Hattingen– Es ist keine kleine Aufgabe, vor der die Stadtverwaltung gerade steht. Oft müssen innerhalb weniger Tage Notunterkünfte für Flüchtlinge bereit gestellt werden. Dabei ist die Zahl der zu versorgenden Menschen stark schwankend. “In der Talstraßen hatten wir vor kurzem weniger als 100 Menschen die dort wohnten, aktuell sind es wieder fast 200”, beschreibt Dezernentin Beate Schiffer die Planungsschwierigkeiten an einem konkreten Beispiel. “Doch insgesamt nimmt die Zahl der Flüchtlinge die uns zugeteilt werden zu.” Waren es im August diesen Jahres noch 50 Neuankömmlinge, so ist die Zahl seitdem in jedem Monat gestiegen. Im November sind es, Stand 12.11., 129 Flüchtlinge.
Bei der derzeitigen Entwicklung wird die Stadt demnächst wohl weitere Turnhallen für Flüchtlinge in Anspruch nehmen müssen. Am weitesten voran geschritten sind die Pläne für die Turnhalle in der Bismarckstraße. Dort hat das Bauamt bereits den Brandschutz geprüft und weitere Sicherheits-, sowie die Sanitäranlagen abgenommen. “Aber auch die Hallen Im Rüggenweg, in Bredenscheid und in der Marxstraße haben wir im Fokus”, berichtet Bürgermeister Dirk Glaser. “Allerdings stehen wir da mit den Planungen noch ganz am Anfang.” In der Bismarckstraße fehlen aktuell noch die Feldbetten, dann kann sie von bis zu 88 Flüchtlingen bezogen werden. Im Rüggenweg und in Bredenscheid könnten langfristig jeweils 100 Menschen untergebracht werden und die Marxstraße böte im Ernstfall 199 Flüchtlingen ein Dach über dem Kopf. Die Versorgung klappt so gut, da in Hattingen viele Ehrenamtliche helfen. “Vom Paten der durch unbekannte Verwaltungswege hilft, über die Kleiderkammer bis hin zu Dolmetschern und Lehrern engagieren sich viele Bürger unserer Stadt”, so Glaser. “Ich hoffe, dass diese Solidarität erhalten bleibt.”
Sportzeiten müssen neu geplant werden
“Mir ist klar, dass das für die Vereine in der Stadt zu Einschränkungen führen wird und dass auch der Schulsport anders organisiert werden muss”, so Glaser. “Wir stehen deshalb im engen Kontakt mit den Sportvereinen.” Bei 21 Hallen im Stadtgebiet, so Glaser, müsse es möglich sein, enger zusammen zu rücken, wenn vier Hallen für Menschen in Not benötigt würden. Die Turnhalle Talstraße ist vom Land bisher nur bis zum 28. Februar 2016 angefordert. Stand heute, eine häufig gebrauchte Formulierung beim Informationsgespräch, werde sie danach wieder frei.
Die Stadt plant allerdings schon weiter. So werden Wohnungen angemietet, um Flüchtlinge die bleiben dürfen unterzubringen. “Dabei suchen wir vor allem kleine Wohnungen, die im Rahmen der Hartz IV Vorgaben angemietet werden können. Hier haben wir aktuell tatsächlich einen Engpass”, sagt Beate Schiffer. “Für Familien mit Kindern ist das Wohnungsangebot etwas besser.” Lobend äußerten sich die Stadtvertreter über die Kooperationsbereitschaft der örtlichen Wohnungsgesellschaften. Gemeinsam habe man bereits mehrere Flüchtlinge unterbringen können. “Wir schauen dabei auch auf das Umfeld, schließlich sollen die neuen Mitbürger in eine bestehende Sozialstruktur passen.” Das sei bisher perfekt gelungen. Viele leerstehende städtische Immobilien, die immer wieder ins Gespräch gebracht werden, sind dabei für die Unterbringung ungeeignet. Einige könnten möglicherweise mit viel Aufwand bewohnbar gemacht werden, aber diese Zeit habe man nicht, so die Stadtvertreter. Doch die Option gegebenenfalls Wohncontainer aufzustellen sei auch durchgespielt worden. Hier könne es durchaus Möglichkeiten geben
In der 90-er Jahren waren es 2.900 Flüchtlinge
Erfreut äußert sich Dirk Glaser über die evangelische Kirchengemeinde in Winz-Baak, die kurzfristig Kirche und angrenzende Gemeinderäume zur Verfügung stellte, um 50 Menschen unterzubringen. Aber, auch das wurde deutlich gesagt, dort können die Flüchtlinge nur eine Woche bleiben, dann müssen sie woanders untergebracht werden. In der Gruppe befinden sich zahlreiche Kinder, darunter Zwillinge die erst vor 10 Tagen zur Welt kamen. “Und das dürfen wir, bei allen aktuellen Schwierigkeiten in der Planung und den möglichen Einschränkungen beim Sport, nicht vergessen: Es geht um Menschen!”, sagt Dirk Glaser mehrfach. Und erinnert an die Zeit des Balkankriegs in den 90-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Damals habe allein Hattingen 2.900 Flüchtlinge aufgenommen. Und aus den damaligen Flüchtlingen seien inzwischen geschätzte Mitbürger geworden, deren Kinder hier zur Schule gegangen seien. “Die sehen sich zurecht als Hattinger und ich glaube daran, dass es mit den heutigen Flüchtlingen und deren Kindern genau so gut klappt,” ist sich Dirk Glaser sicher.