Hattingen- Eigentlich verbindet man mit dem 11.11. den Auftakt der Karnevalssession. Das ist auch in Hattingen so – doch während die einen den Abend feucht-fröhlich begießen, wird in der St. Georgs Kirche an diesem Tag um 18 Uhr zum ersten Mal eine ganz besondere Ausstellung eröffnet – „Hospiz macht Schule“. Wer denkt, ein trauriges Kontrastprogramm zu erleben, täuscht sich. Nachdenklich ja, tränenreich nein. Auf jeden Fall ein Tabuthema, dass die dunkle Schublade verlassen soll.
„Hospiz macht Schule“ wurde von der Hospizgruppe Düren entwickelt und von 2005 bis 2008 vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. 2008 wurde das Modellprojekt mit dem Pulsus-Preis in der Kategorie „Kampagne des Jahres“ ausgezeichnet. „Das Projekt wird von uns für Grundschulen angeboten,“, erklären Silvia Kaniut, hauptamtlich im Ambulanten Hospizdienst Witten-Hattingen als Leiterin der Regionalgruppe Hattingen tätig, und Beate Achtelik – ihre Vorgängerin, die immer noch aktiv im Hospizdienst dabei ist. „Fünf Tage gehen wir gemeinsam mit ehrenamtlichen Hospizlern in eine Klasse und führen die Schüler altersgerecht an das Thema heran. Am ersten Tag ging es um persönliche Wandlungserfahrungen, am zweiten Tag um Krankheit und Leid, am dritten Tag um Sterben und Tod, am vierten Tag um Traurig sein und am letzten Tag um Trost und Trösten.“
Nicht für jeden Erwachsenen ein Thema, mit dem Kinder in jungen Jahren konfrontiert werden sollten. „Wir glauben allerdings, dass es wichtig ist, mit Kindern altersgemäß und wahrheitsgetreu über Sterben und Tod zu sprechen. Erwachsene wollen Kinder oft beschützen und dazu gehört auch, mit ihnen nicht über traurige Themen sprechen zu wollen. Tritt der Tod in das Leben eines Kindes, beispielsweise durch den Tod der Großeltern, so wird den Kindern das Ereignis oft mit anderen Worten erklärt. Opa oder Oma sind verreist, sie schlafen im Grab, sie waren krank oder Gott hat sie zu sich geholt, weil er sie so liebte. Aber Kinder machen sich ihre eigenen Bilder zu diesen Worten: Wenn er verreist ist, warum hat er sich dann nicht von mir verabschiedet und wann kommt er wieder? Wenn er in seinem Grab schläft, wie bekommt er den schweren Deckel auf, wenn er wach wird? Wenn er starb, weil er krank war, können Mama und Papa dann auch sterben, wenn sie Schnupfen haben? Und wenn Gott ihn geholt hat, weil er so lieb war – holt mich Gott dann auch, wenn ich lieb bin? Solche Fragen stellen sich Kinder, wenn man mit ihnen nicht ehrlich spricht.“
Ehrlichkeit ist ein Schwerpunkt bei „Hospiz macht Schule“. Beim „Traurig sein“ hören die Kinder beispielsweise die Geschichte von Löwenzahn, der sein gelbes Blütenkleid verliert, ein weißes Tanzkleid bekommt, mit dem Wind spielt und ohne Wurzel vergehen muss, bevor neues Leben entstehen kann. Nach der Geschichte dürfen die Kinder selbst eine Pflanze eintopfen. Aus all diesen Erfahrungen entstand vor zwei Jahren die Idee, mit elf großen Tafeln eine Wanderausstellung zu konzipieren. Realisiert werden konnte das Projekt mit Hilfe einer zweckgebundenen Spende, konzipiert wurde die Ausstellung von Thomas Wienand und seinem Team – einer Dortmunder Agentur. Jetzt ist sie erstmalig vom 11. bis 23. November, Montag bis Samstag 10.30 bis 12.30 Uhr und 15 bis 17 Uhr, in der St. Georgs-Kirche zu sehen. Danach, so Beate Achtelik und Silvia Kaniut, soll die Ausstellung wandern – durch Schulen, Kirchen, Altenhilfeeinrichtungen, Einkaufszentren – wo auch immer.
Zur Premiere der Ausstellungseröffnung am Montag, 11. November, 18 Uhr, spricht auch Dr. Paul Timmermanns, Geschäftsführer der Bundes-Hospiz-Akademie. Gegründet 2006, hatte sie ihren Sitz viele Jahre in Wuppertal. Seit 2014 hat die Einrichtung in Ennepetal ein Zuhause gefunden. Am Dienstag, 12. November, 18 Uhr, gibt es in der Kirche einen Vortrag von Annette Wagner, Trauerzentrum für Kinder und Jugendliche zum Thema „Wo ist das Loch für die Seele?“ und am Montag, 18. November, 18 Uhr, einen Vortrag von Karin Klemt vom Ambulanten Hospizdienst Witten-Hattingen über das Leben mit der Trauer. Am Samstag, 23. November, 17 Uhr, findet in der Kirche zum Ausklang der Ausstellung das „Komponistenportrait“ mit Lore Goes statt.
Wer Interesse an der Ausstellung hat, kann sich beim Ambulanten Hospizdienst Witten-Hattingen melden entweder in Witten unter 02302/1752626 oder in Hattingen unter 02324/38093070, mobil: 0174/9797029, Koordination Silvia Kaniut und Beate Achtelik, Mail AH***********@gm*.de oder ah*@di***********.de