Hattingen- Der Frauenempfang zum Weltfrauentag hat in Hattingen eine lange Tradition. Er erinnert an starke Frauen wie die 1848er Revolutionärin Mathilde Anneke und die Arbeiterinnen der Henrichshütte, die ihren Platz in der Geschichte erkämpft haben. Doch in diesem Jahr war etwas anders. Die Veranstaltung im Stadtmuseum war feierlich, sachlich – vielleicht etwas zu gesittet. Wer die kämpferische Energie vergangener Jahre suchte, musste sie zwischen den Zeilen lesen.
Ein Empfang mit offenen Türen – und gedämpften Stimmen
Früher hieß es nach der Eröffnung oft: „Bürgermeister und Presse raus.“ Heute sind alle willkommen, auch Männer – ein Fortschritt, der in der Vergangenheit nicht selbstverständlich war. Bürgermeister Dirk Glaser begrüßte die Gäste, bevor die Podiumsdiskussion begann. Thema: „Frauen im geteilten Deutschland“. Eine spannende Fragestellung, schließlich sind Klischees über Ost- und Westfrauen auch 35 Jahre nach der Wiedervereinigung noch lebendig. Doch während die Ausstellung dazu mit prägnanten Zitaten und Bildern für „Aha“-Momente sorgte, blieb die Diskussion auf dem Podium brav. Keine hitzigen Wortgefechte, keine leidenschaftlichen Zwischenrufe – das war früher anders.
Frauenempfang in Blankenstein © Fotos. RuhrkanalNEWS Holger Grosz
Wo ist die Aufbruchsstimmung geblieben?
Die Zeiten der streitbaren Wortgefechte scheinen vorbei. Kein „Courage“-Stand in der Fußgängerzone, keine jungen Aktivistinnen, die ihre Stimmen laut erheben. Stattdessen: sachliche Reden, höfliche Zustimmung. Selbst beim Thema Paragraph 218 – dem Abtreibungsrecht, das in dieser Legislaturperiode wieder nicht gekippt wurde – blieb es ruhig. Nur ein sarkastischer Kommentar sorgte für Gelächter: „Vielleicht klappt es in der nächsten Regierung.“ Ein Lacher mit bitterem Beigeschmack. Denn mit Friedrich Merz an der Spitze der CDU hat sich der politische Wind gedreht – ein Mann, der einst Gewalt in der Ehe nicht unter Strafe stellen wollte.
Kämpfen oder anpassen?
Zum Abschluss die Frage: „Was wünschst du dir für die Zukunft?“ Die Antwort vom Podium: „Dranbleiben.“ Die Antwort aus dem Publikum: „Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“ Ein Zitat, das den Raum für einen Moment füllte – und vielleicht auch ein bisschen von dem zurückbrachte, was an diesem Tag fehlte: Leidenschaft, Widerspruch, Aufbruchsstimmung.