Ennepe-Ruhr-Kreis- “Alles anders” – diese Feststellung kann im Schwelmer Kreishaus genau datiert werden. Es war Freitag, der 28. Februar, 16 Uhr, als der Krisenstab zusammengerufen wurde und Corona für dieses Gremium erstmals auf der Tagesordnung stand. Diesem Treffen folgten bis heute 149 weitere, zunächst täglich, aktuell an fünf Tagen in der Woche.
Sechs Monate Krisenstab, 183 Tage in denen die Arbeit vieler Beschäftigter der Kreisverwaltung jenseits dessen verlief, was als “Normalbetrieb” bezeichnet werden kann.
Bereits der März führt den Verantwortlichen sehr eindrucksvoll vor Augen, wie groß die mit dem Virus verbundenen Herausforderungen sind, über Monate sein werden. Einige Schlaglichter: Dem ersten bestätigten Corona-Fall folgt wenig später das erste Todesopfer, um die Arztpraxen zu entlasten, werden in Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen mobile und stationäre Teststationen für Bürger mit Corona-Symptomen eingerichtet, erste Schulen werden vorübergehend geschlossen und Testaktionen in Pflegeheimen auf den Weg gebracht.
Die Kreisverwaltung schließt ihre Türen, bietet Dienstleistungen nur noch online an. Und: Nicht jede Vorgabe aus Düsseldorf und Berlin ist eindeutig, Vieles kommt zudem viel zu kurzfristig. Dies erschwert den Verantwortlichen vor Ort das Handeln im Interesse der Bürger und trägt zur Verunsicherung bei.
“Seit einem halben Jahr steht für uns die täglich neue Herausforderung im Fokus, die Bürgerinnen und Bürger des Ennepe-Ruhr-Kreises vor dem Virus zu schützen und sein weiteres Verbreiten zu verlangsamen. Auf diesem Weg haben wir leider 15 Menschen verloren, mussten bis heute mehr als 720 Infektionen registrieren”, so Landrat Olaf Schade (SPD). “Zahlen, die bedrücken. Zahlen, die ohne die ebenso engagierte wie belastende Mitarbeit aller Beteiligten, übrigens häufig weit jenseits der üblichen Arbeitszeiten, aber deutlich schlechter ausgefallen wären. Folglich werden wir den `Normalbetrieb´ der Verwaltung auch weiterhin am Stand der Corona-Pandemie ausrichten.”
Praktisch hieß und heißt das für Beschäftigte der Kreisverwaltung: Personendaten und Untersuchungsergebnisse in Listen einzutragen statt Jagdscheine zu verlängern, Dienstpläne für den Krisenstab zu schreiben statt Sitzungen der politischen Gremien vorzubereiten und mobile und stationäre Diagnostikstellen zu planen statt Lehrgänge an der Kreisfeuerwehrzentrale zu organisieren.
Im andauernden Ausnahmezustand befinden sich auch die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes. Ärztinnen, Hygienekontrolleure und Verwaltungsfachkräfte sind mit Viren und Ausbruchsgeschehen vertraut, fachlich versiert. Corona ist aber auch für sie eine neue Preislage. Nie galt es, mehr Infektionsketten zu verfolgen, mehr Menschen in Quarantäne Tag für Tag anzurufen oder mehr Bürgeranfragen zu beantworten.
“Seit Februar läuft im Kreishaus vieles jenseits bekannter Routinen, Abläufe müssen immer wieder an die Lage angepasst werden und wenn wir abends gehen, weiß niemand der Beteiligten, was uns am nächsten Morgen erwartet”, machen Astrid Hinterthür und Michael Schäfer als Leiter des Krisenstabs deutlich.
Die Lage war dynamisch, die Lage ist dynamisch und die Lage wird für einen derzeit nicht absehbaren Zeitraum dynamisch bleiben. Während im Februar über fehlende Masken, Schutzkleidung und Desinfektionsmittel oder über die Vorgabe, zu Hause zu bleiben, diskutiert wurde, bestimmen aktuell unter anderem Reiserückkehrer, Ausbruchsgeschehen in einzelnen Schulen oder Testkapazitäten die Themenlage im Krisenstab. Was demnächst sein wird? Niemand weiß es. Es bleibt alles anders.
“Wenn wir wie bisher bestehen wollen, werden wir weiterhin Mut zum Improvisieren benötigen und Innovationen auf kurzen Wegen umsetzen müssen. Das wir dies können, beweisen beispielsweise die Online-Verfahren, die wir speziell für Corona eingeführt haben, oder auch das sehr zügige Einrichten der mobilen und stationären Teststationen im März”, so Olaf Schade.
Zufrieden ist der Landrat auch mit dem, was die Beschäftigten parallel zur Pandemielage für den “normalen” Dienstbetrieb der Kreisverwaltung leisten. Hier verweist er beispielhaft auf das Straßenverkehrsamt. “Während zuletzt zu lesen war, dass es in anderen Behörden Rückstände und lange Wartezeiten auf Termine geben soll, gilt dies für unsere Zulassungsstellen in Schwelm und Witten nicht. Händler werden tagesaktuell bedient, Bürger können zeitnahe Termine buchen.”
Und auch ohne Termin können Bürger ihre Anträge inzwischen auf den Behördenweg bringen. Seit Anfang Juni ist es möglich, zuhause einen Online-Antrag auszufüllen, ihn ausdrucken und zusammen mit allen weiteren benötigten Dokumenten abzugeben. Der Antrag wird dann in Abwesenheit des Antragstellers schnellstmöglich bearbeitet. Ist das erledigt, meldet sich ein Mitarbeiter der Zulassungsstelle und das Abholen wird vereinbart.