HAUSHALTSLAGE BLEIBT ERNST, MIT SILBERSTREIF AM HORIZONT… VIELLEICHT

Hattingen- Der Kämmerer stellt den Etatentwurf der Verwaltung vor und bleibt an vielen Stellen ungenau. Doch das ist kein Vorwurf an die Verwaltung, die Haushaltsplanung einer Kommune hängt einfach von viel zu vielen Faktoren ab, auf die die Städte keinen Einfluss haben. Bürgermeister Dirk Glaser fasst es in seiner ersten Etatrede knapp zusammen: „Unsere freien Mittel, die wir für sogenannte freiwillige Zwecke ausgeben, wie etwa die Stadtbibliothek, belaufen sich auf etwa sechs Prozent des Haushalts. Der Städte- und Gemeindebund geht von bis zu 15 Prozent bei seinen Mitgliedskommunen aus und beklagt, dass schon diese 15 % zu wenig sind. Wir haben 6%. Sind also auch hier ganz unten auf der Skala.“

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Bei der Vorstellung des Entwurfes durch Kämmerer Frank Mielke wird deutlich, wie schwierig die finanzielle Lage Hattingens weiterhin ist. Eine weitere Erhöhung der Grundsteuer B, über die im vergangenen Jahr beschlossene Steigerung hinaus, ist für Politik und Verwaltung ausgeschlossen. Eine Verringerung des Defizits über diese einzig verlässlich fließende Einnahmequelle ist somit unmöglich. Momentan profitiert die Stadtkasse von erfreulich sprudelnden Einnahmen aus Einkommens- und Gewerbesteuer. „Aber alle wissen,  vor allem die Gewerbesteuereinnahmen sind ein scheues Reh“, beschreibt Frank Mielke die stark schwankenden Einnahmen aus diesem Bereich. Außerdem helfen die niedrigen Zinsen über einige Schwierigkeiten hinweg. Doch im Raum steht die Angst davor, dass sie wieder steigen könnten. „Wir befinden uns in der Zinsfalle.“

Hohe Steuereinnahmen und niedrige Zinsen sorgen für ausgeglichenen Entwurf

Ratssitzung am 6. Oktober 2016 (Foto: RuhrkanalNEWS)

Ratssitzung am 6. Oktober 2016 (Foto: RuhrkanalNEWS)

Bleiben nur Sparmaßnahmen. Zum Beispiel beim Personalabbau bis 2021. Bis dahin sollen 100 Stellen der Stadtverwaltung wegfallen. Durch „natürliche Fluktuation“, wie es so schön heißt. Das bedeutet, dass betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden. Doch wenn der Kämmerer bei diesem Punkt verkündet, dass man voll im Plan liege, muss er zu einem Rechentrick greifen. Denn in Wahrheit ist die Zahl der städtischen Bediensteten wieder leicht gestiegen. Aber die werden einfach rausgerechnet. „Das sind Effekte, die wir nicht beeinflussen können. Externe Gutachter haben vorgegeben, dass wir im Bereich der Feuer- und Rettungswache mehr Mitarbeiter benötigen, um unsere gesetzlichen Verpflichtungen erfüllen zu können“, erklärt Frank Mielke. „Oder wenn, wie in Hattingen geschehen, die Fallzahlen im Sozialbereich unerwartet stark steigen, dann müssen wir reagieren.“ Diese deshalb neu eingestellten Mitarbeiter werden einfach bei der Zahl der Planstellen nicht berücksichtigt und schon kann ein erfolgreicher Stellenabbau verkündet werden. Das mag politisch nachvollziehbar sein, ob es dem erklärten Ziel gerecht wird, ist fraglich. Auch wenn die neuen Stellen im Bereich der Feuer- und Rettungswache -durch Erstattungen des Kreises- (teilweise) gegenfinanziert werden können.

Kindergartenplätze werden teurer

Völlig verändert hat sich die Situation bei den Kindergartenplätzen. Nach Papierlage muss die Stadt mit 171 Kindern rechnen, die im kommenden Kindergartenjahr aufgenommen werden. Das war bereits vor der Vorstellung des Etatentwurfes heiß diskutiert worden. Denn die zuständige Beigeordnete Beate Schiffer geht davon aus, dass 51 Kinder in anderen Einrichtungen, also beispielsweise Betriebskindergärten oder universitären Einrichtungen, untergebracht sind. Zahlen die aus den Ratsfraktionen massiv bezweifelt werden. Und diese Zweifel sind der Auftakt zur Generalabrechnung mit der Beigeordneten. Fraktionsübergreifend wird ihr vorgeworfen, dass sie seit Jahren sehenden Auges in eine Unterversorgung steuert. Die FDP erinnert an Anfragen und Aufforderungen zur Planung von zusätzlichen Kindergartenplätzen, die viele Jahre zurückliegen. Die SPD wirft Schiffer chaotische Arbeitsweise vor und auch die übrigen Fraktion stoßen ins gleiche Horn. Einzig der Grünen-Fraktionsvorsitzende Frank Staaken nimmt Beigeordnete und Verwaltung etwas in Schutz. Doch es bleibt der unwidersprochene Vorwurf, dass die Kindergärten in Hattingen seit Jahren mit Überbelegungen zu kämpfen haben.

Hattingens Kämmerer Frank Mielke (Foto: Stadt Hattingen)

Hattingens Kämmerer Frank Mielke (Foto: Stadt Hattingen)

Aufgrund der stark gestiegenen Kinderzahlen, unter anderem durch die Flüchtlingsfamilien in der Stadt, muss jetzt zwingend eine weitere Kindertagesstätte errichtet werden. Bis dahin, längstens bis Juni 2017, sollen die Kinder provisorisch im Haus der Jugend untergebracht werden. Wie es danach weitergeht, ist noch nicht klar. Dazu erwarten die Politiker schnellstmögliche Vorschläge aus der Verwaltung. Unter anderem soll geprüft werden, ob sich ein Waldkindergarten realisieren lässt, den die CDU ins Spiel bringt. Oder die Kosten für eine innenstadtnahe Einrichtung in Modulbauweise sollen ermittelt werden, die der SPD vorschwebt. Außerdem, das deutet sich im Verlauf der Diskussion an, müssen die Planungen bezüglich der Schulstandorte überarbeitet werden, da die Kindergartenkinder irgendwann schließlich auch die Grundschule besuchen werden. Egal was am Ende umgesetzt wird, der Etatentwurf der Stadtverwaltung sieht vor, dass die Kindergartenbeiträge erneut um 1,5 Prozent erhöht werden. „Damit liegen wir dann immer noch nicht höher, als in den benachbarten Kommunen“, so Frank Mielke.

Dass der Haushaltsentwurf einen kleinen Überschuss voraussieht, darauf ist Bürgermeister Dirk Glaser in seiner Rede „ein wenig stolz“. Doch um das zu erreichen, hat die Verwaltung auch kleine Posten im Haushalt gestrichen. Das macht deutlich, wie dünn die finanzielle Luft in der Stadt inzwischen ist. 4000 Euro Druckkosten für das Kulturprogramm hier, 9000 Euro Sponsorenbeiträge da. Mühsam werden die Summen zusammengekratzt. Selbst die Erhöhung des Elternbeitrages bringt nur 20.000 Euro zusätzlich in die Stadtkasse. Angesichts der Gesamtverschuldung von fast 70 Millionen Euro ein Tropfen auf den heißen Stein. Doch angesichts des, vom Bürgermeister beschriebenen, geringen Etatanteils über den die Stadt noch frei verfügen kann, sind große Würfe Richtung Schuldenabbau wohl nicht mehr zu erwarten. Ganz im Gegenteil, die Bitte des Kämmerers, die Linie für Kassenkredite, das entspricht dem Dispo für Privathaushalte, von 150 Millionen Euro auf 170 Millionen Euro zu erhöhen, lässt wenig Spielraum für Optimismus.