Wie hitzefest ist Hattingen?

Klimaanpassung Hattingen © ruhrkanalNEWS (Foto: Holger Grosz)

Stadt startet Klimaanpassungskonzept mit Bürgerbeteiligung.

Hattingen – Im bis auf den letzten Platz gefüllten Veranstaltungsraum hat die Stadt Hattingen gemeinsam mit engagierten Hattingern den offiziellen Startschuss für ein Klimaanpassungskonzept gegeben. Im Mittelpunkt des Abends (8. 12.2025) stand die Frage: Wie macht sich Hattingen fit für mehr Hitze, Starkregen und Hochwasser – und welche Rolle spielen dabei die Menschen vor Ort?

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„Spitzenreiter – aber nicht ausruhen“

Zu Beginn erinnerte der zuständige Baudezernent Jens Hendrix daran, dass Hattingen vor einigen Monaten in einer Studie der Deutschen Umwelthilfe auf Platz 1 gelandet ist: Keine andere Kommune in Deutschland gehe demnach statistisch so gut mit den Folgen des Klimawandels um wie Hattingen.

Die Gründe dafür sind nüchtern: viel Wald, vergleichsweise wenig neu versiegelte Flächen, konsequente Innenentwicklung statt immer weiterer Neubaugebiete auf der grünen Wiese. Wohnraum entsteht vor allem dort, wo Infrastruktur bereits vorhanden ist – auf alten Industrie- und Brachflächen, durch Nachverdichtung in der Stadt.

„Das klingt erstmal nach: Alles richtig gemacht, schönen Abend noch“, so der Tenor. Doch so einfach ist es nicht. Auch Hattingen spürt den Klimawandel deutlich: Hitzeinseln in der Innenstadt, aufgeheizte Gewerbegebiete – und als einschnittprägendes Erlebnis die Starkregenkatastrophe im Juli 2021 mit zerstörten Brücken, schweren Schäden an Straßen, Infrastruktur und privaten Häusern.


Mehr Hitze, mehr Regen, mehr Extreme

Das beauftragte Fachbüro „complan“ Kommunalberatung stellte anschließend Zahlen und Prognosen vor:

  • Die durchschnittliche Jahrestemperatur in Hattingen ist im Vergleich zu früher bereits um rund 1,5 Grad gestiegen.
  • In den kommenden Jahren werden deutlich mehr „heiße Tage“ mit über 30 Grad erwartet – bis zu 20 Tage pro Jahr.
  • Der jährliche Niederschlag nimmt insgesamt zu, verteilt sich aber anders: trockene Sommer, niederschlagsreiche Winter.
  • Starkregenereignisse werden häufiger und intensiver.

Karten zeigen: Besonders der dicht bebaute Bereich von der Innenstadt bis Richtung Blankenstein heizt sich im Sommer stark auf. Gleichzeitig kommen aus dem Hügelland rund um die Stadt Bäche und Zuflüsse, die bei Starkregen schnell ans Limit geraten. Die Ruhrauen dienen bereits heute als wichtige Retentionsräume, können aber nicht alle Risiken abfangen.

Die Fachleute machten deutlich: Klimaschutz – also weniger CO₂-Ausstoß – bleibt notwendig. Aber zusätzlich braucht es Klimaanpassung: Städte, Gebäude, Infrastruktur und Grünflächen müssen so gestaltet werden, dass sie Hitze, Trockenheit und Wassermassen besser verkraften.

Wie Hitzefest ist Hattingen © ruhrkanalNEWS (Fotos: Holger Grosz)

Was die Stadt schon tut – und was jetzt dazukommt

In den vergangenen Jahren hat Hattingen ein Klimaschutzkonzept erarbeitet, in dem zahlreiche Maßnahmen bereits umgesetzt werden oder laufende Aufgaben sind. Außerdem konnte die Stadt über eine Million Euro aus dem Förderprogramm „Natürlicher Klimaschutz in Kommunen“ einwerben.

Mit diesem Geld werden unter anderem:

  • Grünflächen ökologisch aufgewertet,
  • Mitarbeitende fortgebildet,
  • spezielle Maschinen angeschafft,
  • neue Baumstandorte in bebauten Bereichen entwickelt.

Einfach ist das nicht: Wurzelraum, Leitungen im Boden, Stellplätze, Verkehr – all das konkurriert um Raum. Die Stadt arbeitet sich Standort für Standort durch.

Das neue Klimaanpassungskonzept geht jetzt einen Schritt weiter. Bis 2027 soll ein Fahrplan entstehen, der klar benennt, wo Hattingen besonders verletzlich ist, welche Ziele sich die Stadt setzt und welche Maßnahmen Priorität haben. Wichtig: Es soll kein Papier für die Schublade werden, sondern eine Grundlage für konkrete Projekte.


Inseln, Karten, Zettel: Bürgerwissen als Schatz

Herzstück des Auftaktabends war ein „Insel“-Format: Im Raum und im angrenzenden Café standen thematische Stationen, an denen die Teilnehmenden ihre Erfahrungen und Ideen einbringen konnten. Im Fokus standen fünf Handlungsfelder:

  • Gesundheit und Bevölkerungsschutz
  • Siedlungsraum (Wohnquartiere, Innenstadt, versiegelte Flächen)
  • Infrastruktur und Wirtschaft
  • Landschaftsraum und Biodiversität
  • Wasserhaushalt

Die Pinnwände füllten sich schnell:

Im Bereich Gesundheit ging es um besonders verletzliche Gruppen – ältere Menschen, Kinder, Menschen mit wenig Geld oder mit Migrationshintergrund, die schwerer erreichbar sind und nicht „mal eben“ ins Freibad oder raus ins Grüne fahren können. Genannt wurden Schulhöfe, Sportplätze und Sporthallen, die sich im Sommer stark aufheizen, sowie der Wald und die Ruhrauen als wichtige Rückzugsorte – sofern sie mit dem ÖPNV gut erreichbar sind.

Diskutiert wurde auch, ob Schwimmen in der Ruhr an mehr Stellen möglich und sicherer organisiert werden kann. Trinkbrunnen, Schattenplätze und mehr Aufenthaltsqualität in der Innenstadt kamen als Wünsche auf die Karten, genauso wie der Ruf nach besserer Information und Aufklärung in Hitze- und Krisenzeiten.

Im Landschaftsraum wurde unter anderem der Wald im Süden Hattingens genannt, der durch Schädlinge und Trockenheit stark gelitten hat und jetzt erosionsgefährdet ist. Bürgerinitiativen und Vereine, die sich um Grünflächen kümmern, wurden als große Chance gesehen – allerdings mit dem Wunsch, sie besser zu vernetzen. Auch die Entwicklung der Auenflächen für den Hochwasserschutz und der Schutz von Gewässern und Tierwelt (Stichwort: trockengefallene Bachläufe) spielten eine Rolle.

Im Siedlungsraum und der Infrastruktur stand die „Schwammstadt“ im Mittelpunkt: Wie kann Regenwasser gespeichert statt schnell abgeleitet werden – auf öffentlichen Flächen und privaten Grundstücken? Genannt wurden Entsiegelung, mehr Bäume, Wasserspiele, Fassaden- und Dachbegrünung, aber auch andere Bauweisen und Materialien, die weniger aufheizen. Gleichzeitig wurden konkrete Starkregen-Hotspots benannt, an denen es regelmäßig zu Problemen kommt.


Mehr Grün, klare Regeln, aktive Jugend

In einer gemeinsamen Schlussrunde fasste das Fachbüro erste Leitlinien zusammen, die sich aus den vielen Zetteln und Karten herauslesen lassen:

  • Mehr Grün überall – als Schattenspender, Wasserspeicher und Lebensraum.
  • Wasser halten statt ableiten – Regen auf Flächen, Dächern und in Gräben speichern und verdunsten lassen.
  • Klimaschutz und Klimaanpassung zusammendenken – etwa mit Blick auf Verkehr oder die kommunale Wärmeplanung.
  • Regeln anpassen – Bebauungspläne, Gestaltungsvorgaben und Satzungen so weiterentwickeln, dass sie klimaangepasstes Bauen und Begrünen nicht ausbremsen.
  • Jugend einbinden – besonders positiv fiel auf, dass ungewöhnlich viele junge Leute anwesend waren und ausdrücklich signalisierten, dass sie mitarbeiten wollen. Unser Jugendparlament!

Der Baubereich bedankte sich ausdrücklich bei der Jugend für diese klare Haltung: Es gehe um ihre Zukunft – und genau diese Stimmen brauche man im Prozess.


Wie es weitergeht – und wie man mitmachen kann

Die Ergebnisse des Abends werden nun ausgewertet und in die laufende Klimarisikoanalyse der Stadt eingespeist. Nächstes Jahr soll es weitere Beteiligungsformate geben: Fachwerkstätten mit Wohnungswirtschaft und anderen großen Akteuren, politische Beratungen und eine größere öffentliche Veranstaltung, bei der Klimaschutz und Klimaanpassung gemeinsam betrachtet werden.

Zusätzlich wird eine Online-Klimakarte am 1. Januar 2026 freigeschaltet, über die Bürger Orte markieren können, an denen Hitze, Starkregen oder Trockenheit besonders spürbar sind – oder wo schon heute gute Lösungen umgesetzt wurden. Dort können auch Vorschläge für Maßnahmen eingetragen werden.

Der Appell der Veranstalter zum Schluss: Die Informationen weitertragen, andere mit ins Boot holen und die Beteiligungsmöglichkeiten nutzen. Denn eines wurde an diesem Abend deutlich: Hattingen steht zwar statistisch gut da. Aber wie gut die Stadt mit dem Klimawandel klarkommt, entscheidet sich vor allem vor Ort – auf den Straßen, in den Quartieren und in den Köpfen der Menschen, die hier leben.

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