KANALNETZÜBERTRAGUNG WIRD KOMMEN

Vor der Ratssitzung zur Kanalnetzübertragung bereiten sich alle Stadtverordneten vor (Foto: RuhrkanalNEWS)

Hattingen – Gilbert Gratzel wirbt mit einer flammenden Rede für die Übertragung der Nutzungsrechte am Hattinger Kanalnetz an den Ruhrverband. Er spricht in seiner Rede von einer „Jahrhundertchance“ für die Stadt. Die Entscheidung für den Vorschlag der Verwaltung, oder um genau zu sein, den Vorschlag des Kämmerers, zeichnet sich recht früh ab. Frank Mielke beschreibt einq Szenario , in dem sich neue Chancen für Hattingen ergeben. Zum einen werden die Kredite der Stadt um 110,7 Millionen Euro sinken. Selbst wenn das Land einen Entschuldungsfonds für notleidende Kommunen auflege, gebe es noch genug Kredite, die zu tilgen seien. „Außerdem können wir 6,5 Planstellen im Fachbereich 70 abbauen, was uns dem Ziel insgesamt 100 Stellen innerhalb der Verwaltung zu kürzen, deutlich näher bringt“, so der Stadtkämmerer. Außerdem würden der Stadt in den kommenden 20 Jahren 25 Millionen Einnahmen zufließen, die Rückstellungen für Löhne und Pensionen sänken um 270.000 Euro, das bringe der Stadt, „stand heute“, unter dem Strich bereits in diesem Jahr eine leichte Steigerung des geplanten Überschusses im aktuellen Haushalt.

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Mit dem heutigen Beschluss kann die Stadt sich daran machen die nötigen Verträge mit dem Ruhrverband auszuarbeiten. Diese werden anschließend von der Bezirksregierung geprüft und danach vom Land genehmigt. Wenn alles nach Plan läuft, wird das Kanalnetz zum 1.1.2020 an den Ruhrverband übertragen.

Bis zum Schluss finden Gespräche mit den Ruhrverbandvertretern statt (Foto: RuhrkanalNEWS)

Auch die SDP positioniert sich eindeutig pro Kanalnetzübertragung. „Wir beschäftigen uns seit November 2018 intensiv mit diesem Thema. Dabei konnten wir auf die Expertise der unabhängigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft pkb zurückgreifen“, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Melanie Witte-Lonsing. „Das komplizierte Verfahren ist nur schwer zu durchschauen. Aber es ist kein Cross-border oder SWAP-Geschäft, die in der Vergangenheit zurecht in Verruf geraten sind.“ Und weil es nicht mal eben an einem Vormittag auf dem Marktplatz zu erklären sei, stimmt die SPD geschlossen gegen den Antrag der Linken, über das Geschäft in einem Ratsbürgerentscheid alle Hattinger abstimmen zu lassen.

Namentliche Abstimmung bringt Entscheidung

Dieser Ansicht schließen sich fast alle anderen Parteien an. „Wir haben das Mandat und nehmen es mit Verantwortung wahr“, begründet Frank Staacken für die Grünen die Ablehnung und positioniert sich ebenfalls pro Kanalübertragung. Aber damit endet auch die parteiübergreifende Einigkeit. Die CDU spricht sich gegen das Geschäft aus. „Es gibt viele Unwägbarkeiten, von denen Erfolg oder Misserfolg abhängen“, so Gerhard Nörenberg in seiner Rede. „Wenn die Zinsentwicklung, so wie in Japan, jahrzehntelang bei null Prozent bleibt, zahlt die Stadt drauf. Werden weniger als die geplanten Stellen abgebaut, ebenso.“ Diese Risiken sehen auch die Linken, für die Friedhelm Knippel spricht. „Ich habe bei meiner Bank nachgefragt. Wenn ich als Privatmann 100 Millionen Euro Kredit aufnehme, bekomme ich den mit einem auf 20 Jahre festgeschrieben Zins von 1,65%. Die Stadt kann sicherlich noch bessere Konditionen herausschlagen.“ Diese Ansicht sorgt für Gelächter im Ratssaal, auch wenn Knippel darauf verweist, dass dies ein besseres Geschäft sei, als der Vertrag mit dem Ruhrverband.

Die Linken-Piraten stellen den Antrag, Rückstellungen zu bilden, damit die Stadt zumindest die Chance hat, nach 20 Jahren vom Vertrag zurück zu treten. „Anders wird die Stadt diese vertraglich festgelegte Möglichkeit auf keinen Fall wahrnehmen können“, sagt Gunnar Hartmann. Nach zwanzig Jahren hat die Stadt die einzige Chance den Vertrag zu kündigen. Danach gilt die Nutzungsübertragung dauerhaft, „auf ewig“, wie Frank Mielke betont. Er verweist darauf, dass diese Rückstellungen bedeuten würden, dass die geplanten Entschuldungen nicht so wie geplant möglich seien. Erwartungsgemäß lehnt eine große Mehrheit des Rates den Antrag daraufhin ab.

Am Ende wird auf Antrag der Linke-Piraten namentlich abgestimmt. Mit 17 zu 28 Stimmen wird die Vorlage der Verwaltung angenommen. Eine deutliche Mehrheit, die vor wenigen Tagen noch nicht absehbar war.

RuhrkanalNEWS wird die Redemanuskripte ergänzen, sobald sie zur Verfügung gestellt werden

Die Vorlage der Verwaltung

Die Rede von Gilbert Gratzel

Die Rede von Gerhard Nörenberg