500 JAHRE REFORMATION IN HATTINGEN

461 verarbeitete Bibelseiten (Foto: RuhrkanalNEWS)

461 verarbeitete Bibelseiten (Foto: RuhrkanalNEWS)

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Hattingen- Eine Musik-Kunst-Installation wird am Freitag ganz offiziell in der evangelischen St. Georg Kirche vorgestellt. Die Hattinger Holger Vockert und Lutz Deterra würdigen damit das Luther-Jahr. Die Idee dazu hat Vockert, der im Mai vergangenen Jahres sein Konzept der Kirchengemeinde vorstellt. Ein Schwarm aus 461 gefalteten Papiervögeln hängt jetzt unter der Decke im Kirchenraum. „Jeder Vogel besteht aus einer Seite des neuen Testaments. Sie stammen aus der überarbeiteten Fassung der Luther-Bibel der Deutschen Bibelgesellschaft“, erklärt Vockert, der die 30×30 cm großen Blätter so faltete, dass sie wie eine Taube aussehen. 100 Stunden „reine Fleißarbeit“ investierte der Künstler in seine Origami-Tauben. Zwischen den Jahren knickt und falzt er, was das Zeug hält. Als es darum  geht die Tauben zu einem Schwarm zusammenzustellen und in der Kirche zu einer Installation zu verbinden, freut er sich über Helfer. „Wir waren zu acht und haben über viele Stunden gearbeitet“, sagt Vockert. „Alleine wäre ich tagelang beschäftigt gewesen, immer Leiter rauf, Leiter runter.“

„sola scriptura“ und „evolare“ verbinden sich zu einem Gesamtkunstwerk

Die Papierinstallation wird ergänzt durch eine Komposition des ebenfalls aus Hattingen stammenden Musikers Lutz Deterra. Die Idee dazu entsteht, als sich die beiden befreundeten Künstler über die Tauben-Installation unterhalten. Es seien zwei eigenständige, unabhängige Kunstwerke, darauf legen Deterra und Vockert wert. Jedes könne und solle auch für sich alleine wirken. „Dass am Freitag durch die Kombination etwas neues, anderes daraus entsteht, ist allerdings auch klar.“ Deterra hat am Anfang keine richtige Vorstellung darüber, wie er sich dem Thema „500 Jahre Reformation“ musikalisch nähern soll. Zu abstrakt erscheint ihm das Ereignis. Erst nachdem er sich mit der Geschichte beschäftigt -und auch die Anregung der konkreten Umsetzung durch Holger Vockert- entwickelt sich die Musik. „Mein Werk „ evolare “ (lat.: ausfliegen) beschreibt Luthers Reformation in zeitlichen Abschnitten. Neben den klassischen Instrumenten habe ich bewusst auch moderne synthetische Sounds verwendet“, erklärt Deterra.

Frank Bottenberg, Holger Vockert und Lutz Deterra (Foto: RuhrkanalNEWS)

Pfarrer Frank Bottenberg, Holger Vockert und Lutz Deterra (Foto: RuhrkanalNEWS)

Die beiden Künstler haben sich auf verschiedenen Wegen der Bedeutung einer Bibel in einfacher Volkssprache genähert. Denn vor der Übersetzung durch Martin Luther gab es die Heilige Schrift nur in lateinischer Sprache. Das verstanden nur Geistliche, der genaue Inhalt der Bibel war somit Herrschaftswissen. „Durch die deutsche Fassung wurde dieses Wissen auf einmal Allgemeingut“, so Vockert. „Der Glaube und die Kenntnis darüber schwärmte aus und erreichte die breite Masse.“ Genau das soll der Vogelschwarm symbolisieren, der für das Luther-Jahr in der St. Georg Kirche installiert wurde und der in Richtung Hauptportal, aus der Kirche fliegt. Die Installation heißt aus diesem Grund auch „sola scriptura“. Das bedeutet „nur die Schrift“ und soll darauf verweisen, dass für Luther nur das gilt, was in der Bibel steht. Heiligenverehrung, Ablasshandel und Fegefeuer sind deshalb für die Evangelische Kirche kein Thema. Der Punkt des „Ausschwärmens“ spiegelt sich, neben anderen Aspekten, auch in der Musik Deterras deutlich wider.

In der St. Georg Kirche entsteht ein Kunstwerk. Holger Vockert installiert mit Helfern sein „sola scriptura“. Ruhrkanal war vor Ort. Musikkomposition Lutz Deterra: „evolare“.

Am Freitag um 19 Uhr wird das Gesamtkunstwerk aus Musik und Papier offiziell vorgestellt, ganz bewusst ohne Gottesdienst. Es soll Gläubige und Kunstinteressierte, „oder die, die beides sind“(Vockert) gleichermaßen ansprechen. Der Besuch in Hattingens einziger Kirche, die die Reformation miterlebt hat, lohnt also noch mehr, als sonst.