Ein Kommentar von Frank Strohdiek
Hattingen/Ennepe-Ruhr-Kreis – Die Europawahl steht vor der Tür und sie scheint so wegweisend zu werden, wie lange nicht. Doch der Wahlkampf in Deutschland ist schleppend, um nicht zu sagen, er findet nicht statt. In den vergangenen Tagen wurden die obligatorischen Wahlplakate aufgehängt oder aufgestellt. Doch die “Botschaften” sind beliebig bis nichtssagend. Man muss schon sehr genau hinsehen, um festzustellen von welcher Partei die Plattitüde ist. Auch die erwartbaren Provokationen vom äußersten rechten Rand zielen weniger auf inhaltliche Aussagen, als auf maximales Empörungspotenzial. Es geht hier nur darum, mit den Provokationen möglichst in der Presse zu erscheinen. Wer die eigene politische Position mit denen der zur Wahl stehenden Parteien vergleichen möchte, kann dies wieder mit dem Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung machen. Wobei dieses Instrument nur einen schnellen Überblick verschafft, genauere Informationen lassen sich jedoch über Links zu den jeweiligen Parteiprogrammen beschaffen.
Wahl-O-Mat kann helfen
Die kommende EU-Wahl kann das Gesicht der Europäischen Union entscheidend und signifikant verändern. Es besteht die Gefahr, dass verschwundene Grenzen wieder errichtet werden, dass nationale (nationalistische) Interessen das Gemeinschaftswerk zerstören oder zumindest entscheidend schwächen. Interessanterweise sind, europaweit betrachtet, gerade in den Ländern die Anti-EU-Kräfte am Stärksten, die enorm von der EU profitiert haben. Polen und Ungarn mit ihren EU-feindlichen Regierungsparteien haben Fördermittel dankend angenommen, zeigen aber nur wenig Engagement, wenn es darum geht die politischen und moralischen Werte der Gemeinschaft zu leben. Großbritannien erlebt gerade, dass es doch keine besonders schlaue Idee war, die Gemeinschaft zu verlassen. Hier haben sich die EU-Feinde allerdings direkt nach ihrem Wahlerfolg verdünnisiert. Die Probleme mit dem Brexit sollen bitteschön andere lösen. Aber auch in Deutschland werden EU-Skeptiker immer stärker. Dabei hat Deutschland beispielsweise durch den Wegfall von Zöllen und Grenzen nicht nur wirtschaftlich gewonnen.
EU als Friedensprojekt
Ja, die EU ist verbesserungswürdig. Hier ist vieles ungerecht, umweltverschmutzend und wohl auch korrupt. Die Schere zwischen arm und reich klafft weiter auseinander, das betrifft Mitgliedsstaaten ebenso, wie die EU-Bürger. Die manchmal unanständig offene Fixierung auf Unternehmensinteressen, die häufige Ignoranz von Bürgerprotesten und ungerechte Sozialgesetze können einem ein ums andere mal die Zornesröte ins Gesicht treiben. Unbestritten ist aber auch: Hier wachen wir morgens auf und die größte Gefahr eines unnatürlichen Todes zu sterben, lauert im Straßenverkehr. Wir können, allen Unkenrufen zum Trotz, auch nach Einbruch der Dunkelheit Freunde besuchen oder mit ihnen ausgehen und sind am nächsten Tag normalerweise gesund und munter wieder zuhause. Alle Kriminalitätsstatistiken zeigen sinkende Zahlen, auch wenn das von interessierten politischen Gruppen immer wieder in Abrede gestellt wird. Allerdings berufen sich diese interessierten Gruppen dann auf ihr “Gefühl” und nie auf prüfbare Fakten.
Das Wasser aus dem Hahn macht uns nicht krank, Medikamente sind innerhalb eines Tages zu beschaffen und meistens sogar sofort in Apotheken vorrätig. Niemand muss verhungern, unsere Sozialsysteme sorgen für ein Dach über dem Kopf. Bildung ist kostenlos, Ärzte behandeln alle, die es nötig haben. All das ist besser, als im größten Teilen der restlichen Welt.
In (West-)Europa genießen wir die längste Friedensphase überhaupt, denn Regierungen reden direkt und indirekt so viel miteinander, dass Krieg glücklicherweise keine Chance hat. Wie schnell es auch anders gehen kann, wenn Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausgespielt werden, ist den älteren unter unseren Lesern noch aus dem ehemaligen Jugoslawien bekannt. Allen wurde von den Kriegstreibern versprochen, dass es ihnen in Einzelstaaten besser gehe. Die Bevölkerung wurde aufgehetzt, weil sie entweder die unproduktive, schmarotzende Nachbarvolksgruppe mit durchfüttern müsse oder weil die Nachbarn angeblich traditionelle Eigenheiten unterdrücken würde. Am Ende schossen Nachbarn aufeinander, übelste Kriegsverbrechen sind dokumentiert, kleine Staaten entstanden und neue Grenzen wurden errichtet. Ressentiments gegen die Nachbarstaaten sind bis heute weit verbreitet. Wer Zeitungsartikel liest, Talkshows verfolgt und sich auch sonst politisch auf dem Laufenden hält, kann sehen, wie die aufhetzenden Argumentationslinien aus Jugoslawien von heute politisch agierenden, meistens rechten Gruppen Europas wiederholt werden.
Deshalb ruft RuhrkanalNEWS dazu auf: Geht wählen! Wählt demokratisch!