Ein Kommentar von Frank Strohdiek
Die Hattinger SPD ist die erste Partei, die sich eindeutig und offiziell für den Kommunalwahlkampf positioniert. In gut einem Jahr wird erneut über den Posten des Bürgermeisters abgestimmt. Mit Frank Mielke als möglichem Kandidaten haben die Sozialdemokraten einen echten Kracher direkt zum Auftakt gesetzt. Ein erfahrener Verwaltungsmann, in Hattingen verwurzelt und mit SPD-Stallgeruch, der als Kämmerer auch eine Art Amtsbonus genießt, wird ein schwerer Gegner. Dabei ist noch gar nicht klar, gegen wen Frank Mielke antreten wird. Dirk Glaser lässt noch offen, ob er erneut kandidiert, die Grünen überlegen, ob sie einen Kandidaten oder eine Kandidatin aufstellen werden. Aus der FDP ist ebenfalls zu hören, dass ein eigener Kandidat zumindest denkbar sei. Die CDU hat sich noch nicht geäußert.
Für Dirk Glaser würde es auf jeden Fall schwer, der Unterstützerkreis, der den parteilosen Seiteneinsteiger 2015 ins Amt hob, ist deutlich weggebrochen. Die FDP fremdelt seit Längerem offen mit dem Mann, den sie seinerzeit unterstützte. Die Grünen sind auch immer weiter auf Distanz gegangen, hinter vorgehaltener Hand äußern sie zunehmend häufig ihre Unzufriedenheit mit dem Amtsinhaber. Die CDU schweigt noch zur Frage, ob sie Dirk Glaser erneut unterstützt oder ob sie jemanden mit CDU-Parteibuch aufstellt.
Die SPD hat jedenfalls frühzeitig einen möglichen Kandidaten präsentiert. Bei der Jahreshauptversammlung deutet nichts darauf hin, dass er von der Partei nicht nominiert wird. Aus dem Fehler der vergangenen Kommunalwahl haben die Mitglieder gelernt. Damals spaltete die Frage den Stadtverband, ob man als SPD den parteilosen Dirk Glaser unterstützen solle oder den SPD-Mann Manfred Lehmann. Auch wenn sich die SPD letztlich mit Mehrheit auf Manfred Lehmann festlegte, gab es einige Sozialdemokraten, die trotzdem Werbung für den parteilosen Widersacher machten. Dieses Mal wirkt der Stadtverband einig und die SPD geht höchstwahrscheinlich erneut mit einem ausgewiesenen Verwaltungsfachmann an den Start. Sollte es so kommen, wird es spannend, wie der Bürgermeister und der Kämmerer bis zur Wahl zusammenarbeiten, auch wenn beide betonen, dass sie Profis sind und die Zusammenarbeit nicht leiden werde. Je näher der Wahltermin rückt, desto schwieriger dürfte es werden. Das ist schon jetzt zu merken, wenn SPD-Mann Paas die Übertragung der Nutzungsrechte am Kanalnetz zu einer „Meisterleistung“ von Frank Mielke erklärt, der Bürgermeister sich dieses Projekt aber selbstverständlich auch auf die Fahne schreibt.
Spannend wird die Kommunalwahl 2020 auch deshalb, weil für das Bürgermeisteramt dann wahrscheinlich die einfache Mehrheit reicht. Bei drei Kandidaten wäre es also möglich, mit weniger als 50 % der Stimmen ins Verwaltungschef-Büro einzuziehen. Dass der Wahlkampf bei allen Parteien ab sofort eröffnet ist, werden die Hattinger übrigens auch daran merken, dass plötzlich wieder viel mehr Parteienvertreter zu offiziellen Terminen erscheinen, bei denen die Presse Fotos macht. Außerdem wird sicher der ein oder andere verwaiste Facebook-Account plötzlich wieder bespielt.
2017 habe ich mit Frank Mielke ein Sommerinterview geführt und dabei private Einblicke erleben dürfen. Ich weiß seit dieser Zeit, dass Hattingens Kämmerer es gern scharf liebt – beim Essen. Ihn reizen exotische Reiseziele, beispielsweise der Iran oder Äthiopien. Er betritt gerne Neuland und ist nicht gern auf ausgetretenen Wegen unterwegs. Er liebt schon seit seiner Hattinger Schulzeit die Welt der Zahlen. Zahlenspiele dürften ihn in der Phase der Entscheidung intensiv begleitet haben.Der ein oder andere dürfte auch scharf Luft geholt haben, als er von der Nominierung durch den erweiterten Vorstand erfahren hat.Und die Schärfe des Kandidaten gibt es sicher auch bald zu spüren – nicht nur bei den Speisen des leidenschaftlichen Hobbykochs. Mielke nur auf einen strammen Sozialdemokraten zu reduzieren, trifft es ganz sicher nicht. Wer gerne unterwegs ist, an unbekannten Orten mit den Menschen spricht, der könnte auch in der heimischen Politik für Ueberraschungen sorgen. Positiv ist auch: Er kennt die Verwaltung sehr gut und weiß, wie das System läuft. Der Amtsinhaber – und ich habe eigentlich keinen Zweifel, dass er nochmal in den Ring steigt – dürfte es schwer haben. Ob ein grüner Kandidat punkten kann, weil der Wähler die Grünen nicht nur als europäische Richtung ansieht, muss man abwarten. Spannend wird auch das Arbeitsverhältnis zwischen dem Amtsinhaber und seinem Herausforderer – eine heiße Sache, an der man sich aber nicht unbedingt den Mund Verbrennen muss.