Hattingen – Ein Kindergeburtstag bedeutet in der Regel für die Kinder einen sehr schönen Tag – für die Eltern ist er oftmals anstrengend. Das so ein Kindergeburtstag auch aus dem Ruder laufen kann, erfuhren die Zuhörer jetzt im Amtsgericht bei einem Prozess.
Einspruch gegen Strafbefehl
Ein 38-Jähriger aus Hattingen hatte wegen einer Körperverletzung einen Strafbefehl über 4.800 Euro erhalten und dagegen Einspruch eingelegt. Somit kam es zu einer öffentlichen Hauptverhandlung, in der das Geschehen bewertet wurde.
Der Strafverteidiger des Angeklagten regte noch vor Eröffnung der Hauptverhandlung beim Vorsitzenden Richter direkt ein Rechtsgespräch mit dem Richter und dem Vertreter der Staatsanwaltschaft mit dem Ziel an, ob man das Verfahren nicht direkt gegen eine Geldauflage ohne Urteilsspruch einstellen könnte, das wäre für seinen Mandanten (beruflich) besser als eine Verurteilung, die sich auch im Bundeszentralregister durch einen entsprechenden Eintrag negativ für den 38-Jährigen auswirken könnte.
Nun war sein Mandant für das Gericht kein ganz unbeschriebenes Blatt, vier Einträge aus den Vorjahren im Bundeszentralregister zeugten von „gewissen früheren Aktivitäten“.
Kindergeburtstag mit viel Alkohol
Dann wurde der aktuelle Fall behandelt. Anfang Juli 2024 fand die Geburtstagsfeier des Grundschulkindes des Angeklagten in seiner Wohnung am Rande der Hattinger Innenstadt statt. Viele Familienmitglieder des Angeklagten trafen sich in der Wohnung und Alkohol floss bei diesem Kindergeburtstag reichlich, so der Strafverteidiger.
Gegen 21:15 Uhr wollten Familienangehörige mit Kleinkindern an diesem Tag den Heimweg antreten und bemerkten, dass sie mit ihrem Auto den Garagenhof, wo sie geparkt hatten, nicht verlassen konnten, andere dort abgestellte PKW verhinderten die Abfahrt.
„Die Situation auf dem Garagenhof ist sehr eng und die Verwandten hatten ihr Auto dort abgestellt, wo sie gar nicht parken durften“, sagte der Anwalt des Angeklagten. Der angetrunkene Angeklagte begab sich dann zu seinem Nachbarn um ihn zu bewegen, seinen Wagen wegzustellen. Es entstand ein längerer verbaler Streit. Der Angeklagte hatte allerdings beim falschen Nachbarn geschellt, dessen Auto im Weg stand.
„Mein Mandant war alkoholgeschwängert und dann ist ihm die Hutschnur geplatzt und er hat dem Nachbarn eine Ohrfeige verpasst“, so der Verteidiger. Die angebliche Ohrfeige stellte sich dann bei der Zeugenaussage des Geschlagenen als Faustschlag auf dessen linkes Ohr heraus – mit zweiwöchiger Schwellung.
Vor der Polizei versteckt und Notruf gewählt
Die Polizei wurde verständigt und als diese eintraf, soll sich der Angeklagte mit allen Geburtstagsgästen in seiner Wohnung „versteckt“ und auf Klingelzeichen der Beamten nicht reagiert haben. Die Beamten gaben sich deutlich vernehmbar zu erkennen, schalteten ihre Body-Cams ein und kletterten über den Balkon zur Wohnung des Angeklagten. Das entsprechende Video wurde im Gerichtssaal vorgespielt.
Und dann wählte der Angeklagte den Notruf und gab bei der Polizei-Leitstelle an, dass bei ihm gerade eingebrochen würde – missbräuchliche Verwendung des Notrufes nennt das die Staatsanwaltschaft – traurige Krönung eines Kindergeburtstages.
Strafverteidiger regt deutliche Geldauflage statt Verurteilung an
Der Nachbar des Angeklagten, der den Faustschlag „kassierte“, sah von einer Strafanzeige und privatrechtlichen Ansprüchen gegen seinen Nachbarn ab. Der Angeklagte entschuldigte sich bei ihm und bedauerte sein Verhalten außerordentlich.
Nach Bewertung aller Fakten in der Beweisaufnahme regte der Strafverteidiger bei den Gerichtsparteien noch einmal an, gegen eine „deutliche Geldauflage“ das Verfahren gegen seinen Mandanten einzustellen. Nachdem der Vertreter der Staatsanwaltschaft diesem zustimmte, verkündete Strafrichter Kimmeskamp, dass das Verfahren mit Zustimmung aller Beteiligten gegen den 38-Jährigen gegen Zahlung einer Geldauflage von 6.000 Euro eingestellt wird. Von den 6.000 Euro erhält der Geschädigte 500 Euro Schmerzensgeld, die Krebshilfe Hattingen-Sprockhövel erhält 5.500 Euro aus dieser Gerichtsauflage. Ein Urteil wurde somit nicht verkündet.
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