Hattingen – Ein 36-jähriger aus Sprockhövel hatte sich heute (15. Januar 2025) vor dem Schöffengericht zu verantworten. Gegenüber seiner damaligen Ehefrau soll er im September 2022 sexuell übergriffig geworden sein.
2019 hatte der Angeklagte seine damalige Frau, die bereits ein Kind aus ihrer vorherigen Beziehung hatte, geheiratet und das Paar praktizierte eine „offene Ehe“. Die heute 28-Jährige bekam von dem Angeklagten ein weiteres Kind und wurde danach erneut schwanger.
Sexuell offene Beziehung
In der Ehe kriselte es ein wenig, man vergnügte sich auch gleichgeschlechtlich und während der Schwangerschaft ihres dritten Kindes begleitete sie im Jahre 2022 nach eigenen „sehr ausführlichen Schilderungen“ vor Gericht eine Freundin in einen Swingerclub. Dort traf sie auf einen Mann, der ihr sympathisch war und schon kurze Zeit später Kontakt mit ihr aufnahm.
Da die Beziehung der 28-Jährigen mit ihrem Noch-Ehemann „nicht mehr so gut lief“, intensivierte sich der Kontakt mit dem neuen Partner und dieser hielt sich danach immer wieder in der Wohnung der 28-Jährigen auf – man praktizierte kurzzeitig eine offene Dreierbeziehung, Sex inklusive.
Mitte September 2022 soll es dann in der Wohnung in Haßlinghausen zu einem sexuellen Übergriff gekommen sein, so die Staatsanwaltschaft. Als die 28-Jährige morgens in ihrer Küche vor dem Kühlschrank stand, soll ihr damaliger Ehemann ihre Hände festgehalten, ihr die Jogginghose runtergezogen und gegen ihren Willen sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen haben. Danach soll der sehr schlanke Angeklagte die hochschwangere Frau ins Schlafzimmer getragen und an ihr weitere orale sexuelle Handlungen vorgenommen haben, obwohl diese das nicht gewollt hat und ihr „NEIN“ auch so geäußert haben will.
Auch wenn im Gericht alle Details dieser Handlungen mehrfach und sehr ausführlich geschildert wurden, wird auf die Aufzählung weiterer Details hier aus Anstandsgründen verzichtet.
Der Strafverteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Schwierzy, bestätigte zu Beginn der fünfstündigen öffentlichen Hauptverhandlungen im Namen seines Mandanten im Wesentlichen die Sachverhaltsschilderung des Staatsanwaltes, bestritt jedoch vehement, dass die sexuellen Handlungen seines Mandanten an dessen früherer Ehefrau gegen deren Willen geschehen sei bzw. sein Mandant ein „Nein“ der Frau nicht wahrgenommen habe. „Die Tatsache, dass ich meine runtergezogene Jogginghose versucht habe hochzuhalten, ist schon ein erkennbarer Widerstand“, sagte dazu die 28-Jährige.
Die Frau informierte nach dem Übergriff telefonisch ihren auf dem Weg zu seiner Arbeit befindlichen neuen Partner über das Geschehene. Dieser verständigte die Polizei und fuhr zur Wohnung nach Haßlinghausen zurück.
Die ärztlichen Untersuchungen der 28-jährigen ergaben im Krankenhaus kurze Zeit später keine Verletzungshinweise auf erlittene übergriffige Aktivitäten.
Mehrmals das NEIN ignoriert
Am Ende der Beweisaufnahme war Staatsanwalt Nockmann davon überzeugt, dass sich das Tatgeschehen so, wie angeklagt, zugetragen hat. Er hielt die Aussagen der jungen Frau für glaubhaft, in sich schlüssig und sah keine Belastungstendenzen in ihrer Aussage gegenüber dem Angeklagten. Der nicht vorbestrafte Angeklagte habe mehrere „Nein“ der Frau ignoriert.
Ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe, für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, war das beantragte Strafmaß des Staatsanwaltes zuzüglich einer Geldauflage in Höhe von 5.000 Euro.
Diesem Antrag schloss sich auch die Rechts-Vertreterin der jungen Frau als Nebenklägerin an, betonte dabei die psychischen Folgen, unter der die junge Frau nach ihren Angaben immer noch leidet.
Strafverteidiger plädierte auf Freispruch
Der Strafverteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Schwierzy, stellte noch einmal heraus, dass sein Mandant mit seiner früheren Frau eine sehr offene Ehe geführt habe. Er sah immense Zweifel, dass sein Mandant im Rahmen der Gesamtkonstellation das „Nein“ der Frau hat erkennen können. Vielmehr habe sein Mandant am Tage der Tat auch aufgehört, als die Frau die Handlungen nicht mehr wollte. Somit plädierte er auf Freispruch.
Nach längerer Beratung verkündete der Vorsitzende Richter des Schöffengerichtes, Richter Kimmeskamp, dann das Urteil „Im Namen des Volkes“: Der bisher nicht vorbestrafte 36-jährige aus Sprockhövel wurde wegen sexuellem Übergriff zum Nachteil seiner früheren Ehefrau zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Strafe wurde für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. 36 Monate lang muss der Angeklagte jeweils 150 Euro, insgesamt also 5.400 Euro an das Frauenhaus des Ennepe-Ruhr-Kreises zahlen.
Der Richter betonte, an der Aussage der Frau „Ich will das jetzt nicht“ gebe es überhaupt nichts zu rütteln und das wäre auch nicht missverständlich.
Gegen das Urteil können noch Rechtsmittel eingelegt werden.