WIR MÜSSEN STANDHAFT BLEIBEN

Bürgermeister Dirk Glaser (Foto: RuhrkanalNEWS)

Hattingen- Der versuchte Mord am Altenaer Bürgermeister Andreas Hollstein beherrscht bundesweit die Schlagzeilen. Der Mann, der sich seit 1999 als Verwaltungschef für das Wohl seiner Stadt im Sauerland einsetzt, hatte erst vor wenigen Wochen den ersten Integrationspreis für den Umgang mit Flüchtlingen in seiner Kommune entgegengenommen. Hattingens Bürgermeister Dirk Glaser kennt seinen Amtskollegen schon seit langem, er bezeichnet ihn als Freund. Im Vorfeld der Regionale 2013 standen beide häufig in der Kritik, wegen des Burgaufzugs, der mit Millionensummen in Altena gebaut wurde. Diese Investition entpuppt sich inzwischen als Segen für die Stadt, die Kritiker sind verstummt.

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RuhrkanalNEWS: Herr Glaser, was war Ihr erster Gedanke, als Sie von dem Attentat auf Andreas Hollstein erfuhren?

Dirk Glaser: Ich dachte „Um Gottes Willen“, als mich die Nachricht über mehrere Personen fast gleichzeitig erreichte. Auch wenn schnell klar war, dass die Verletzung glücklicherweise nicht lebensbedrohlich war. Ich habe ihm dann sofort Nachricht mit guten Besserungswünschen geschickt. Als sich der erste Schock über die Tat gesetzt hatte, war ich erschrocken, wie nah auf einmal Ereignisse gerückt sind, die man sonst nur aus den Medien kennt. Und dann fängt man schon an nachzudenken.

RuhrkanalNEWS: Haben Sie mit dem Gedanken gespielt, das Amt niederzulegen?

Dirk Glaser: Nein! Ich bin an der Stelle genau der Meinung von Andreas Hollstein, die er am Morgen nach der Tat geäußert hat. Wir müssen selbstbewusst bei der Sache bleiben und dürfen uns nicht von Hassreden vom Weg abbringen lassen. Wir dürfen an der Stelle nicht nachgeben und müssen standhaft bleiben. Und um es ganz deutlich zu sagen: Andreas Hollstein macht für seine Stadt eine erstklassige Politik. Er ist Bürgermeister in der Stadt Nordrhein-Westfalens, die mit dem stärksten Einwohnerrückgang im Westen zu kämpfen hatte. Und mit manchmal unkonventionelle Methoden hat er in Altena viel erreicht.

RuhrkanalNEWS: Andreas Hollstein berichtete von Hassmails bereits im Vorfeld der Tat, in denen er für seine Flüchtlingspolitik bedroht wurde. In Hattingen wurde ebenfalls lang und breit beispielsweise über die Belegung der Turnhalle diskutiert. Haben Sie ebenfalls Drohmails bekommen?

Dirk Glaser: Nein, glücklicherweise nicht. Ich wurde beschimpft, in persönlichen Gesprächen, per Mail und in den sozialen Netzwerken, aber das waren keine Bedrohungen. Dass die Wortwahl nicht dem entspricht, was man als „höflich“ bezeichnet, ist bedauerlich, aber das muss man als Politiker und Verwaltungschef heute wohl leider aushalten. Und das hat nichts damit zu tun, dass man die Entscheidungen der Stadt, des Rates und auch von mir kritisieren kann und darf. Es bezieht sich nur auf Form und Stil, es geht bei Kritik leider inzwischen häufig unter die Gürtellinie.

RuhrkanalNEWS: Kann man an der Stelle von der Verrohung der Sitten sprechen?

Dirk Glaser: Ja, das ist leider ein allgemeiner Trend. Die Wortwahl in den sozialen Medien wird immer drastischer. Da wird mit unglaublichen Parolen, Forderungen und Drohungen Stimmung gemacht. Und dagegen müssen wir uns wehren. Denn eine allgemeine Verrohung ist nicht mehr abzustreiten. Dass es auch anders geht, beweist die Hattinger Stadtverordnetenversammlung. Dort diskutieren die verschiedenen Fraktionen häufig unglaublich engagiert miteinander. Da geht es schon mal verbal ziemlich rund. Aber es wird eben nie persönlich, es geht immer um die Sache. Und auch wenn man am Ende mit seinen Forderungen unterliegt, nach der Ratssitzung können sich alle immernoch unterhalten. Sie wissen, es geht auch dem Gegenüber um das Wohl der Stadt.

RuhrkanalNEWS: Müssen sich die Ratsparteien in Hattingen noch eindeutiger gegen rechte Pöbler positionieren?

Dirk Glaser: Ach, ich glaube das leben alle Ratspolitiker jeden Tag überzeugend vor. Es ist nicht wirklich nötig, dass wir an dieser Stelle noch mal extra etwas unternehmen. Wie gerade schon gesagt: In den Ratssitzungen wird nie der Mensch aus den Augen verloren, trotz unterschiedlicher Meinungen begegnet man sich mit Respekt.

RuhrkanalNEWS: Vielen Dank für das Gespräch.

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