Hattingen – Gegenwärtig ist die Vision noch nicht real. Auf der Fläche des früheren O&K-Geländes an der Nierenhofer Straße stehen zurzeit Hunderte von PKW. Täglich bestimmen zahlreiche Autotransporter das Stadtbild in Hattingen, wenn PKW angeliefert, abgestellt oder abgeholt werden. Aber das soll sich ändern. Dort soll ein neues Stadtquartier entstehen.
Laut Investor, IMMOWERK Invest Hattingen, nimmt die Planung der westlichen Südstadt jetzt Gestalt an, nachdem die Stadtverordnetenversammlung am 28. September 2023 das Rahmenkonzept als Basis für die frühzeitige Bürgerbeteiligung und die notwendige Änderung des Regionalplans beschlossen hat. RuhrkanalNEWS hatte die Sitzung der Stadtverordnetenversammlung live übertragen.
Der Investor plant auf dem 100.000 Quadratmeter großen Areal in der Nähe der Hattinger Innenstadt ein modernes, gemischtes Stadtquartier. Dieses Quartier soll eine harmonische Verbindung zwischen gewerblicher Nutzung und attraktivem Wohnraum schaffen und gleichzeitig auf Nachhaltigkeit und umweltfreundliche Gestaltung setzen.
Nach fast zwei Jahrzehnten des Stillstandes auf der ehemaligen O&K-Fläche hat die Entwicklung des Areals in den vergangen zwei Jahren ordentlich Fahrt aufgenommen: 2021 hat das IMMOWERK das Areal erworben. Im Juni 2022 hat die Stadtverordnetenversammlung die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 177 „Stadtquartier westliche Südstadt“ für das Plangebiet beschlossen. Seitdem wird eine vom IMMOWERK initiierte und von der Stadtverwaltung begleitete Masterplanung für die Fläche durchgeführt. Über Ideenwerkstätten zu städtebaulich relevanten Themen und eine Bürgerbeteiligung im September 2022 wurden bereits frühzeitig Anregungen von Fachleuten und Wünsche der Menschen vor Ort eingeholt.
Das Areal gilt wegen seiner Größe und der Nähe zur Innenstadt als „Filetstück“ der städtebaulichen Entwicklung, das Chancen für die wirtschaftliche Entwicklung Hattingens birgt, aber auch Impulse für den Wohnungsmarkt und die Gesamtstadt verspricht. Seit dem Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan und dem informellen Bürgerdialog hat sich eine Menge getan. „Die Vision, auf der innerstädtischen Brachfläche möglichst viele urbane Funktionen zu vereinen, wird langsam zur Realität. Mit dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung legt Hattingen den nächsten Gang ein“, sagt Kim Niklas Andersson, Geschäftsführer der IMMOWERK Invest Hattingen GmbH. Das mit der Masterplanung beauftragte renommierte Büro STAHM Architekten aus Braunschweig/Mülheim an der Ruhr hat in enger Abstimmung mit der Stadtverwaltung ein Rahmenkonzept entwickelt, das gleichermaßen die Vorgaben der Politik wie die Wünsche der Hattinger Bevölkerung berücksichtigt.
Waren sich Bevölkerung, Stadtspitzen und IMMOWERK 2022 schon grundsätzlich einig, eine harmonisch durchmischte Nutzung aus Gewerbe und Wohnen zu erwirken, nimmt dieses Profil nun konkreter Gestalt an. So sollen im ersten Bauabschnitt bis zu 50.000 qm Gewerbeflächen und 600 Wohnungen geschaffen werden.
„Für die Stadt Hattingen bietet die Entwicklung dieses ganz besonderen Geländes eine große Chance. Es liegt in unmittelbarer Nähe zu unserer einmaligen Altstadt und ist in Sachen ÖPNV bestens angebunden. Entstehen soll ein modernes Mischquartier zum Wohnen und Arbeiten. Die Umsetzung muss selbstverständlich nach neuesten Klimaschutzrichtlinien erfolgen. Ich bin überzeugt davon, dass dieses Stadtquartier in einigen Jahren jede Menge Strahlkraft über die Grenzen Hattingens hinaus entwickeln wird“, sagt der Bürgermeister der Stadt Hattingen, Dirk Glaser.
Urbane Mischung: ein Quartier der kurzen Wege
Das Stadtquartier soll eine vielfältige urbane Nutzungsmischung bieten. So werden neue Arbeitsplätze in unterschiedlichen Branchen geschaffen – darunter ein Hotel, ein Bürohaus, ein medizinisches Versorgungszentrum, ein Pflegheim und Kinderbetreuung. Unternehmensnahe Dienstleistungen und zukunftsträchtige Strukturen wie Reallabore, Coworking-Angebote sowie klassisches Gewerbe mit wohnverträglichen Werkstätten und Produktion sollen ebenfalls integriert werden. Neben freifinanzierten Mietwohnungen, Mikrowohnungen, betreuten Wohnungen und Eigentumswohnungen werden mindestens 25 Prozent des Wohnraums aus geförderten Wohneinheiten bestehen, um verschiedene Bevölkerungsgruppen anzusprechen und ein Quartier für alle zu schaffen. Es könnt aber durchaus mehr werden: „Wir arbeiten daran, Hattingen und ein paar andere Kommune in einer höheren Förderstufe zu bringen. Mit guten Förderkulissen könnte den Anteil öffentlich geförderte Wohnungen im Stadtquartier 25 Prozent übersteigern“, so Andersson.
Im Quartier soll insgesamt eine hohe Qualität des Stadtraums entstehen: mit nutzerfreundlichen Angeboten, die bequem zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar sind und das bestehende Stadtangebot ergänzen. Geplant sind ein Quartierspark an der ehemaligen Bahntrasse, Spielplätze, ein Quartierstreffpunkt mit einem Bistro oder Gastronomie mit Freisitzen an der Promenade. Die zentral gelegene Kita mit Freiflächen am Park wird sowohl von den Bewohnern des Quartiers als auch von der umliegenden Südstadt gut erreichbar sein.
Im nördlichen Bauabschnitt ist eine Quartiersgarage vorgesehen, die als „Mobility Hub“ konzipiert weitere Funktionen erfüllt: Es schafft nicht nur Parkraum, sondern weitere Angebote von Car-Sharing über Leihfahrräder bis zu E-Lade-Stationen sowie Nahversorgung im Erdgeschosse und Sportangebote im Dachgeschoss. Durch Gemeinschaftsgaragen und Tiefgaragen werden die erforderlichen Stellplatzauflagen unter der Maßgabe erfüllt, einen positiven Beitrag zur Verkehrswende zu leisten – und das private Parken im öffentlichen Raum so gering wie möglich zu halten.
Nachhaltige Entwicklung geht vor Profitmaximierung
Insgesamt steht die nachhaltige Entwicklung des neuen Stadtquartiers für IMMOWERK im Vordergrund. So wird sich IMMOWERK nicht nur auf Planung, Entwicklung und Bau beschränken, sondern einen wesentlichen Teil der Immobilien im eigenen Bestand halten. „Wir wollen in Hattingen langfristig Verantwortung übernehmen“, erklärt IMMOWERK-Geschäftsführer Kim Niklas Andersson. „Deshalb freuen wir uns sehr, dass unsere Konzeption eines nachhaltigen Stadtquartiers mit vielfältigem Nutzungsmix aus Wohnen, Gewerbe, Büros, Kita, Gesundheits- und Pflegeangeboten Anklang findet.“ Diese Kombination ist auch auf lange Sicht attraktiv und wirtschaftlich tragfähig: „Nur durch ein breites Mischangebot von Wohnraum und Gewerbe können wir viele Interessen bündeln und schnell in der Realisierung kommen.“
Aktuell keine Genehmigung – nur Duldung
Aber zurück zur Gegenwart. Für den derzeitigen “Mega-Parkplatz” mit unzählig abgestellten PKW auf dem früheren O&K-Gelände gibt es aktuell keine Genehmigung seitens der Stadtverwaltung. Pressesprecherin Jessica Krystek bestätigte ruhrkanalNEWS gegenüber, dass ein Verfahren zwar initiiert sei, der gegenwärtig bereits ohne Genehmigung geschaffene Zustand ordnungsbehördlich jedoch nicht weiter verfolgt wird.
Eine mögliche Umweltbelastung durch die zahlreichen Autotransporter und die Gefahr auslaufender Betriebsmittel durch die abgestellten PKW auf dem riesigen Parkplatz wurden von keinem der Stadtverordneten in der letzten Ratssitzung angesprochen.