Hattingen- Zu Beginn der Stadtverordnetenversammlung wird zunächst Tönnis Meyerhoff-Rösener (Grüne) verabschiedet. Er legt sein Mandat nieder. Aus gesundheitlichen Gründen, wie er ausdrücklich betont. Er sei momentan nicht in der Lage den zeitlichen Aufwand zu betreiben, den eine gute Vorbereitung auf Ausschuss- und Fraktionssitzungen erfordere. Sein Nachfolger wird Nils Kriegeskorte, der den Grünen bisher schon als sachkundiger Bürger zur Seite stand.
Die ersten Tagesordnungspunkte werden routiniert abgearbeitet, sie wurden in den jeweiligen Ausschüssen gut vorbereitet. Auch der diskussionswürdige Punkt “Integration leben, Zukunft gestalten”, Fortschreibung des Hattinger Integrationskonzeptes 2014, ist noch erwartbar. Die Parteien wiederholen ihre Standpunkte aus dem vergangenen Haupt- und Finanzausschuss (HFA), präzisieren ein bisschen hier, stellen ein bisschen klar dort und verabschieden einen Arbeitsauftrag an die Verwaltung, eigene, neue Konzepte zu entwickeln, mit denen die Integrationshilfen ergänzend aufgestellt werden können. Welche dieser Konzepte umgesetzt werden sollen, wollen die Parteien dann möglichst auf der nächsten Stadtverordnetenversammlung entscheiden. Die Frage aus dem HFA, wieviel Geld die Stadt für Integrationshilfen ausgibt, wird auch beantwortet. Na ja, wenigstens teilweise. “Es fällt uns schwer hier eine eindeutige Antwort zu finden”, gibt Christine Freynik zu. “Einige Dinge wie Sozialbetreuung, Objektmieten, Sicherheitsdienste lassen sich beziffern. Bei anderen Posten ist nicht wirklich zu entscheiden, was sind Kosten für Integration, was sind Kosten die sowieso anfallen.” Die eindeutig benennbaren Ausgaben beziffert sie mit 1,3 Millionen Euro.
Haushaltsrede skizziert Licht und Schatten
Unerwartet schwierig wird der Punkt “Vergabe der Trägerschaft für die Kindertageseinrichtung “Am Rosenberg” ab dem Kindergartenjahr 2018/19″. War die Vorlage der Verwaltung in Jugendhilfeausschuss und HFA noch einstimmig angenommen worden, nachdem die Parteienvertreter ausführlich diskutiert hatten, will die CDU auf einmal nicht mehr mitmachen. Gerd Nörenberg stellt den Antrag, die Verwaltungsvorlage zurück an den zuständigen Fachausschuss (Jungendhilfeausschuss) zurück zu verweisen, damit sich ein weiterer Bewerber um die Kindertageseinrichtung “persönlich vorstellen kann”. Ein Vorstoß, der die übrigen Ratsvertreter aufschreckt und etwas Stimmung in den Saal bringt, der aber nicht mehrheitsfähig ist. Alle anderen Parteien lehnen ihn ab und stimmen der Verwaltungsvorlage zu.
Und dann ist es endlich so weit. Der Bürgermeister hält seine traditionelle Haushaltsrede (hier geht es zum Manuskript: klick!). Hier verweist der Verwaltungschef auf die großen Erfolge auf dem Weg zur Haushaltskonsolidierung. “Wir stellen zum dritten mal in Folge einen ausgeglichenen Haushaltsentwurf vor.” Doch als er auf die vielen Unwägbarkeiten hinweist, die Einfluss auf den wichtigsten Posten, die Gewerbesteuern, haben, ist auf einmal die Weltpolitik zu Gast im Hattinger Ratssaal. Kim Jong Un, Trump, der Brexit und die kriminellen Machenschaften ehemals angesehener Industrieunternehmen können das fein austarierte Zahlenwerk noch kräftig durcheinander wirbeln. Und dennoch, wenn Dirk Glaser auf die Erfolge verweist, die Politik, Verwaltung und Bürger auf dem Weg zu ausgeglichenen Haushalten erreicht haben, darf er zu Recht stolz sein und Dank an alle Beteiligten aussprechen. Das macht er auf vielen Ebenen und lässt dennoch nicht außer acht, dass Hattingen immernoch weit davon entfernt ist, beruhigt in die (finanzielle) Zukunft zu blicken.
Kämmerer schlägt Elternbeitragserhöhung vor
In diese Kerbe schlägt auch Frank Mielke mit seinen Haushaltsplan-Entwurft für 2018. Die Grundzüge hatte er bereits im HFA dargelegt, im Entwurf untermauert er diese Planungen nun mit Zahlen. An einigen Stellen erstaunlich konkret, an anderen gezwungenermaßen ungenau. “So wird die Kreisumlage erst beschlossen, nachdem wir unseren kommunalen Haushalt verabschiedet haben. Ein Umstand den wir und andere Städte im Ennepe-Ruhr-Kreis immer wieder beklagen”, sagt Frank Mielke. Angesichts der Tatsache, dass die Kreisumlage rund 23 Prozent des städtischen Haushalts umfasst, wird deutlich, welche Schwierigkeiten eine unerwartete Erhöhung mit sich brächte. “Die Stadt Hattingen, aber auch die umliegenden Kommunen, haben in den vergangenen Jahren darauf hingewiesen, dass der Kreis seine Sparanstrengungen verstärken muss”, so der Kämmerer. “Die Städte haben es in den vergangenen Jahren vorgemacht, jetzt muss die Kreisverwaltung ebenfalls über Sparmaßnahmen und auch Stellenabbau nachdenken.” Ja, der Stellenabbau. Nachdem die Anzahl der städtischen Stellen in 2017 aufgrund gesetzlicher Vorgaben wieder gestiegen ist, diese aber aufgrund anderer gesetzlicher Vorgaben aber auch wieder rausgerechnet werden durften, liegt die Stadt augenblicklich im Plan. Noch! Denn auf der Zielgeraden droht der Verwaltung die Luft auszugehen. “Augenblicklich verfehlen wir unser Ziel bis 2021 100 Stellen abgebaut zu haben”, sagt Frank Mielke. “Wir werden nach derzeitiger Vorhersage bei 95 abgebauten Stellen landen. Daran müssen wir arbeiten.” Und er hat eine weitere schlechte Nachricht. Auch wenn die Grund und Gewerbesteuern nicht erhöht werden, an den Elternbeiträgen für Kindergärten wird geschraubt. Der Kämmerer schlägt vor, dass die Stadtverordnetenversammlung eine Erhöhung von 1,5 Prozent für 2018 beschließt. Gleichzeitig skizziert Mielke aber auch, welche Einsparungen er für nötig hält, um wirklich zu einem augeglichenen Haushalt 2018 zu kommen. Die nächsten HFA-Sitzung und die kommende Stadtverordnetenversammlung wird spannend.