ZWEI JAHRE NACH HOCHWASSER: KONZEPTE LIEGEN NOCH NICHT VOR

Landrat Olaf Schade (SPD), Bürgermeister Erik O. Schulz (parteilos),Landrat Marco Voge (CDU) (vlnr) mit Moderator Tom Hegermann bei der SIHK-Hochwasserkonferenz (Foto: Strohdiek)

Ennepe-Ruhr-Kreis/Hagen- Die Erinnerungen an die Wassermassen sitzen tief. Die Schäden in den Firmen waren groß, zum Teil mussten ganze Betriebshallen abgerissen werden. Bei der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer in Hagen diskutieren am 29. August 2023 100 Vertreter aus Politik und Wirtschaft mit Experten darüber, wie der Hochwasserschutz verbessert werden kann.

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Unternehmer aus Hagen, Wetter an der Ruhr und Altena schildern zu Beginn eindrücklich, wie stark ihre Betriebe von den Wassermassen beschädigt wurden. Einige haben in der Folge Kunden verloren und bis heute wegen Lieferschwierigkeiten nicht alle Maschinen ersetzen können. Deutlich wird, so ein Hochwasser würden sie wirtschaftlich noch mal überleben. Sam Figge, Geschäftsführer der inova GmbH in Wetter, beschreibt, dass er nach dem Unwetter keine Ansprechpartner bei der Stadt findet. In einer Niederlassung in Iserlohn werden dagegen schnell Abfallcontainer für Privatleute und Unternehmen von der Kommune organisiert. Dort gibt es sofort für alle akuten Probleme Kontakte in die Verwaltung.

Auch wenn es darum geht die Firmen vor zukünftigen Flutschäden zu schützen, ist die Situation nicht besser. Ganz im Gegenteil. Der Grund sind unklare Zuständigkeiten. So ist zum Beispiel in Hagen eine andere Behörde für Wasser zuständig, so lange es Regenwasser ist, das auf Straßen abfließt. Ist das gleiche Wasser kurz darauf in einem Bach oder Fluss, wechselt die Zuständigkeit. Eine dritte Behörde ist für die Pflanzen an Ufern und Befestigungsmauern verantwortlich.

Sam Figge (links) schildert gemeinsam mit einem weiteren Unternehmer und einer Unternehmerin, welche Folgen das Hochwasser 2021 bis heute hat (Foto: Strohdiek)

„Für uns ist es auch schwierig, dass wir Fördermittel aus dem Hochwasser-Schutzprogramm innerhalb von fünf Jahren beantragt und ausgegeben haben müssen“, sagt Unternehmerin Britta Hölper aus Altena. „Die Kommunen haben dafür zehn Jahre Zeit. Aber wir müssen unsere Maßnahmen mit den Behörden absprechen und eigentlich gemeinsam planen. In den Amtsstuben können sich die Mitarbeitenden mehr Zeit lassen, das passt nicht zusammen.“

Verwaltungschefs blicken oft auch nicht durch

Dieser Kompetenzdschungel ist auch für die Landräte des Ennepe-Ruhr-Kreises und es Märkischen Kreises sowie den Hagener Oberbürgermeister nicht immer durchschaubar, wie sie offen zugeben. Allen dreien ist gemeinsam, dass in ihrem Zuständigkeitsbereich auch nach mehr als zwei Jahren keine Hochwasserschutzkonzepte vorliegen. Die beauftragten Experten wollen ihre Vorschläge in den kommenden Wochen vorstellen. Im 100 Märkischen Kreis werden sie anschließend am ersten Dezember den Bürgermeistern des Kreises vorgelegt und genau einen Monat später veröffentlicht. Danach dürfen alle Stadtverordnetenversammlungen darüber politisch beraten. Es dauert.

Ein Experte beschreibt, warum es mit der Umsetzung der Hochwasserschutzkonzepte oft so lange dauert. „Sie legen das erarbeitete Schutzkonzept öffentlich aus, 99 von 100 Anwohnende stimmen zu, einer nicht und der klagt. Dann wird irgendwann aufgrund eines Gerichtsbeschlusses ein verändertes Konzept verabschiedet. Es folgen europaweite Ausschreibungen. Ein unterlegener Bieter klagt, weil er Formfehler unterstellt und ein Stück vom Auftragskuchen abhaben will. Selbst wenn er damit nicht erfolgreich ist, sind fünf Jahre rum, bevor die ersten Bagger rollen.“

Dem Ruhrverband ging das alles viel zu langsam. Er wird in den nächsten Wochen ein Hochwasserwarnsystem auf den Seiten seiner Talsperren-Leitzentrale freigeben. Für den Bereich in dem er verantwortlich ist sind dann öffentlich und kostenlos die aktuellen Pegelstände sowie Prognosen für die nächsten Tage einsehbar. Das wollte das Land für ganz NRW einführen, so wurde es jedenfalls kurz nach dem Hochwasser 2021 versprochen. Über eine Ankündigung hinaus ist bisher nichts bekannt geworden. Auch das sorgt bei der Konferenz für Frust unter den Unternehmerinnen und Unternehmern.