzt seine Landsleute hier auch munter auf. Was meint der Autor hierzu? Graue Wölfe sind auch kein Thema! Aber ein Einzelfall aus dem Osten wird von dem Didi angeführt, damit wir diesem Kommentar Glauben schenken! Echt jetzt???
In Frankreich sehen wir, was uns blüht!!!JUden haben das Land bereits massenhaft verlassen!
Ach noch was: Ich würde all dies gern in meinem Namen schreiben, aber ich weiß, was passiert, wenn ich das tue!!!
[Synagogen in Deutschland mussten seit bestehen der Bundesrepublik durch die Polizei oder andere Sicherheitskräfte geschützt werden. Antisemitismus nie weg gewesen oder erst aktuell neu aufgetreten. (FS)]