WALK OF SHAME – WENN SCHWEIGEN KEINE OPTION MEHR IST!

Es gibt Themen, über die man nicht schweigen kann

Hattingen – Es gibt Themen, über die man nicht schweigen kann, selbst wenn es gefährlich wird. Selbst wenn die Drohungen kommen. Selbst wenn Menschen lieber weghören, weil das, was gesagt werden muss, zu unbequem ist. Der „Walk of Shame“, der am 26. Mai 2025 auf dem Marktplatz in Blankenstein stattfand, war genau so ein Moment – unbequem, sichtbar, schmerzhaft. Und absolut notwendig.

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153 Frauen. 153 Morde im letzten Jahr. Nicht irgendwo, sondern hier. In Deutschland. Getötet von Partnern, Ex-Partnern, von Männern, die der Meinung waren, über Leben und Tod entscheiden zu dürfen. Was für viele nur als Randnotiz auf Seite fünf auftaucht, war an diesem Tag mitten in Hattingen zu sehen – auf 153 Plakaten, jede einzelne ein stiller Schrei. Eine Mahnung. Eine Erinnerung. Ein Name.

Warum Blankenstein?
Die Frage wurde oft gestellt. Warum nicht im Zentrum, warum nicht am Internationalen Frauentag? Weil es nicht immer leicht ist, laut zu sein. Lisa Zumbusch wollte diesen Protest ursprünglich allein auf die Beine stellen – mit einer Plakataktion auf der Heggerstraße. Doch plötzlich stand nicht nur der Schmerz, sondern auch eine dreistellige Rechnung im Raum. Öffentlich sichtbar zu sein kostet. Viel. Und oft auch Mut.

Erst als sie auf Angelica Urrutia traf und gemeinsam mit Katrin Brüninghold, der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Hattingen, das Projekt neu aufstellte, wurde die Idee Realität – im Schatten der Kirche, aber nicht im Schatten der Gesellschaft. Es war eine stille Bühne, doch sie hatte Gewicht.

Selbst wenn Menschen lieber weghören, weil das, was gesagt werden muss, zu unbequem ist.

Rote Schuhe und echte Solidarität
Über 60 Menschen kamen. Menschen, die hingesehen haben. Die nicht akzeptieren wollen, dass Femizide als „Familiendrama“ abgetan werden. Die erkannt haben, dass jede dieser Frauen hätte ihre Nachbarin, Freundin, Kollegin sein können. Rote Nelken fanden ihren Platz an den Plakaten. Und mit ihnen viele Gespräche, Gedanken – und Tränen.

Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung von Didi van Frits und seiner Tochter Pia, die mit Songs von Tracy Chapman, Miley Cyrus und John Lennon ein Gefühl transportierten, das Worte kaum fassen können: Trauer, Wut – und Hoffnung.

Weil Wegschauen keine Option ist.

Was bleibt: Der Wille, weiterzumachen
Zwei weitere Aktionen sind in Planung, eine dritte am 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen. Dafür sollen 153 rote Schuhe gesammelt werden – ein Mahnmal, das in seiner Stille laut sein wird. Schuhe, die stehen für Frauen, deren Weg gewaltsam beendet wurde.

Wer rote Schuhe spenden möchte, kann diese bis zum 1. September im Büro der Gleichstellungsbeauftragten im Rathaus abgeben.

Es sind keine Einzelfälle
Femizide sind keine tragischen Ausrutscher. Sie sind das brutale Ergebnis eines Systems, das Frauen und FLINTA (Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen) systematisch entmenschlicht. Jeder dritte Tag ein Mord. Und doch gibt es Menschen, die lieber die Nationalität der Täter diskutieren als die Strukturen, die solche Gewalt ermöglichen. Als würde das irgendetwas entschuldigen.

Dieser Text ist für die, die keine Stimme mehr haben. Und für die, die sich noch trauen, laut zu sein. Auch wenn es unbequem ist. Auch wenn es gefährlich ist.

Weil Wegschauen keine Option ist.

3 Kommentare zu "WALK OF SHAME – WENN SCHWEIGEN KEINE OPTION MEHR IST!"

  1. Lisa Zumbusch, Angelica Urrutia und Katrin Brüninghold haben in erfreulicher Eintracht dieses lange vorbereitete Projekt zum Thema Gewalt gegen Frauen letztendlich in Blankenstein realisieren können. Dank auch an die Kirche, die ihre Mauern zur Verfügung stellte und an Tontechniker Hans Joachim Appel, der die Soundanlage des Museums aufbaute: dies ermöglichte meiner Tochter und mir, mit einem würdevollen musikalischen Rahmen der Aktion noch mehr Gewicht zu geben. Ich wünschte mir eine Fortführung dieser mahnenden Aktion, vielleicht an Schulen oder mehr im Kern der Stadt. Und außerdem: Ohne Holger Groß von Ruhrkanalnews wäre null Presse-Reaktion in Hattingen zu finden gewesen.

  2. Angelica Urrutia | 29. Mai 2025 um 18:09 |

    Ich schließe mich meinen Vorredner an und bedanke mich für die sehr gute musikalische Unterstützung von Didi und Tochter, einfach Klasse! Wir haben sehr, sehr, sehr viele positive Rückmeldungen auch außerhalb Hattingen bis jetzt empfangen. Es gibt aber auch Probleme, weil manche sich durch diese „unbequeme“ Aktion in ihre Ruhe „gestört“ fühlen. Die Plakataktion fand statt mit der freundliche Unterstützung der kath. Pfarrgemeinde und wurde durch die Stadt mitgetragen. Leider wurden die Plakate durch unbefugte beschädigt, zerstört und ganz abgenommen. Wir gehen der Sache nach und werden die Verantwortlichen zur Rede stellen. Wir sind empört!

  3. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man fast drüber lachen: Die Plakate von unserer Kunstaktion gegen Femizide in #hattingen #blankenstein sind von Mitgliedern der dortigen katholischen Kirchengemeinde zerstört und entfernt worden. Statt sich mit einem Gottesdienst einmal mit der Frauenfeindlichkeit besonders der katholischen Kirche in Deutschland einmal reumütig des Themas anzunehmen, tritt Wut über unsere Aktion in den Vordergrund. Hätte ich mir gleich denken können.

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