Hattingen – Letzte Woche begann der „Hattinger Reformations-Kreuz-Weg 2017“. Unter dem Motto „Einfach frei & kinderleicht“ rückten in Welper die Kinder und damit die „freie Gnade“ der Reformation in den Mittelpunkt.
Am morgigen Dienstag wird nun das orange Kreuz von Künstler Holger Vockert, an der zweiten Station, in der Fußgängerzone in der oberen Heggerstraße aufgehängt. Das Motto lautet dann „einfach frei & leben lernen“! Dabei geht es um Bildung und Lernen und um die ur-evangelische Ausprägung davon: Konfirmation und Konfi-Arbeit!
Die Reformation und ihr „Back to the Roots“, also die Rückbesinnung auf die Bibel, hätte vor 500 Jahren nicht funktioniert, wenn nicht zeitgleich mit der Erfindung des Buchdrucks ein neues Medium die Welt verändert hätte! Nur: Um mit diesem Medium umgehen zu können, mussten die Menschen erst einmal lesen lernen! Es bedurfte also einer Bildungs‐Offensive. Die war allerdings nicht nur auf die Technik (also lesen lernen) begrenzt, sondern wichtig war den Reformatoren, dass getaufte Christen eine Art 1×1 des christlichen Glaubens lernen sollten. So wurde dann sehr bald die „kirchliche Unterweisung“ erfunden, zu deren Abschluss die Konfirmation, also die „Bestätigung“, bzw. „Bekräftigung der Taufe“ in einem Fest‐Gottesdienst gefeiert wurde. In diesem Gottesdienst war daneben auch die Segnung der Jugendlichen für ihr weiteres Leben als Erwachsene wichtig. Erst allmählich wurde das Fest damit zu einer familiär bedeutsamen Feier, bei der der Abschluss der Kindheit und der Übergang zum Erwachsensein begangen wurde.
Unabhängig von der Bedeutungserweiterung des Konfirmations‐Festes blieb es aber dabei, dass die Kinder im christlichen Glauben unterrichtet wurden. Die Reformatoren, namentlich auch Martin Luther, schrieben für diesen Unterricht sogar eine Art Lehrbuch, einen „Katechismus“. Dabei handelt es sich um eine systematische Zusammenfassung der „Basics“, der Kerninhalte des christlichen Glaubens. Die Art der pädagogischen Vermittlung dieser Inhalte war über die Jahrhunderte stark vom jeweiligen Zeitgeist bestimmt und geprägt. Sie hinkte bisweilen (aber nicht immer!) auch der Veränderung der pädagogischen Konzepte etwas hinterher.
Noch bis weit in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts war evangelischer Konfirmandenunterricht ziemlich „textlastig“. Denn es mussten über die üblichen 2 Jahre Dauer hin von Woche zu Woche reichlich Katechismus‐Passagen, Gesangbuch‐Liedtexte und Bibeltexte auswendig gelernt werden: Die Menge sollte es bringen (was sie leider zu oft nicht tat!).
Seit den 90ziger Jahren ging deutschlandweit ein Ruck durch die evangelischen Gemeinden. „Konfirmanden‐Unterricht“ wandelte sich hin zur „Konfirmanden‐Arbeit“. Es wurden nicht nur Methoden und Inhalte aus der Kinder‐ und Jugendarbeit übernommen, sondern als Akteure der Konfi‐Arbeit traten neben den Pfarrerinnen und Pfarrern Teams von ehrenamtlichen Jugendlichen auf. Daneben kamen die „Konfis“ zunehmend in mehrtägigen Konfi‐Camps zusammen, um über christlichen Glauben nicht allein zu reden, sondern christliche Gemeinschaft zu leben und zu erleben. „Einfach frei und leben lernen“ ist genau so gemeint: Mit Konfirmanden dem Glauben an Gott mitten in den alltäglichen Fragen des Lebens auf die Spur kommen und so gemeinsam lernen, was zum Kern des christlichen Glauben gehört und wie es gehen kann, den Herausforderungen der Zeit standzuhalten.
In St.Georg stand für die Konfirmanden 2017 z.B. die Auseinandersetzung mit dem „Kreuz“ im Mittelpunkt einer längeren Projektphase: Kleine Holz‐Kreuze wurden gebaut und gestaltet. In Kleingruppen drehten die Konfis Videos, machten Exkursionen oder Interviews, schrieben ein kleines Theaterstück und setzten sich mit dem Leiden in der Welt auseinander.
Frank Bottenberg