DIE GROSSE RATLOSIGKEIT IM HAUPT- UND FINANZAUSSCHUSS

Das Hattinger Rathaus (Foto: RuhrkanalNEWS)

Hattingen- Der Kämmerer verhängt eine Haushaltssperre und wenige Tage später kommt der Haupt- und Finanzausschuss (HVA) zusammen. Es verspricht eine interessante Sitzung zu werden. Nachdem Ratsmitglied Sabine Radtke verabschiedet wurde (die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende zieht nach Berlin), beginnt Kämmerer Frank Mielke mit seiner „Unterrichtung der politischen Gremien“. Es wird ein „35-minütiger Monolog“ (Achim Paas), der es in sich hat. Der Stadt Hattingen droht ein Haushaltsloch von drei bis vier Millionen Euro. „Wobei es momentan so aussieht, als sei es näher an drei, als an vier Millionen“, so der Kämmerer. Genauer kann die Verwaltung das unerwartete Defizit zum jetzigen Zeitpunkt nicht beziffern. Der Grund für das Defizit ist schnell benannt. Die Verwaltung musste sich darauf vorbereiten, dass die Stadt wieder mehr Flüchtlinge zugewiesen bekommt. Dafür wurden Gebäude langfristig angemietet oder gekauft. Außerdem mussten Verträge mit Sicherheitsdiensten abgeschlossen und zusätzliches Personal, vom Hausmeister bis zum Sozialarbeiter, verpflichtet werden. Finanziert werden sollte das komplette Paket mit den Zahlungen vom Bund, die pauschal pro Flüchtling erfolgen. Doch dann wurden die Flüchtlinge weit vor Deutschlands Grenzen aufgehalten  und „Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) arbeitet auf einmal schnell die Fälle ab“, sagt Frank Mielke. Die Folgen für Hattingen: Das geplante Geld für Flüchtlinge kommt nicht und bei den abgearbeiteten Fällen des BAMF werden die Zahlungen spätestens nach drei Monaten eingestellt.

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Schuld für Haushaltssperre liegt nicht bei Flüchtlingen

Die Ursachen sind also schnell aufgezählt und nachvollziehbar, die Folgen und mögliche Lösungen sind noch vergleichsweise unklar. „Wir werden jeden einzelnen Posten durchforsten und prüfen, ob er eingespart werden kann, oder nicht“, beschreibt Frank Mielke das Vorgehen der Verwaltung und macht deutlich, dass richtig große Posten die eingespart werden können dünn gesät sind. Die größte Summe ist letztendlich ein Buchungstrick für den kommenden Etat. Die städtischen Mitarbeiter dürfen keine Überstunden oder Urlaubstage mit ins nächste Jahr nehmen. „Für jede Stunde und jeden Urlaubstag müssten wir Rücklagen bilden. Durch unsere Regelung sparen wir nun 250.000 Euro.“ Doch der Rest wird Klein-Klein, daran lässt der Kämmerer keinen Zweifel. Von den Sparbemühungen ausgenommen sind, neben den Pflichtaufgaben,  nur wenige Dinge. Investive Ausgaben, freiwillige Ausgaben die mit Fördermitteln hinterlegt sind und konsumptive Ausgaben die der Erhaltung dienen.

Das Ziel ist, bei aller Unklarheit über die Einsparmöglichkeiten, klar gesteckt. Bis zum 1.10 muss eine Planung stehen, die es  wahrscheinlich macht, dass zum Jahresende mindestens eine schwarze Null herauskommt. „Andernfalls bekommen wir die Stärkungspakt-Mittel nicht“, macht Frank Mielke die Konsequenzen deutlich. „Und dann können wir den ausgeglichen Haushalt für diese Jahr vergessen.“ Das wiederum würde zu einem ungenehmigten Haushalt in diesem und im kommenden Jahr führen. Mit allen Konsequenzen. Denn ohne die Stärkungspakt-Mittel in Höhe von  3,8 Millionen Euro läuft zukünftig in Hattingen nichts mehr. „Dabei haben wir im vergangenen Jahr erstmalig einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können“, so der Kämmerer.

Sparliste wahrscheinlich als Tischvorlage in Ratssitzung

In der politischen Bewertung sind sich alle Parteien einig, sie weichen nur in Nuancen ab. „Bund und Land lassen die Kommunen mit den Kosten alleine und der Bürgermeister muss in Düsseldorf und Berlin mehr Geld fordern.“ lauten die Bewertungen. Und auch, dass die Flüchtlinge nicht Schuld am aktuelle Desaster sind. „Was in den vergangenen Tagen im Netz zu diesem Thema zu lesen war, ist unerträglich.“

Bis zur Ratssitzung wird der Kämmerer die geplanten Einschnitte und Einsparungen den Ratsvertretern möglichst detailliert vorlegen. Der Wunsch die Sparliste möglichst schon einige Tage vor der Ratssitzung in zwei Wochen zu bekommen, wurde vom Kämmerer abgelehnt. „Wir arbeiten unter Hochdruck, neben dem normalen Tagesgeschäft, an dem Thema. Wir werden am Dienstag vor der Ratssitzung die Einsparmöglichkeiten aus den verschiedenen Fachbereichen bekommen, sie am Mittwoch seriös gegenrechnen und am Donnerstag als Tischvorlage in den Rat einbringen.“ Die Liste des Grauens wird also erst da offiziell und öffentlich. Ob sie die gewünschten Sparpotenziale bringt, ist fraglich. Der Haupt- und Finanzausschuss ist ratlos.