Blutegel, Faustschlag und Rechtsanwaltsrechnung – der heutige Montag im Amtsgericht

Amtsgericht Hattingen - Sitzordnung Saal 1. (Foto: Höffken)

Hattingen – Fünf Stunden lang wurde am heutigen Montag (13. Oktober 2025) im Hattinger Amtsgericht über verschiedene Einsprüche aus erlassenen Strafbefehlen und über Anklagevorwürfe mit dem Ziel verhandelt, die Wahrheit herauszufinden und Recht zu sprechen.

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Eine 35-jährige aus Sprockhövel war von einer Rechtsanwältin wegen Betruges angezeigt worden. Im Juni 2024 will die Angeklagte per Mail bei mehreren Rechtsanwaltskanzleien um Rat angefragt haben, da sie sich nach dem Internet-Kauf eines Kleinkraftrades benachteiligt sah. Eine der in der Verkaufsanzeige des Zweirades zugesagte Eigenschaft (ABS) des Kleinkraftrades traf nicht zu, wie sich erst bei Erhalt des Zweirades herausstellte.

Alle Mails an die verschiedenen Kanzleien endeten mit dem Satz „Bitte helfen Sie mir“. Gleichzeitig wurde in den Mails erwähnt, dass die 35-Jährige über eine Rechtsschutzversicherung verfügt. Während einige Rechtsanwaltskanzleien ein Mandat wegen Überlastung nicht annahmen, andere Kanzleien um eine vorherige Vollmacht zur Vertretung baten, wurde die Kanzlei der Rechtsanwältin, die die Anzeige wegen Betruges erstellt hatte, direkt tätig.

„Das ist sehr ungewöhnlich, ohne ausdrückliche Vollmachtserteilung durch meine Mandantin direkt tätig zu werden“, sagte der Strafverteidiger der 35-Jährigen und bemängelte gleichzeitig die Höhe der Forderung der direkt ohne Vollmacht tätig gewordenen Anwältin für ein Kurzgutachten.

Da die Angeklagte eine entsprechend zugestellte Kostennote der Anwältin über 321,30 Euro wegen ihrer lediglich gestellten Anfrage nicht bezahlt hatte, erhielt sie als Folge der Strafanzeige wegen Betruges vom Gericht einen Strafbefehl über 450,00 Euro. Dagegen hatte sie Einspruch eingelegt und so kam es zu der heutigen Hauptverhandlung.

In der letzten Woche hatte dann die Rechtsanwältin, die die Anzeige erstattet hatte, auch noch einen Adhäsionsantrag beim Gericht mit dem Ziel gestellt, mit einem Urteilsspruch gleichzeitig und rechtswirksam auch über die privatrechtliche Forderung zur Begleichung der 321,30 Euro entscheiden zu lassen.

Das alles blieb dann ohne Erfolg und die Anwältin zog ihren Adhäsionsantrag noch während der Hauptverhandlung zurück. Der Strafverteidiger, der Vertreter der Staatsanwaltschaft und Richter Kimmeskamp kamen am Ende der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, dass eine Täuschungsabsicht der Angeklagten nicht nachgewiesen werden konnte und somit auch keine Strafbarkeit gegeben war.

Damit wurde die Aktivität der Anwaltskanzlei, ohne entsprechend vorher erteilte Vollmacht und ohne vorherige Kontaktaufnahme sofort tätig zu werden, „entsprechend“ bewertet.

Die angeklagte 35-Jährige wurde dann auf Kosten der Landeskasse vom Vorwurf des Betruges freigesprochen.

Ob die Rechtsanwältin jetzt noch zivilrechtlich gegen die 35-Jährige wegen der 321,30 Euro vorgeht, wurde nicht bekannt.

Eine 41-Jährige aus Recklinghausen, die seit 18 Jahren in Deutschland lebt, musste wegen der erforderlichen Verständigung durch einen aus dem Russischen übersetzenden Dolmetscher in der Hauptverhandlung unterstützt werden. Sie war wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt.

Ende Mai 2025 hatte sie mit ihrem 13-jährigen Sohn eine Freundin in Hattingen besucht und in deren Wohnung einen dort vorhandenen Blutegel unterhalb des Bauchnabels an ihrem Sohn angelegt. Damit sollte das „Rauchverhalten“ des Minderjährigen „korrigiert“ werden. Nach der Behandlung blieb am Bauch eine kleine blutende Wunde.

Am nächsten Tag soll sich der 13-Jährige morgens noch gut gefühlt, dann aber in der Schule in Recklinghausen so über Schmerzen geklagt haben, dass von der Schule ein Rettungswagen und die Polizei alarmiert und der Junge in ein Krankenhaus transportiert wurde. Dort verblieb der Junge einen Tag. Die Polizei erstattete Anzeige.

Strafverteidiger Rechtsanwalt Steffen erläuterte, dass im Heimatland der Angeklagten eine Behandlung mit Blutegeln nicht ungewöhnlich und der 13-Jährige mit der Behandlung einverstanden gewesen sei. Die gesundheitlichen Beschwerden in der Schule seien nicht auf die Blutegel-Behandlung zurückzuführen, das hätten auch die ärztlichen Befunde ergeben. Den Anklagevorwurf einer gefährlichen Körperverletzung sah er nicht nachgewiesen.

Am Ende der Beweisaufnahme wurde mit Zustimmung aller Prozessbeteiligten beschlossen und verkündet, dass das Verfahren gegen die 41-Jährige gegen Zahlung einer Geldauflage von 300 Euro, zahlbar in monatlichen Raten von je 50 Euro, an die Krebshilfe Hattingen/Sprockhövel eingestellt wird.

Ein 24-Jähriger, der Justiz kein Unbekannter, hatte sich wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte zu verantworten.

Im Rahmen des letztjährigen Sprockhöveler Stadtfestes wurde von einer Security-Mitarbeiterin am späten Abend des 7. September 2024 beobachtet, wie es außerhalb des Stadtfestgeländes am Kreisverkehr auf der Hauptstraße zu einem Pfefferspray-Einsatz gegen eine Gruppe von Personen kam, die zuvor eine verbale Auseinandersetzung mit den Tatverdächtigen hatten. Drei Männer und zwei Frauen entfernten sich dann zügig von der Örtlichkeit und die Sicherheitskräfte und benachrichtigte Kräfte der Polizei nahmen die Verfolgung der flüchtenden Tatverdächtigen auf.

Nachdem den Rufen der Polizeikräfte „Halt stehenbleiben Polizei“ nicht Folge geleistet wurde, konnten die Tatverdächtigen mit Unterstützung weiterer Security-Kräfte, die in der Flüchtlingsunterkunft tätig waren, im Bereich des Parkplatzes an der Glückauf-Allee gestellt werden.

Die von einem Tatverdächtigen, dessen Strafverfahren von dem heutigen Verfahren abgetrennt wurde, weggeworfene Reizgasflasche wurde von einem Securitymitarbeiter sichergestellt.

Über die weiteren Abläufe der Durchsetzung polizeilicher Maßnahmen zur Identifizierung der „Reizgas-Sprüher“ gab es bei Gericht unterschiedliche Aussagen des Tatverdächtigen und der Security- und Polizeikräfte. Der 24-jährige Angeklagte gab zu, erheblich alkoholisiert einer Security-Kraft einen Faustschlag in dessen Gesicht verpasst zu haben. Aufgrund des Faustschlages blutete der Security-Mitarbeiter und hatte einige Tage Schmerzen.

Bei der Video-Aufzeichnung der Polizei-Aktion mittels seines Handys will der Angeklagte von der Taschenlampe eines Security-Mitarbeiters bewusst geblendet und später bei der Festnahme und Fixierung auf dem Boden liegend „unsanft“ und unnötig hart von den Kräften behandelt worden sein. Später wurde er in das Polizeigewahrsam transportiert.

Am Ende der Beweisaufnahme mit Anhörung zahlreicher Zeugen und mehrmaliger Betrachtung des vom Angeklagten erstellten Kurzvideos der Aktion plädierte der Vertreter der Staatsanwaltschaft unter Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Fakten an das Gericht, gegen den 24-Jährigen wegen vorsätzlicher Körperverletzung und wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte eine Gesamtstrafe von 80 Tagessätzen zu je 40 Euro, also 4.000 Euro, zu verhängen.

Diesem Plädoyer folgte Richter Kimmeskamp und verurteilte den Angeklagten entsprechend „Im Namen des Volkes“ wie vom Staatsanwalt beantragt. In seiner Urteilsbegründung bewertete der Strafrichter die vorgenommenen Dienstmaßnahmen der beteiligten Kräfte als gerechtfertigt, berücksichtigte den zugegebenen Faustschlag des Angeklagten als Geständnis und bewertete die Widerstandshandlung gegen die Einsatzkräfte nicht als besonders hochschwellig.

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